Gerade in kleinen Betrieben stehen
Controller oder Bilanzbuchhalter, die
Controlling-Funktionen übernehmen sollen, häufig vor der Frage, mit welcher
Software sie ihre Aufgaben am besten erfüllen können. Der
Markt bietet eine schier unüberschaubare Fülle von Programmen. Hinzu kommt, dass häufig nicht genau bekannt ist, was eine
Software überhaupt leisten soll, damit Aufgaben gut erfüllt werden können. Und mit der
Entscheidung für ein Programm bindet man sich in den meisten Fällen lange Zeit an einen Anbieter. Das kann bei Fehlern teuer werden.
Der Beitrag zeigt, wie Unternehmen eine
systematische und
strukturierte Auswahl eines Programms mit meist geringem Aufwand sicherstellen und das
Risiko von Fehlentscheidungen reduzieren können. Zum Artikel gehören zwei Arbeitshilfen, mit denen sich die Umsetzung beschleunigen lässt.
1. Ziele und Rahmenbedingungen klären
Wie bei jedem Projekt sollte auch bei der Auswahl einer Controlling-Software zu Beginn geklärt werden, für welche Zwecke man das Programm benötigt und welchen
Leistungsumfang es mindestens haben muss. Soll das Programm lediglich Grundfunktionen wie
Planung,
Abweichungsanalysen oder
Kennzahlenerstellung auf stationären Arbeitsplätzen umfassen?
Oder benötigt man eine Software, die
weitere Leistungsmerkmale besitzt, zum Beispiel zur Unternehmensbewertung oder
strategischen Planung, die offene Schnittstellen zu anderen Anwendungen haben soll? Und wie kann die Software in die bestehenden Lösungen des Betriebes eingebunden werden (U.a.: Welche Schnittstellen sind notwendig)? Eine Rolle bei der Auswahl kann auch die
Branchenzugehörigkeit spielen, wenn es für den ausstellenden Betrieb wichtig ist, eine spezialisierte Lösung zu nutzen.
Wichtig ist zudem, wie viele Mitarbeiter die Software nutzen und ob die
Daten lokal oder in der
Cloud liegen sollen. Auch Fragen zur Skalierung oder Mandantenfähigkeit sollten gestellt und beantwortet werden. Außerdem stellt sich die Frage, welche Anforderungen ein Anbieter erfüllen muss. Günstige Indikatoren sind zum Beispiel eine lange Präsenz am Markt, eine hohe Kundenzahl und Referenzkunden, die man kontaktieren kann.
Hinweis: Die Arbeitshilfen sollen vor allem der grundlegenden Orientierung dienen. Die aufgeführten Punkte erheben daher keinen Anspruch auf absolute Vollständigkeit oder Richtigkeit. Die Praxis zeigt, dass je nach Zielen und Voraussetzungen im Betrieb Aspekte hinzukommen oder entfallen können.
Die
Checkliste in Tabelle 1 kann dabei unterstützen, sich Klarheit über die eigenen Anforderungen an eine geeignete Controlling- Software zu verschaffen. Zu jedem Prüfpunkt sollten Präzisierungen und konkrete Beschreibungen aufgenommen werden.
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Können einzelne Aspekte nicht sofort geklärt werden, sollte festgehalten werden, wer bis wann eine Lösung liefern soll.
Checkliste Controlling-Software - Ziele und Rahmenbedingungen
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Prüfpunkt
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Präzisierung / Beschreibung Prüfpunkte
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Termin
bis ...
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Verantwortlich
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Bemerkungen / Ergänzungen
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Gewünschter Leistungsumfang (lediglich Standard oder Spezialisierungen (Welche?))
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Modulumfang Standard, was ist ggf. zusätzlich erforderlich?
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Lokales System oder Cloud-Lösung (im Internet oder beim Anbieter)
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Einzel- oder Mehrplatzlösung bis __ Mitarbeiter
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Branchenneutralität oder Spezialanwendung
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Modularität, welche Komponenten können zu welchen Kosten zugebucht werden?
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Kompatibilität / Schnittstellen zu anderen (eigenen) Programmen / Fibu, extern
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Nutzungswünsche, z.B. Kauf, Miete, Leasing
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Preise (je Platz, insgesamt, Erweiterungen, Pakete, Rabatte usw.)
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Folgekosten (z.B. Anpassungen, Software, Speicherplatz (Cloud), Hardware, Reparaturen)
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Mehrsprachensystem / Mehrwährungssystem
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Mandantenfähigkeit
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Zugriff- / Benuterregelung (welches Konzept, Bedien-/ Handhabbarkeit)
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Anbietererfahrungen (Anzahl Kunden, Referenzen, Anzahl Jahre am Makrt)
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Tabelle 1: Checkliste Controlling-Software – Ziele und Rahmenbedingungen. Quelle: Jörgen Erichsen
2. Anforderungen beschreiben, Controlling-Software vergleichen
Sobald alle grundlegenden Fragen geklärt sind, ist es erforderlich, genau zu beschreiben, welche
Anforderungen die Controlling-Software beim täglichen Arbeiten erfüllen muss. In der Praxis hat es sich als hilfreich erwiesen, eine
standardisierte Auswahlhilfe zu erstellen, um mehrere Anbieter und deren Programme weit gehend objektiv miteinander vergleichen zu können. Für den Vergleich kann z.B. die Arbeitshilfe aus Tabelle 2 genutzt werden.
