Selbstkostenkalkulation - Zuschlagskalkulation

Alexander Wildt, Günther Wittwer
Die Selbstkostenkalkulation, auch Zuschlagskalkulation genannt, ist ein Verfahren der Vollkostenrechnung. In der Vollkostenrechnung wird versucht, alle anfallenden Kosten möglichst verursachungsgerecht, mithilfe von Kostenstellen und entsprechenden Verteilungssschlüsseln auf die Kostenträger eines Unternehmens zu verteilen. Die Selbstkostenkalkulation nutzt dabei die im Rahmen der Kostenträgerrechnung gewonnenen Daten, um die eigenen Kosten (Selbstkosten) für ein bestimmtes Produkt zu ermitteln. Die Ermittlung der Selbstkosten ist dabei eine Vorstufe zur Kalkulation des Listenpreises eines Produktes.

Ermittlung der Selbstkosten

Zunächst werden zur Ermittlung der Selbstkosten alle Einzelkosten den einzelnen Kostenträgern zugeordnet. Diese werden im Allgemeinen nach Material- und Fertigungseinzelkosten unterschieden. Bei den Einzelkosten handelt es sich um Kosten, die direkt dem Kostenträger zugerechnet werden können.

Kosten, die nicht direkt zugeordnet werden können, werden Gemeinkosten genannt. Diese werden bei der Selbstkostenkalkulation häufig in folgende vier Gruppen unterteilt: 
  • Materialgemeinkosten
  • Fertigungsgemeinkosten
  • Verwaltungsgemeinkosten
  • Vertriebsgemeinkosten

Im Rahmen der Selbstkostenkalkulation werden diese über einen im Betriebsabrechnungsbogen ermittelten Zuschlagssatz dem Produkt zugerechnet. Im ersten Schritt der Selbstkostenkalkulation werden die Material- und Fertigungskosten berechnet. Um die Materialkosten zu berechnen, werden alle Einzelkosten des Materials erfasst. 

Die Gemeinkosten werden im Anschluss mithilfe des Zuschlagsatzes und der Summe der Materialeinzelkosten gebildet. Zu den Materialeinzelkosten gehören zum Beispiel Lacke, Schrauben usw. Bei Materialgemeinkosten könnte es sich zum Beispiel um Transportkosten, Heizungskosten usw. handeln. Mit den Fertigungskosten wird analog verfahren.


Die Material- und Fertigungskosten bilden die Herstellkosten des Kostenträgers. Auf Basis der Herstellkosten werden mithilfe der Zuschlagssätze für Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten die Selbstkosten ermittelt.

Beispiel für eine Zuschlagskalkulation

Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Vorkalkulation für die Ermittlung des Angebotspreises (Listenverkaufspreis):

Fertigungsmaterial ..........€
+ Materialgemeinkosten ..........€
= Materialkosten ..........€
+ Fertigungslöhne ..........€
+ Fertigungsgemeinkosten ..........€
+ Sondereinzelkosten der Fertigung ..........€
= Fertigungskosten ..........€
Herstellkosten der Produktion ..........€
+ Verwaltungsgemeinkosten ..........€
+ Vertriebsgemeinkosten ..........€
+ Sondereinzelkosten des Vertriebs ..........€
= Selbstkosten ..........€
+ Gewinn ..........€
= Barverkaufspreis ..........€
+ Vertreterprovision ..........€
+ Kundenskonto ..........€
= Zielverkaufspreis ..........€
+ Kundenrabatt ..........€
= Listenverkaufspreis (netto) ..........€

Hinweis:
In der obigen differenzierten Zuschlagskalkulation sind die Bestandsveränderungen an unfertigen Erzeugnissen und Fertigerzeugnissen nicht enthalten. Falls sich Bestandsveränderungen in der Aufgabe ergeben, so ist nach den Herstellkosten der Produktion folgendes einzufügen:

Herstellkosten der Produktion
+ Bestandsminderungen Unfertige / Fertige Erzeugnisse
- Bestandsmehrungen Unfertige/Fertige Erzeugnisse
= Herstellkosten des Umsatzes

In diesem Fall ist die Basis (100 %) für die Berechnung der Verwaltungs-und Vertriebsgemeinkosten die Herstellkosten des Umsatzes.

Rechenweg:

Bei der Vorkalkulation wird vom Fertigungsmaterial bis zum Barverkaufspreis mit der Prozentrechnung vom Hundert gerechnet. Vom Barverkaufspreis bis zum Listenverkaufspreis / Angebotspreis im Hundert.

Nachkalkulation, eine typische Differenzkalkulation

Bei Ausarbeitung einer Nachkalkulation wird der tatsächliche Gewinn, der durch den Verkauf eines Erzeugnisses erreicht worden ist, dargestellt. Mit der Anwendung einer Differenzkalkulation kann jede Größe einer Kalkulation berechnet werden, wenn die anderen Größen bekannt sind.

Rechenweg:

Bei der Differenzkalkulation wird vom Fertigungsmaterial bis zu den Selbstkosten mit der Prozentrechnung vom Hundert gerechnet. Vom Listenverkaufspreis bis zum Barverkaufspreis hingegen gegenüber der Vorkalkulation vom Hundert rückwärts gerechnet.

Wissenstelegramm
In einer Nachkalkulation können real angefallene Ist-Kosten den Kostenvorgaben gegenübergestellt werden.

