Forecasting (etwa Vorhersage oder
Prognose), ist ein
Instrument, das vor allem die
operative Unternehmensplanung und -steuerung sinnvoll ergänzen und vervollständigen kann. Üblicherweise werden im Rahmen der
operativen Unternehmensplanung monatlich
Budgets für Umsätze,
Kosten,
Gewinne und
Liquidität geplant.
Die
Planwerte oder
Budgets werden dann im Rahmen eines
Plan-Ist-Vergleichs mit der tatsächlichen Entwicklung verglichen. Da sich die Unternehmensumwelt aber ständig ändert, sind die ursprünglichen Planungen oft schnell veraltet.
Mit Forecasting versucht man, diesem Umstand Rechnung zu tragen und aktualisiert die Planwerte unterjährig, um neue Entwicklungen einzubinden, deren Folgen besser abschätzen und bei Bedarf Steuerungsmaßnahmen noch gezielter ergreifen zu können.
1. Warum ist Forecasting sinnvoll?
Mit der operativen Unternehmensplanung werden die monatlichen Umsätze, Kosten, Gewinne und die Liquidität eines Unternehmens für einen Zeitraum von meist einem Jahr geplant. Dabei kann natürlich nur auf dem Wissen und den Erkenntnissen aufgebaut werden, die zum Zeitpunkt der Erstellung der Planung vorliegen.
Doch die Bedingungen inner- und außerhalb der Unternehmen ändern sich in vielen Fällen in sehr kurzen Abständen und die ursprüngliche Planung veraltet damit schnell. Ein "stures" Festhalten an den ursprünglichen Planwerten kann zur Folge haben, dass man im Unternehmen
falsche Entscheidungen trifft oder es zu erheblichen
Liquiditätsproblemen kommt.
Beispiel: Ein Unternehmen verfehlt die Umsatzziele für die ersten Monate des Jahres um mehr als 30 %. Das hat zur Folge, dass die Gewinnziele nicht erreicht werden können, und man zur Sicherung der Liquidität auf Reserven zurückgreifen muss. Würde man in einer solchen Situation an der Ursprungsplanung festhalten, ist das Risiko groß, dass es zu weiteren Problemen bis hin zu erheblichen Verlusten kommen kann. Wird zum Ende des ersten Quartals ein Forecast erstellt, der die aktuelle Situation berücksichtigt, kann nicht nur ein realistischeres Ergebnis geplant werden. Es lassen sich auch gezielte Steuerungsmaßnahmen einleiten, etwa eine Veränderung des Sortiments oder die Wahl zusätzlicher Vertriebskanäle.
Anzeige
Bleiben Sie auf dem Laufenden! Mit unseren Social-Media-Kanälen auf LinkedIn, Facebook und Instagram werden Sie über neue Beiträge, Excel-Tools und aktuelle Stellenangebote informiert. Folgen Sie uns! LinkedIn >> Facebook >> Instagram >>
Ein weiteres
Problem der klassischen Planung ist, dass sie oft am
Jahresende aufhört, und die Zahlen für das kommende Jahr erst in der nächsten Planungsrunde erstellt werden. Diese Daten liegen aber regelmäßig erst am Ende eines Geschäftsjahres vollständig vor. Damit ist zumindest unterjährig nicht klar, wie es mit Umsätzen und Gewinnen im Folgejahr voraussichtlich weitergehen wird (Black-Box-Phänomen).
Abb. 1 Schematische Darstellung klassische Planung und Forecast ohne Folgejahr
Rollierender Forecast hilft, Problemen vorzubeugen
Auch hier kann ein Forecast helfen, möglichen Problemen vorzubeugen bzw. sich anbahnende Probleme frühzeitig zu erkennen. In der Praxis gibt es inzwischen viele so genannte
rollierende Ansätze. Rollierend heißt, dass eine Planung bzw. der Forecast, nicht am 31.12 eines Jahres endet, sondern stets um drei Monate fortgeschrieben wird. Damit hat man im Unternehmen immer einen Zeitraum von konstant 12 Monaten vor Augen und kann besser erkennen, wie sich die Zahlen entwickeln.
