Das Wichtigste in Kürze:
Die Begriffe
Grundkosten, Anderskosten und Zusatzkosten stammen aus dem internen Rechnungswesen und dienen zur
Abgrenzung zwischen den Kostenarten in der internen Erfolgsrechnung einerseits und den Aufwandspositionen in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) des externen Rechnungswesens andererseits.
Warum neben der GuV eine interne Erfolgsrechnung überhaupt notwendig ist, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Tatsächlich ist es im Rahmen der GuV nicht möglich, gleichzeitig die gesetzlichen Vorschriften für die Berichterstattung zu erfüllen und die Daten so zur Verfügung zu stellen, wie es die Geschäftsführung für die erfolgsorientierte Steuerung des Unternehmens benötigt. Und daraus ergeben sich zwangsläufig
unterschiedliche Ansätze für Aufwands- und Kostenpositionen in den beiden Rechenwerken.
Unterschiede zwischen Aufwendungen und Kosten in GuV und interner Erfolgsrechnung
Unterschiede zwischen Aufwendungen und Kosten in GuV und interner Erfolgsrechnung entstehen insbesondere durch einen der drei folgenden Gründe:
- In den beiden Rechenwerken werden unterschiedliche zeitliche Abgrenzungen vorgenommen, je nach Zweck der Darstellung.
- Es gibt Aufwands- bzw. Kostenpositionen, die gleichermaßen in beiden Rechenwerken vorkommen, die aber aus wichtigen Gründen in jeweils unterschiedlicher Höhe angesetzt werden. Diese Kosten nennt man Anderskosten.
- Darüber hinaus können in der internen Erfolgsrechnung so genannte Zusatzkosten ergänzt werden, die in der GuV nicht als Aufwand ausgewiesen werden dürfen, die aber für die erfolgsorientierte Steuerung eines Unternehmens wichtig sind.
Anderskosten und Zusatzkosten zusammen werden als kalkulatorische Kosten bezeichnet.
Kostenpositionen, die in gleicher Höhe sowohl in der
GuV als
Aufwand als auch im internen Rechnungswesen als Kosten verzeichnet sind, werden als
Grundkosten bezeichnet. Während den Anderskosten und Grundkosten begrifflich der so genannte Zweckaufwand gegenübersteht, gibt es im externen Rechnungswesen zusätzlich so genannte neutrale Aufwendungen, die bewusst nicht in das interne Rechenwerk übernommen werden, weil sie die Beurteilung des auf eine Periode bezogenen betrieblichen Geschehens verzerren können.
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Unter die
neutralen Aufwendungen fallen betriebsfremde, periodenfremde oder außerordentliche Aufwendungen. Betriebsfremde Aufwendungen will man bewusst aus der internen Darstellung herauslassen, da das interne Rechenwerk ein realistisches Bild des wirtschaftlichen Erfolgs aus der hauptsächlichen betrieblichen Tätigkeit wiedergeben soll und nicht verzerrt werden darf durch Tätigkeiten, die nicht zum eigentlichen Betriebszweck gehören. So reduzieren z. B. Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Immobilie, die von einem Produktionsunternehmen vermietet wird (die also nicht für die eigene Geschäftstätigkeit genutzt wird), korrekterweise das Periodenergebnis in der GuV; sie sollen aber das Betriebsergebnis (interne Sicht) nicht beeinflussen, da sonst der wirtschaftliche Erfolg des eigentlichen Kerngeschäfts nicht mehr eindeutig erfasst werden könnte.
Das Gleiche gilt für
periodenfremde Aufwendungen: Im internen Rechenwerk ist man bestrebt, die Kosten den Perioden möglichst so zuzuordnen, dass das Periodenergebnis ein realistisches Bild des wirtschaftlichen Erfolgs dieser Periode darstellt. Würden hingegen z. B. Steuernachzahlungen für ein Vorjahr auch im internen Rechenwerk abgebildet, würden diese die Interpretation des Periodenerfolgs verzerren.
Außerordentliche Aufwendungen sind z. B. Sonderabschreibungen aufgrund des vorzeitigen Abgangs von Sachanlagen. Diese werden ebenfalls aus dem internen Rechenwerk eliminiert, da auch sie die Interpretation des „normalen“ Betriebserfolges verzerren würden.
Die folgende Abbildung stellt die unterschiedlichen Inhalte der beiden Rechenwerke in Bezug auf Aufwands- und Kostenpositionen noch einmal übersichtlich dar. Anschließend werden die Begriffe Grundkosten, Anderskosten und Zusatzkosten anhand von Beispielen näher erläutert.
Beispiele für Anderskosten
Während jährliche Prämienzahlungen an Mitarbeitende in der Gewinn- und Verlustrechnung genau in dem Monat erfasst werden, indem sie bezahlt werden, verteilt man diese im internen Rechnungswesen üblicherweise gleichmäßig auf alle zwölf Monate des Geschäftsjahres, oder man verteilt sie prozentual entsprechend dem Grund für die Prämienzahlung, z. B. entsprechend dem Umsatz.