Beispiel:
Vorkalkulation
Nachkalkulation        
   Selbstkosten 450,00 €
435,00 €
+ Gewinn 54,00 € 69 €
   Barverkaufspreis 504,00 € 505,00 €
+ 3 % Vertreterprovision 15,92 € 15,92 €
+ 2 % Kundenskonto 10,61 € 10,61 €
= Zielverkaufspreis 530,53 € 530,53 €
+ 10 % Kundenrabatt 58,95 € 58,95 €
= Listenverkaufspreis /
   Angebotspreis
589,48 € 589,48 €

Die Zahlen sind angenommen

Die Nachkalkulation ergibt einen Gewinnausweis von 69 € und ist gegenüber der Vorkalkulation um 3,86 Prozentpunkte gestiegen. (54:450x100=12 % // 69:435 x 100 = 15,86 %). In den Selbstkosten bei der Nachkalkulation sind die tatsächlichen Kosten (Istkosten) erfasst worden. Eine Abweichung unterliegt der Nachkontrolle zwischen den Normal-und Istkosten.

Rückwärtskalkulation

Bei einer Rückwärtskalkulation wird das Fertigungsmaterial (Einzelkosten) und Fertigungslöhne (Einzelkosten) beim angebotenen Listenverkaufspreis festgestellt.

Rechenweg:

Bis zum Barverkaufspreis wird rückwärts vom Hundert gerechnet. Von da aus bis zu den Herstellkosten auf Hundert. Ebenfalls von der Fertigungskosten bis zu den Fertigungslöhne und Materialkosten bis zum Fertigungsmaterial.

Wissenstelegramm
Im Rahmen der Kostenträgerrechnung wird die differenzierte Zuschlagskalkulation als Kalkulationsverfahren zur Ermittlung der Selbstkosten einer Leistungseinheit eingesetzt.

Hierbei wird den Einzelkosten mit Hilfe von Zuschlagssätzen, die durch die Betriebsabrechnungsbogen ermittelt worden sind, jeweils ein Gemeinkostenzuschlag hinzuaddiert um die Selbstkosten zu erhalten.

Beispiel:

Fertigungsmaterial (Einzelkosten) 100.000 €
+ 10 % Materialgemeinkosten 10.000 €
= Materialkosten 110.000 €

Der Materialgemeinkostenzuschlagssatz wurde im Betriebsabrechnungsbogen
ermittelt.    



Aufgaben und Lösungen

1. Aufgabe

Welche Aufgabe erfüllt eine Nachkalkulation?

2. Aufgabe

Benennen Sie die Zuschlagsgrundlage für den Gewinn?

3. Aufgabe

Ermitteln Sie die Selbstkosten bei einem Barverkaufspreis von 160 € und einem Gewinnzuschlag von 15 %.

4. Aufgabe

Wie hoch ist der Barverkaufspreis in %, wenn bei einer Vorkalkulation 2 % Kundenskonto und 3 € Vertriebsprovision berechnet wird.

5. Aufgabe

Was sollte der ausgewiesene Gewinn in einer Zuschlagskalkulation als Angebotskalkulation mindestens abdecken?



Lösungen

1. Aufgabe

In einer Nachkalkulation wird im Vergleich mit den Normalkosten der Vorkalkulation der tatsächliche Erfolg eines Kostenträgers nachgewiesen.
    
2. Aufgabe

Die Zuschlagsgrundlage für den Gewinn sind die Selbstkosten.

3. Aufgabe

160 ×
100 = 139,13 €
115

4. Aufgabe

Barverkaufspreis
+ 2 % Kundenskonto
+ 3 % Vertriebsprovision
95,00 €
2,00 €
3,00 €
= Zielverkaufspreis 100,00 €

PS: Wenn kein Preis vorgegeben wird, ist 100 % = 100 € die Ausgangsbasis!

5. Aufgabe

Die Abdeckung des allgemeinen Unternehmerrisikos und Finanzmittel für zukünftige Investitionen.




letzte Änderung Alexander Wildt, Günther Wittwer am 13.04.2023
Bild:  Bildagentur PantherMedia / Cho Pan

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18.06.2016 14:06:56 - Gast

eine frage an euch komme nicht weiter

Eine Nachkalkulation verwendet

a)genaue einzelkosten und genaue gemeinkosten
b)genaue einzelkosten und durchschnittliche gemeinkosten
c)durchschnittliche einzelkosten und genaue gemeinkosten
d)durchschnittliche einzelkosten und durchschnittliche gemeinkosten

danke im vorraus
[ Zitieren | Name ]

26.04.2017 11:36:42 - Gast

Hallo,

nach kängeren Recherchen, erschließt sich uns noch nicht, wie und in welcher Position Frachkosten inden Verkaufs/Listenpreis addiert werden?
Vor oder nach dem Skonto?
Vor oder nach der Margen Addition?
EK (Herstellungskosten) + Marge + Fracht +Skonto?
Oder wie erachten Sie die korrekte Reienfolge?

In freudiger Spannung auf Ihre Antwort
F.Rohmig
[ Zitieren | Name ]

27.04.2017 14:06:00 - wvr

Hallo,

entweder in die Vertriebskosten einrechnen oder spätestens nach den Selbstkosten. Auf jeden Fall vor dem Gewinn.

Beste Grüße
wvr
[ Zitieren | Name ]

29.09.2017 14:46:35 - Gast

Bei dem Beispiel in dem Wissenstelegram oben...Barverkaufspreis 504 Euro..3% vom Hundert sind bei mir 15,59 Euro. Der BVP entspricht doch dann 97%, also rechnet man doch 504/0,97*0,03=15,59 Euro. Oder bin ich da auf dem Holzweg...

Bin gerade auf der Meisterschule und da rechnen wir in BWL auch solche Kalkulationen. Bin jetzt irgendwie verwirrt weil ich mir eigentlich sicher bin das es so stimmt. Skonto und Rabatt immer vom Hundert. Ihr schreibt das ja selbst aber ich komme nicht auf 15,92 Euro...oder blick ich da was nicht??
[ Zitieren | Name ]

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