Erfolgt der erste Forecast etwa zum Ende des ersten Quartals, werden nicht nur die Zahlen und Ergebnisse bis zum Jahresende betrachtet und ggf. überarbeitet, sondern bis zum Ende des darauffolgenden Quartals.
Beim zweiten Forecast im Juni wird die Betrachtung dann bis zum Ende des zweiten Quartals des Folgejahres ausgebaut usw. Damit haben Unternehmen und
Controlling stets einen Zeitraum von 12 Monaten im Blick, und es gibt keine
Black-Box im kommenden Jahr. Der letzte Forecast eines Jahres stellt dann gleichzeitig die Basis für die Planung im nächsten Jahr dar.
Abb. 2 Schematische Darstellung rollierende Planung und Forecast
Mit dem Forecast als Ergänzung der klassischen Planung sollen Unternehmen bessere und schnellere Hinweise zur grundlegenden Erreichbarkeit geplanter Ziele bzw. zum notwendigen Steuerungs- und Handlungsbedarf erhalten.
2. Mögliche Vorgehensweise beim Erstellen von Forecasts
Im Prinzip erfolgt die Erstellung von Forecasts auf Basis der klassischen Planungsdaten, also z.B. Umsätze (Mengen und Preise je Produkt), Kostenarten, zahlungswirksame Positionen wie z.B. Investitionen, Tilgungs- oder Steuerzahlungen. Auch bestehende
Planungsinstrumente und
IT-Programme werden weiter wie bisher genutzt. Würde man allerdings je Quartal eine vollständig neue Planung erstellen, wäre der Arbeitsaufwand fast immer deutlich zu hoch.
In der Praxis beschränkt man sich daher meist auf die Planung
zentraler Daten, Zahlen und Sachverhalte: Man kann sich z.B. auf die größten etwa 5-10 Positionen bei Umsätzen (z.B. die umsatzstärksten Produkte, Projekte, Kunden), bei den Kosten für Material, Personal, Energien und Werbung, bei Liquidität, Investitionen, Steuerzahlungen usw. konzentrieren.
In diesem Zusammenhang spricht man auch von
Werttreibern. Vereinfacht ausgedrückt sind
Werttreiber Faktoren, bei denen Veränderungen große Auswirkungen auf Ergebnis und Liquidität haben, eben z.B. umsatzstarke Produkte oder Kunden. Wertreiber können aber auch Regionen, Märkte, Innovationen oder Marken sein.
Mit dem
Werttreiber-Ansatz kann, anders als im klassischen Planungsprozess, darauf verzichtet werden, alle Mitarbeiter einzubinden. Es genügt, wenn man ausgewählte Beschäftigte, etwa aus Vertrieb und Einkauf, hinzuzieht.
Bei allen weniger großen Positionen genügt es in den meisten Fällen, wenn man die weitere Entwicklung schätzt. Auf diese Weise erhält man mit relativ geringem Aufwand einen
realistischen Forecast und kann auf Basis dieser Zahlen weiter gehende Entscheidungen treffen, etwa sich stärker um die Generierung neuer Umsätze kümmern. Verändern sich zentrale Sachverhalte erneut, werden diese in die nächste Überarbeitung eingebunden.
Forecasting kann auch unter Zuhilfenahme von
Trends oder
Statistiken umgesetzt werden. Dabei wird auf bereits vorhandene (Ist-)Daten und Zahlen zurückgegriffen und auf dieser Basis werden dann Vorschlagswerte für die folgenden Forecasting-Perioden ermittelt. Bei der Arbeit mit Trends wird häufig auch mit gemittelten Daten, z.B. der letzten 3 Jahre, gearbeitet, um Zufallsschwankungen und Einmaleffekte weit gehend ausschließen zu können.