Diesen Vorgang nennt man
(periodische) Abgrenzung und sie erfüllt den Zweck, dass Monatsergebnisse von Einmalzahlungen nicht unangemessen belastet werden, so dass ein falscher Eindruck über den wirtschaftlichen Erfolg eines Monats entsteht. Ein Monat, in dem in der Gewinn- und Verlustrechnung hohe Prämienzahlungen gebucht wurden, verringert den Gewinn des Monats deutlich und gibt damit möglicherweise das falsche Signal, nämlich dass das Unternehmen in diesem Monat wirtschaftlich nicht erfolgreich gearbeitet hat.
Da es solche
Einmal-Ereignisse häufiger gibt, reicht es auch nicht aus, diese bei der Analyse der Monatsergebnisse sozusagen „im Gedächtnis“ zu haben, sondern sie müssen tatsächlich in einem eigenen Rechenwerk so abgebildet werden, dass ein
realistisches Abbild des wirtschaftlichen Erfolgs des Unternehmens in den jeweiligen Monaten wiedergegeben wird.
Während also beide Rechenwerke die Position „Prämienzahlungen“ beinhalten, ist diese Position in der GuV (Aufwand) in den verschiedenen Monaten mit anderen Beträgen gefüllt als in der internen Erfolgsrechnung (Kosten). Daher bezeichnet man diese Kosten als Anderskosten.
Ein weiteres Beispiel für Anderskosten stellen
Abschreibungen dar, die im internen Rechnungswesen in anderer Höhe erfasst werden können, als dies für die
bilanziellen Abschreibungen in der Gewinn- und Verlustrechnung der Fall ist und zwar an drei verschiedenen Stellen:
So kann im internen Rechnungswesen z. B. eine
andere Abschreibungsmethode gewählt werden, als es im externen Rechnungswesen vorgesehen ist. Es kann ein anderer abzuschreibender Wert gewählt werden (z. B.
Wiederbeschaffungswert anstelle von Anschaffungswert), und die
Abschreibungsdauer ist im internen Rechnungswesen im Gegensatz zum externen Rechnungswesen frei wählbar. Natürlich erfolgen diese Entscheidungen nicht willkürlich, sondern immer mit dem Ziel, das Unternehmensgeschehen (noch) realistischer darzustellen, als das innerhalb der gesetzlichen Vorgaben möglich ist.
Beispiele für Zusatzkosten
Zusatzkosten sind Kostenarten, die anders als die Anderskosten
kein Gegenstück in der Gewinn- und Verlustrechnung haben. Dazu gehört z. B. der so genannte kalkulatorische Unternehmerlohn eines:r Einzelunternehmer:in. Der
kalkulatorische Unternehmerlohn ist ein fiktiver Lohn, der nicht als Arbeitslohn/Vergütung der Geschäftsführung ausgezahlt wird und daher auch nicht im Personalaufwand enthalten ist, sondern der (im internen Rechnungswesen) einkalkuliert wird, damit man sieht, ob das Unternehmen auch nach Berücksichtigung einer angemessen Vergütung des:der Einzelunternehmer:in noch als wirtschaftlich erfolgreich angesehen werden kann.
Ein:e Einzelunternehmer:in macht sich z. B. etwas vor, wenn er:sie sich mit einem Jahresergebnis (GuV) von 25.000 Euro zufriedengibt, obwohl daraus weder die eigene Arbeitsleistung angemessen vergütet werden kann, noch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals abgedeckt ist. Nach dem gleichen Prinzip können also auch kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital als Zusatzkosten in der internen Erfolgsrechnung angesetzt werden.
Grundkosten
Alle Kostenarten, die nicht Anderskosten oder Zusatzkosten sind, werden als Grundkosten bezeichnet. Welche das konkret sind, kann in jedem Unternehmen individuell unterschiedlich sein. Häufig gilt das aber für die
Personalkosten (ohne Sonderzahlungen) und auch für die
Materialkosten. Werden hingegen für die Berechnung der
Materialkosten unterschiedliche Kostensätze im internen gegenüber dem externen Rechnungswesen angesetzt, können auch Materialkosten Anderskosten sein. Werden umgekehrt Abschreibungen in der internen Erfolgsrechnung genau so erfasst wie bilanziell (GuV), dann handelt es sich bei den Abschreibungen nicht um Anderskosten, sondern um Grundkosten.
FAQ zu Grundkosten, Anderskosten, Zusatzkosten
Wieso kann ein Unternehmen einfach entscheiden, ob es Aufwandspositionen aus der GuV übernimmt oder nicht übernimmt oder in anderer Höhe ansetzt?
Da das interne Rechnungswesen keine gesetzlichen Vorgaben einzuhalten hat, ist die einzige Vorgabe die, dass es den Zweck des internen Rechnungswesens erfüllen muss, d. h. ein realistisches Abbild der Unternehmenssituation aufzeigen, und zwar ohne Einflüsse, die nichts mit dem Kerngeschäft zu tun haben, die nicht in die laufende Periode gehören oder die ausnahmsweise außerordentlich aufgetreten sind.
