Um unternehmerische Entscheidungen überhaupt treffen zu können, müssen
belastbare Informationen vorliegen.
Immobilienwirtschaftliche Informationssysteme speisen sich aus internen und externen Daten. Die internen Daten liefert das Rechnungswesen. Bei den externen Daten wird primär auf demographische Daten und Marktdaten abgestellt.
Rechnungswesendaten
Interne Rechnungswesendaten (Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung etc.) sind der Kern des immobilienwirtschaftlichen Informationssystems. Aus den Ist-Daten lassen sich umfangreiche Auswertungen und Kennzahlen generieren. Gleichzeitig bilden sie die Basis für die Planung.
Abbildung 24: Finanzwirtschaftliche Auswertung
Obige
finanzwirtschaftliche Auswertung vergleicht die Leistungen aus der
Bestandsbewirtschaftung mit den angefallenen Kosten der
Leistungserstellung. Dazu werden dem durchschnittlichen jährlichen Mietertrag die angefallenen Kosten für Zins/ Tilgung, für Verwaltung und für Modernisierung und Instandhaltung gegenüber gestellt. Hier wird beispielhaft deutlich, dass die hohen
Modernisierungs-
und Instandhaltungsinvestitionen weitgehend
eigenfinanziert sind. Der Kapitaldienst ist vergleichweise niedrig. Aus dem operativen Geschäft der Bestandsverwaltung wird trotz hoher Modernisierungs- und Instandhaltungskosten mit 2,74 €/ m² eine Umsatzrendite von 4,43 % erwirtschaftet.
Spartenerfolgsrechnung und
BAB stellen weitere wichtige Auswertungen der Rechnungswesendaten dar. Die Spartenerfolgsrechnung verteilt direkt
zurechenbare Aufwendungen und Erträge auf die jeweiligen Geschäftsbereiche. Nicht direkt zuordenbare Gemeinkosten werden nicht verteilt, sondern bleiben in Anlehnung an die Deckungsbeitragsrechnung als eigenständiger Kostenblock bestehen. Diese Darstellung verdeutlicht, in welchem Ausmaß die einzelnen Geschäftsbereiche zur Deckung des Gemeinkostenblocks und darüber hinaus zum Ergebnis beitragen.
Abbildung 25: Beispielhafte Spartenerfolgsrechnung
Mit Hilfe des Betriebsabrechnungsbogens (BAB) erfolgt dann die
Zuordnung der Gemeinkosten zu den entsprechenden Geschäftsbereichen (
Kostenträger). Bei der Kostenzuordnung kommen Verteilungsschlüssel (Mengen- oder Wertschlüssel) zum Einsatz.
Abbildung 26: Beispielhafter BAB
Mieterzufriedenheitsdaten
Daten zur Mieterzufriedenheit liefern Aussagen darüber, ob Unternehmensziele (Produkt-/ Mieter-/ Mietenpolitik/ Bestandsentwicklungs- und Portfoliopolitik) richtig gesetzt sind, sprich ob sich die Unternehmensziele an den Mietern als Kunden orientieren oder ob deren Vorstellungen außer Acht bleiben.
Grundvoraussetzung einer intensiven Beschäftigung mit der Mieterzufriedenheit ist die Einsicht, dass ein Objekt (Haus, Wohnung) für sich allein noch keinen Wert generiert. Eine jüngere Dissertation zum Thema Kundenbindung und -loyalität in der Bestandsbewirtschaftung formuliert diesen Zusammenhang folgendermaßen:
"Das weit verbreitete Verständnis der Immobilie als zentrale Wertgröße wird zunehmend durch die Erkenntnis, dass Mieter aufgrund ihrer kontinuierlichen Mietzahlungen diesen Wert erst schaffen und den Erfolg eines Wohnungsunternehmens sichern, abgelöst" (Sperl, Friederike 2009, S. 3).
Folgt man dieser Sichtweise, erhebt sich die Frage nach den
Ursachen der Kundenzufriedenheit. Zu berücksichtigen ist hier die Erkenntnis, dass echte Kundenbindung nicht nur durch das Produkt "Wohnung", sondern auch durch angrenzende Aspekte geschaffen wird. Bei den angrenzenden Aspekten sind vor allem zu nennen:
- das Wohnumfeld,
- die Leistung der externen Handwerker/ Hausmeister
- sowie der Vermieter selbst.
Der zur Anwendung kommende
Fragebogen zur Untersuchungen der Mieterzufriedenheit sollte diese Zusammenhänge berücksichtigen. Nur dann kann bei der Auswertung mit Hilfe eines
linearen Regressionsmodells überprüft werden, ob die Gesamtzufriedenheit durch die Zufriedenheit mit Wohnumfeld (Haus/ Umgebung/ Nachbarschaft), die Zufriedenheit mit Hausmeister/ Regiebetrieb/ Handwerkern und die Zufriedenheit mit dem Vermieter erklärt wird und wie stark dieser Erklärungswert im Einzelnen ist.