Nötige Rahmenbedingungen für das Funktionieren von Forecasts festlegen
Damit Forecasting im Betrieb einfach umgesetzt werden kann, sollten verschiedene
Rahmenbedingungen gegeben oder geschaffen werden, etwa Festlegung
- wie Forecasts grundsätzlich in die Unternehmensplanung eingebunden werden sollen
- der Durchführungshäufigkeit von Forecasts, z.B. pro Quartal, Monat
- der zu planenden Parameter, z.B. Umsätze, Kosten, bzw. Bestimmung der Werttreiber
- ob mit Trends und Statistiken gearbeitet werden soll und ob eine Kombination mit Werttreibern erfolgen soll
- des Detailierungsgrads, z.B. welche Positionen genau, z.B. mit Preis-Mengen-Gerüsten, und welche pauschal mit prozentualen Zuschlägen geplant werden sollen
- der zu betrachtenden Perioden, z.B. nur laufendes Geschäftsjahr, rollierend
- der zu nutzenden IT-Systemen, z.B. reguläre Planungssoftware oder Zusatztools
- der betroffenen Personen, z.B. Mitarbeiter einzelner Bereiche
- der Termine für die Abgabe der Zahlen bzw. die Durchführung der Forecasts
- der Art und des Umfangs der Dokumentation
- ob und in welchem Umfang zusätzliche Mittel für die Durchführung neuer Maßnahmen akzeptiert werden, z.B. Budgets für zusätzliche Werbemaßnahmen
- weiterer Aspekte, etwa wie sich die Personalverfügbarkeit sicherstellen lässt
Zusätzlicher Nutzen durch die Erstellung regelmäßiger Forecasts
Die Arbeit mit bzw. die Erstellung von Forecasts hat einen weiteren wichtigen
Vorteil für ein Unternehmen: Dadurch, dass man sich regelmäßig mit der Zusammenstellung der Zahlen befasst, muss man sich zwangsläufig immer wieder intensiver als sonst mit den wesentlichen Abläufen im Betrieb, mit den Mitarbeitern, Kunden und Veränderungen im Umfeld befassen.
Dadurch steigt das Wissen um Zusammenhänge, die
Transparenz wird verbessert, man kann die Mitarbeiter besser auf Veränderungen einstellen und man ist schneller als früher in der Lage, kompetent und richtig auf sich abzeichnende Veränderungen zu reagieren.
3. Fazit und Ausblick
Forecasts gehören heute zu den häufig eingesetzten
operativen Instrumenten von Unternehmen und
Controlling. Sie ergänzen und vervollständigen die klassische Planung und helfen, mögliche Probleme und
Abweichungen von den gewünschten bzw. geplanten Werten frühzeitig zu erkennen. Damit ist es möglich,
Steuerungsmaßnahmen schneller und präziser einzuleiten.
Durch die Fokussierung auf wesentliche Sachverhalte (Werttreiber) oder die Fortschreibung von Trends lassen sich Forecasts unter Einsatz professioneller IT-Programme meist mit relativ geringem Aufwand erstellen, sodass der Nutzen in der Regel überwiegt.
letzte Änderung J.E.
am 11.09.2023
Autor:
Jörgen Erichsen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / gustavofrazao
|
Autor:in
|
Herr Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen ist selbstständiger Unternehmensberater. Davor hat er in leitenden Funktionen in Konzernen gearbeitet, u.a. bei Johnson & Johnson und Deutscher Telekom. Er ist Autor von Fachbüchern und -artikeln rund um Rechnungswesen und Controlling. Außerdem ist er als Referent zu diesen Themen für verschiedene Träger tätig. Beim Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) leitet Jörgen Erichsen den Arbeitskreis Controlling.
|
Homepage |
weitere Fachbeiträge des Autors
| Forenbeiträge
|