Müssen in jeder kurzfristigen Erfolgsrechnung Zusatzkosten angesetzt werden?
Nein, es gibt keine rechtlichen Vorschriften für das Aufstellen einer internen Erfolgsrechnung. Zusatzkosten sollte man immer dann ansetzen, wenn es keine vergleichbaren Aufwandspositionen gibt, die eine real existierende Belastung des Unternehmens angemessen abbilden, wie z. B. die Vergütung eines Einzelunternehmers mit einem kalkulatorischen Unternehmerlohn. Nur wenn diese Zusatzkosten vom Unternehmen getragen werden können, kann man ehrlicherweise von einem wirtschaftlichen Erfolg sprechen.
Warum setzt man im internen Rechnungswesen die Abschreibungen nicht einfach immer in gleicher Höhe an wie in der GuV?
Zum einen werden im externen Rechnungswesen die Abschreibungen häufig erst am Ende des Geschäftsjahres erfasst, weil erst dann genau bekannt ist, was in dem jeweiligen Jahr investiert und desinvestiert wurde. In der monatlichen Erfolgsrechnung möchte man die Abschreibungen aber gleichmäßig auf alle 12 Monate verteilen und muss daher schon im Vorfeld den Jahreswert schätzen.
Zum anderen gibt es im externen Rechnungswesen Vorschriften, die bestimmte Abschreibungsmethoden, Abschreibungsdauern und auch den Wert, der insgesamt abgeschrieben werden darf, festlegen. Im internen Rechnungswesen kann man sich davon lösen, wenn es für die realistische Darstellung der Unternehmenssituation angemessen erscheint, z. B. indem man den Wiederbeschaffungswert abschreibt und nicht den Anschaffungswert, weil am Ende der Wiederbeschaffungswert refinanziert werden muss und nicht der Anschaffungswert.
Bedeutet der Ansatz von Zusatzkosten und Anderskosten, dass „unter dem Strich“ unterschiedliche Periodenergebnisse in GuV und interner Erfolgsrechnung herauskommen?
Ja, das heißt es. Dabei kann sich sowohl eine positive, als auch eine negative Differenz ergeben. Für die Unternehmenssteuerung ist das interne Ergebnis relevanter, da der Blick auf die reale Unternehmenssituation fokussiert wird und nicht auf eine „gute“ Außendarstellung bzw. „nur“ die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
(Wo) kann ich Anderskosten, Grundkosten und Zusatzkosten im Geschäftsbericht eines Unternehmens finden?
Gar nicht, weil der Geschäftsbericht das externe Rechnungswesen widerspiegelt. Das interne Rechnungswesen ist eine vertrauliche Information, die ausschließlich den verantwortlichen Führungskräften des Unternehmens zur Verfügung steht und nur in Einzelfällen auch externen Interessenten (wie Banken oder potenziellen Investoren).
Obwohl in Gewinn- und Verlustrechnungen großer Unternehmen die Begriffe Herstellungskosten/Umsatzkosten sowie Vertriebs- und Verwaltungskosten auftauchen können, handelt es sich dabei nicht um Daten des internen Rechnungswesens. Diese Begriffe zeigen nur, dass das betreffende Unternehmen seine GuV nach dem so genannten Umsatzkostenverfahren aufstellt und daher sind die Bezeichnungen identisch mit den im internen Rechnungswesen verwendeten (Kalkulations-)Schemata, die die Grundlage des Umsatzkostenverfahrens sind. Die ausgewiesenen Beträge entsprechen aber den gesetzlichen Vorgaben, es handelt sich also bei diesen Positionen immer um Grundkosten (aufwandsgleich). Zusatzkosten tauchen in diesen Geschäftsberichten niemals auf.
Findet sich die Unterscheidung zwischen GuV und interner Erfolgsrechnung auch auf der Ertragsseite wieder?
Ja, die entsprechenden Begriffe lauten Grundleistungen, Andersleistungen und Zusatzleistungen sowie neutrale Erträge.
letzte Änderung P.D.U.B.
am 18.03.2024
Autor:
Prof. Dr. Ursula Binder
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Autor:in
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Frau Prof. Dr. Ursula Binder
Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen und Controlling an der TH Köln, vorher kaufmännische Leiterin eines mittelständischen Dienstleistungsunternehmens, Unternehmensberaterin, Seminarleiterin (Inhouse und öffentliche Seminare), Verfasserin von Lernbriefen für das Fernstudium, Autorin: Nachhaltigkeitsberichterstattung in mittelständischen Unternehmen, Haufe 2024, Schnelleinstieg Controlling, 8. Auflage 2023, Die 5 wichtigsten Steuerungsinstrumente für kleine Unternehmen, 1. Auflage 2017, Kennzahlen-Guide für Controller, 1. Auflage 2019.
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10.09.2015 22:50:14 - Gast
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