Um zukünftigen
Anforderungen der Mieter gerecht zu werden und gleichzeitig die
Wirtschaftlichkeit der Immobilie in einem gesellschaftlichen, dynamischen Umfeld zu sichern, ist eine ganzheitliche und controllingspezifische Betrachtung des
Immobilienzyklus notwendig. Eine planerische Weitsicht ist hierbei erforderlich, um die
Chancen und Risiken einer Immobilieninvestition zu beurteilen. Doch welche "
Tools" stehen einem
Controlling hierbei zur Verfügung? Welche
Herausforderungen stellen sich einem ganzheitlichen Controlling? Und wie wird eine rationale
Entscheidungsfindung ermöglicht?
Eine controllingspezifische Betrachtung des Immobilienlebenszyklus ist essentiell, um den zukünftigen Anforderungen der Mieter gerecht zu werden und gleichzeitig die
Wirtschaftlichkeit der Immobilie in einem gesellschaftlich, dynamischen Umfeld zu sichern. [1] Durch die teils lange technische
Nutzungsdauer einer Immobilie zwischen 60-100 Jahren, die durch
Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen noch verlängert werden kann, ist im Rahmen des Immobilienlebenszyklus ein darauf abgestimmtes
Immobiliencontrolling unerlässlich, um die Potentiale einer Immobilie zu heben. Dies gilt insbesondere aufgrund der stark steigenden Miet- und Kaufpreise in Metropolregionen.
Die strategische Betrachtungsweise des Immobilienlebenszyklus ist in der Einkaufsphase, sowie der Bewirtschaftungs- und anschließenden Verkaufsphase der Immobilie notwendig. [2] Eine
Strategiefindung in der Ankaufsphase muss wohl durchdacht sein und zu einer rationalen
Investitionsentscheidung führen. Doch welche Nutzungsstrategie ist erfolgversprechender? Bestandshaltung, Entwicklung, Einzelverkauf oder eine Mischstrategie?
Abb. 1. Ganzheitliches Controlling in den Lebenszyklusphasen einer Immobilie
Um die Frage der
Nutzungsstrategie eindeutig zu lösen und die Chancen und Risiken zu identifizieren, ist eine vorausschauende und problemadäquate
Planung erforderlich. Für die Vorbereitung einer Investitionsentscheidung ist es von großem Vorteil, eine detaillierte
Finanzplanung in einem
Investitionsmodell abzubilden, in der eine genaue
Kosten-, Erlös- und
Cashflow-Berechnung der Immobilie mit den möglichen Nutzungsstrategien vorgenommen wird. In solch einem Modell für Bestandsimmobilien ist die Identifikation des Mietpotentials und den damit einhergehenden Erlösen eine der wesentlichen Aufgaben.
Um das
Mietpotential einer Bestandsimmobilie zu identifizieren, werden die Ist-Miete kalkulatorisch errechnet, sowie die Mietkosten aus Erfahrungswerten abgeleitet. Die Ist-Miete errechnet sich dabei aus der Sollmiete, die die geplanten Mieterhöhungen enthält, abzüglich des Leerstands, der aus Umbau oder Modernisierung resultiert.
Um die geplanten
Mieterhöhungen im Lebenszyklus einer Immobilie sicherzustellen, muss der ortsüblich geltende Mietspiegel und eine eventuell eingreifende
Mietpreisbremse berücksichtigt werden. Auch ist die Umlagefähigkeit von
Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen des §556e und §559 BGB bei einer langfristigen Planung zu beachten. Bei Nichtvorhandensein eines qualifizierten ortsüblichen
Mietspiegels in einer prosperierenden Metropolregion ist zur Identifikation des Mietpotentials eine Zusammenarbeit mit einem
Immobilienresearch erforderlich.
Abb. 2. Nutzungskosten einer Wohnimmobilie in mittlerer Lage mit einem Bruttokaufpreis von 3,3 Mio., Baujahr 1990, bei einer kalkulierten Haltedauer von 10 Jahren.
Die
Nutzungskosten, die im Lebenszyklus einer Immobilie entstehen, können um ein vielfaches höher sein, als die
Herstellungskosten der Immobilie selbst. [3] Deshalb sind Bewirtschaftungskosten, Kapitalkosten, Managementkosten, sowie Instandsetzungs- und Baukosten wesentliche Nutzungskosten, deren Prognose bei einem
strategischen Immobiliencontrolling besonders wichtig ist, um eine ertragreiche Nutzung zu gewährleisten. Gerade bei einer spezifischen Betrachtung der
Bestandsimmobilie im Rahmen des Immobilienlebenszyklus müssen Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten besonders berücksichtigt werden, da es bei einer langen Nutzungsphase zur natürlichen Abnutzung des Gebäudes kommt, gerade dann, wenn sich die Immobilie in einem fortgeschrittenen Stadium ihres Lebenszyklus befindet. Die Nutzungskosten können in einem Investitionsmodell nur dann genau prognostiziert werden, wenn die Informationen aus allen Funktionsbereichen einer Immobilie verzahnt werden.