Vergleich Leistungsmerkmale Controlling-Software
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1
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2
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3
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I. Anbieterinformationen
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Programmname
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Anbieter und Kontaktdaten
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Anzahl verkaufter Installationen
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Anzahl Vertretungen / Büros
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Anbieter seit _____ am Markt
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Persönlicher Ansprechpartner
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Hotline
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Preismodell z.B. Kauf, Leasing, Lizenzen
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II. Produktumfang/- funktionen
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KMU geeignet (z.B. bis 5-20 Mitarbeiter)
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Benötigte Arbeitsplätze aktuell
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Mehrplatzfähigkeit
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Mandantenfähigkeit
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Mehrwährungsfähigkeit
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Benutzerrechte
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Branchenneutralität
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Branchenangebot/ Spezialisierung
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Lokale Installation/ Datenhosting möglich
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Anbieter-Cloud möglich
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Internet-Cloud möglich
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Mehrjährige Planung
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Ein-/ Unterjährige Planung
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Teilplatz Absatz
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Teilplan Personal
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Teilplan Material
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Teilplan Kapazität
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Teilplan Investitionen
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Teilplan Rückstellungen
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Teilplan Darlehen
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Teilplan Verträge
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andere Teilpläne, welche?
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Liquiditätsplanung
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Plan-Bilanz
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Plan-Gewinn- und Verlustrechnung
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Plan-Cashflow/ Kapitalflussrechnung
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Plan-Kennzahlen (welche)
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Plan-Kennzahlensysteme (welche)
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Ist-Kennzahlen (welche)
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Ist-Kennzahlensysteme (welche)
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Kostenrechnung / Vollkosten
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Kostenrechnung / Teilkosten
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Kostenstellenplanung
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Kostenträgerplanung
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Kalkulation (welche Arten, z.B. Zuschlag, Stunden)
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Prognoserechnung/ Forecast
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Vorjahresvergleiche
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Abweichungsanalyse (welche)
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Simulation (Szenarien, was wäre wenn)
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Prozesskostenrechnung
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Vordefinierte Berichte (welche)
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Individuelle Berichte
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SWOT-Analyse
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Lebenszyklus-Analyse
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Portfolio-Analyse
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Break-Even-Analyse
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ABC-Analyse
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Balanced-Scoreboard
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Benchmarking
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Schnittstellen andere Programme (welche)
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Preise (Gesamtpaket, Module)
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Weitere Kosten (Wartung, Support)
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Stand/ Datum
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Tabelle 2: Vergleich der Leistungsmerkmale von Controlling-Software. Quelle: Jörgen Erichsen
In der
ersten Spalte finden sich neben möglichen Anbieterdaten bereits vorformulierte Merkmale, mit denen man bis zu zehn Programme vergleichen kann. Wer mehr Vergleiche wünscht, muss zusätzliche Spalten in die Mappe einfügen. Die Praxis zeigt allerdings, dass es meist genügt, sich intensiv mit etwa 5 Programmen zu befassen. Andernfalls steigt der Aufwand für Analyse und Vergleiche überproportional.
Auch für diese Arbeitsmappe gilt: Es ist möglich, weitere Punkte aufzunehmen bzw. für das Unternehmen weniger wichtige Sachverhalte aus der Liste zu streichen. Die Auswahl der Punkte orientiert sich an den Kriterien, die im Controlling-Portal bei der Anbieterdarstellung vorgegeben ist. So lassen sich in der Regel unterschiedliche Anbieter schnell und vor allem mit einem gemeinsamen Raster standardisiert vergleichen, ohne dass man sich selbst Gedanken über eine vorzugebende Strukturierung machen muss.
Informationen zu möglichen Anbietern von
Controlling-Software sind unter anderem unter
https://www.controllingportal.de/Marktplatz/Software/ zu finden. Die Seite bietet neben Informationen zu den Firmen, eine Auflistung der Leistungsmerkmale der Software sowie
Grundsatzangaben und Orientierungsgrößen zu den Preisen. Für die ausgewählten Anbieter können die Daten und Angaben in die Arbeitshilfe der Abbildung 2 übertragen und so direkt verglichen werden. Aufgrund der heterogenen Marktstruktur finden sich auf der angeführten Seite natürlich nicht alle möglichen Anbieter von Controlling-Software.