Wenn der Einzelverkauf von Wohnungen gerechnet wird, spielt die Identifikation des Mietpotentials eine untergeordnete Rolle. Die Vermietung von Wohnungen kann hierbei ausschließlich zur Vermeidung von
Selbstkosten bei
Leerstand dienen. Dennoch ist die strategische Betrachtung des Immobilienlebenszyklus bei der Nutzungsstrategie des Einzelverkaufs ein wichtiger Aspekt zur differenzierten Betrachtung der aktuellen Zeitphase, in der sich die Immobilie befindet. Eine hohe Standzeit der Wohnimmobilie gibt Rückschlüsse über den zukünftigen Kostenverlauf, das Entwicklungspotential, die notwendigen
Modernisierungskosten, sowie die erzielbaren Umsatzerlöse aus dem Wohnungsverkauf. Sowohl bei dem
Einzelverkauf von Wohnungen, als auch der Bestandshaltung, fallen Vertriebskosten in Form von Abwicklungskosten, Marketingkosten, sowie
Maklerkosten an. Bei dem Einzelverkauf von Wohnungen sind weitere
Teilungskosten fällig, die ebenfalls in ein Investitionsmodell einfließen müssen. Das Controlling muss diese Aspekte erfassen und in einem entsprechenden Investitionsmodell vereinen, um dem Eigentümer oder Investor eine Entscheidungsgrundlage zu liefern.
Abb. 3. Verarbeitung des Objektinputs in Modellierungen und anschließender Output
Durch die ganzheitliche Betrachtungsweise eines Investments in einem Investitionsmodell und der rationalen Betrachtung von Chancen und Risiken, eignet sich das Investitionsmodell gut als Basis einer Finanzierungsanfrage, da neben der
Gewinn- und Verlustrechnung, sowie Cash Planung auch
Rentabilitätskennzahlen für Banken wichtig sind. Ein laufendes Bankenreporting lässt sich in ein solches Modell sehr gut integrieren. Kommt es zu einem
Asset Deal und der entsprechenden Finanzierung, beginnt die Phase der Bewirtschaftung.
Das Immobiliencontrolling befasst sich in dieser Phase in einem
Portfoliomodell vor allem mit dem laufenden Vergleich von Investitionsmodell und Ist-Zahlen. In dem Portfoliomodell werden weitere
Abweichungsanalysen und
Forecasts zur laufenden Optimierung der Immobilie durchgeführt. Das Portfoliomodell ist für den
Budgetprozess ebenfalls von hoher Relevanz, da in diesem die entsprechenden Informationsgrundlagen zur weiteren Planung bereits vorliegen.
Für einen Investor endet der Immobilienlebenszyklus mit dem anschließenden Verkauf und der Desinvestition. [4] Die für die
Desinvestitionsphase relevanten Informationen können bereits in der Bewirtschaftungsphase in einem Desinvestitionsmodell gebündelt werden, sodass vor der Verkaufsphase bereits eine Exit-Strategie feststeht. Gerade im Rahmen der prognostizierten Nutzungskosten ist eine Nettomargenberechnung für die
Exit-Strategie sinnvoll, da bei der Nettomargenberechnung die Nutzungskosten mit einbezogen werden. Auch die
Deckungsbeitragsrechnung ist eine sinnvolle Analyse, um qualifizierte Informationen für eine Exit-Strategie abzuleiten. Im Vergleich zu einem Investitionsmodell hat ein Desinvestitionsmodell eine wesentlich höhere Detailtiefe und umfasst idealer Weise Ist-Zahlen aus einem Buchhaltungssystem. Das Desinvestitionsmodell ist deshalb notwendig, weil aus diesem ganz konkrete
Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.
Ein erfolgreiches Immobilieninvestment verlangt ein strategisches, ganzheitliches Immobiliencontrolling im Rahmen des Immobilienlebenszyklus. Die Vielfältigkeit verschiedener Objekte, als auch die unterschiedliche Nutzungsstrategie von Immobilien fordert eine
planerische Weitsicht, um die Chancen und Risiken eines Immobilieninvestments zu erkennen. Eine ganzheitliche und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit mit den notwendigen Schnittstellen in einem Immobilienunternehmen stellen dabei eine der wesentlichsten Herausforderungen des Controllings dar. Für eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und qualitativ-hochwertige
Soll-Ist-Abgleiche im Rahmen einer Abweichungsanalyse,
Prognoserechnung oder eines Forecasts, besteht die Notwendigkeit eines voll integrierten Buchhaltungssystems. Werden die richtigen Werkzeuge genutzt und der Lebenszyklus der Immobilie durch die richtigen "Tools" begleitet, können auch schwierige Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden.
Quellen:
[1] Vgl. hierzu Gondring (2013: 595)
[2] Vgl. hierzu Bogenstätter (2005: 350)
[3] Vgl. Bogenstätter (2005: 340)
[4] Vgl. Rottke und Wernecke (2005: 203)
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letzte Änderung M..K.
am 13.04.2023
Autor:
Max Klemke
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Herr Max Klemke
Value Add Partners beraten Immobiliengesellschaften aus wirtschaftlicher Sicht – unabhängig und fokussiert auf Wertsteigerungspotentiale. Besonders bei Controllingthemen für Immobilienunternehmen und –fonds steht VAP seinen Kunden mit langjähriger Erfahrung zu den Themen Immobilien und Controlling beratend zur Seite.
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