Gegebenfalls sind
weiterführende eigene
Recherchen erforderlich, wenn man beim Controlling-Portal keine geeigneten Firmen findet. Eine für die Suche ebenfalls gut geeignete Adresse ist it-matchmaker.de. Hier muss unter "Business-Software suchen" die Rubrik "Finanz- & Personalwesen" und dann "Controlling, Kostenrechnung" angeklickt werden. Allerdings ist eine Registrierung erforderlich. Suchende finden hier Programme von mehreren hundert Anbietern.
3. Anbietergespräche strukturiert führen
Abschließend erfordert die Auswahl persönliche Gespräche mit mehreren Firmen. Dabei sollten folgende
Sachverhalte geklärt werden:
-
Anbieter verfügt neben nötigen IT-Kompetenzen über Erfahrungen im Controlling; er weiß also von sich aus, welche Lösungen benötigt werden
- Anbieter hat alle in der Checkliste erfassten Punkte besprochen und erklärt
- Anbieter hat auf alle gestellten Fragen ausführlich geantwortet
- Anbieter hat alle Leistungsmerkmale der Software, Grenzen und Schwächen besprochen und erklärt
- Anbieter ist auf Konkurrenzprodukte eingegangen und hat Unterschiede ausführlich dargestellt
- Anbieter hat Software und Leistungsmerkmale nachvollziehbar dargestellt
- Anbieter hat Preise und Folgekosten anhand von Beispielen erklärt (Ideal: Es wurde ein für den eigenen Betrieb gültiges Preismodell erstellt)
- Anbieter ist bereit, Referenzkunden zu nennen, bei den man sich nach Erfahrungen erkundigen kann
- Anbieter hat konkret beschrieben, wie er die Einführung und Umsetzung begleiten möchte. Dabei wurde auch beschrieben, wie lange das Projekt dauert und welche Unterstützung der eigene Betrieb leisten muss
- Anbieter hat schlüssig erläutert, wie benötigte Daten aus anderen Systemen übertragen und genutzt werden können
- Anbieter hat Vor- und Nachteile von lokalen und Cloud-Lösungen inkl. Kostenvergleich dargestellt
- Anbieter sagt persönliche Betreuung und schnelle Hilfe bei Problemen zu
- Bei offenen Punkten wurden verbindliche Termine für Klärung genannt und eingehalten
Praxis-Hinweis:
Geht es um umfassende Controlling-Lösungen, empfiehlt es sich ein
Lastenheft mit allen Anforderungen im Detail. Dabei können die Prüf- und Inhaltspunkte der Checkliste als Basis gewählt und sukzessive ergänzt werden. Da die Konzeption eines Lastenhefts Erfahrung voraussetzt, sollte man gegebenenfalls
professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel einen EDV Dienstleister. Später kann man auf Basis der im Lastenheft erfassten Punkte die Gespräche mit den Anbietern führen.
4. Fazit
Controller, die ein für ihren Betrieb geeignetes Programm finden wollen, stehen vor dem Problem, dass es eine schier unendliche Anbieterzahl gibt und oft nicht genau geklärt ist, was ein Programm leisten soll. Um die für ihren Zweck richtige Software zu finden ist es unabdingbar,
systematisch vorzugehen. Dazu gehört, erst genau zu beschreiben, was man selbst möchte und über welche Leistungsmerkmale ein Programm verfügen muss.
Um eine weitgehend
objektive Auswahl sicherzustellen, sollte eine standardisierte Auswahl- und Bewertungshilfe genutzt werden, wie sie z.B. im Beitrag vorgestellt wurde. Auch in persönlichen Gesprächen sollte sichergestellt werden, dass die Anbieter auf alle gestellten Anforderungen eingehen. Das kann beispielsweise mit einer Liste von Prüfpunkten geschehen. Auf der Basis von Recherchen und Gesprächen ist es dann meist möglich, die für den eigenen Betrieb geeignete Software auszuwählen.
Zwar ist dieses Vorgehen mit Arbeit verbunden, lohnt sich aber in jedem Fall. Schließlich bindet man sich meist lange Zeit an einen Anbieter, und da sollte alles versucht werden,
Fehler bei der Auswahl zu
vermeiden. Das gelingt nur mit einer systematischen und strukturierten Vorgehensweise.
Download des vollständigen Beitrages:
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letzte Änderung J.E.
am 24.01.2023
Autor:
Jörgen Erichsen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / yupiramos
|
Autor:in
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Herr Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen ist selbstständiger Unternehmensberater. Davor hat er in leitenden Funktionen in Konzernen gearbeitet, u.a. bei Johnson & Johnson und Deutscher Telekom. Er ist Autor von Fachbüchern und -artikeln rund um Rechnungswesen und Controlling. Außerdem ist er als Referent zu diesen Themen für verschiedene Träger tätig. Beim Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) leitet Jörgen Erichsen den Arbeitskreis Controlling.
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