Mieterstrukturdaten
Bei der
Mieterstruktur wird abgestellt auf:
- Einkommen,
- Altersstruktur,
- Verweildauer,
- Haushaltsgröße,
- Objektgröße sowie
- Migrantenanteil.
Die
Altersstruktur im Bestand und ihre zukünftige Entwicklung ist ein wichtiger Hinweis. Zum einen verweist er auf den
Bedarf an altengerechten Wohnraum, der bei Neubau oder Modernisierungen berücksichtigt werden sollte. Zum anderen ist die
Altersarmut ein wachsendes Problem. Um genaue Daten zur Mieterschaft zu erhalten, werden neben Auswertungen der internen Daten auch Daten aus
Mieterzufriedenheitsstudien herangezogen.
Die
Verweildauer trifft Aussagen über die
Mietdauer und damit indirekt über
Mieterbindung und -zufriedenheit mit den angebotenen Wohnungen. Eine kurze Verweildauer ist allein durch die
Wiederholungshäufigkeit immer mit höheren Instandhaltungs- und gegebenenfalls
Modernisierungskosten
sowie mit höheren
Verwaltungskosten (Wohnungsabnahme, Neumieterakquise, Besichtigungen, Vertragsabschluss) verbunden.
Demografiedaten
Die
Bevölkerungs- und Haushaltsnachfrageentwicklung erlaubt Schlüsse auf die Entwicklung der Nachfrage und auf die
allgemeine Attraktivität des Standorts. Dabei bietet es sich an, Daten unterschiedlicher
Prognoseinstitute und deren Modellannahmen zu vergleichen. Diese unterscheiden sich oft stark und gehen bei der Hochrechnung absoluter Bevölkerungs- und Wohnungszahlen oftmals von unterschiedlichen Basiswerten aus, was die Prognosen in Teilen stark verzerrt.
Das renommierte
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung geht beispielsweise von anderen Bevölkerungsbasiszahlen aus als die gleichfalls renommierten statistischen Landesämter. Es bietet sich daher an, verschiedene Prognosen zu vergleichen, diese auf einheitlicher Basis neu zu berechnen und die plausibelste Entwicklung zu extrahieren. Wichtig ist zudem die Darstellung der Bevölkerungs- wie der
Wohnungsnachfrageentwicklung in absoluten Zahlen, nur so lassen sich jährliche
Soll-Ist-Vergleiche anstellen. Entscheidend ist weniger der einzelne Absolutwert, sondern der Verlauf über mehrere Perioden. So lassen sich mögliche
Trendänderungen frühzeitig erkennen (vgl. Dietrich, Peter 2009a, S. 270).
Daten zur Wettbewerbssituation
Die
Wettbewerbssituation ist eng mit dem
Marktanteil verbunden. In einem ersten Schritt ist hier ausgehend von der
Gesamtanzahl der Wohnungen am Standort die jeweilige Anbieter-, Eigentümer- und Nutzerstruktur zu untersuchen. Während Selbstnutzer und private Kleinanbieter als Wettbewerber zu vernachlässigen sind, ist bei den professionellen Anbietern zu untersuchen, in welchen
Preissegmenten welche Art von Immobilien angeboten wird. Als direkte Wettbewerber fallen vor allem diejenigen
professionellen Anbieter
ins Gewicht, die über ein
vergleichbares Angebot verfügen. Hier bietet sich eine
Inaugenscheinnahme der Wohnungen
der direkten Wettbewerber hinsichtlich des baulichen Zustands und der Lage der Objekte an. Damit ergeben sich erste Hinweise auf die gefahrenen Neubau-, Modernisierungsund Instandhaltungsstrategien der Wettbewerber. Informationen zum Preisgefüge runden die Wettbewerbsanalyse ab. Über die Grenzen des eigenen Standorts hinweg, helfen
Benchmark-Daten, vergleichbare Unternehmen mit dem eigenen in Beziehung zu setzen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu analysieren und zu lernen.
Zu beachten ist, dass die
Kennzahlen aus
Betriebsvergleichen
höchst
interpretativ sind. Beispielsweise kann eine niedrige Kennzahl im Bereich der
Verwaltungskosten pro Verwaltungseinheit gleichzeitig mit hoher
Beschwerdehäufigkeit, geringer
Mieterbindung, hoher
Fluktuationsrate und hohen
Forderungsausfällen einhergehen. Von einer isolierten Betrachtung einzelner Kennzahlen ist somit abzuraten. Die einzelnen
Kennzahlen sind also immer mit der Gesamtsituation des jeweiligen Unternehmens in Beziehung zu setzen.
Wohnungsmarktdaten
Die Untersuchung des Wohnungsmarkts hat die Ermittlung der
Baulandpreise, der
Preise für Neubauten und die Feststellung der
Mietpreise zum Ziel.
Kaufkraftdaten
Der
Kaufkraftindex gibt direkte Aussagen zur
Finanzkraft der potentiellen Mieter im Vergleich zu anderen Regionen und Städten des Staates. Er wird ermittelt, indem Erhebungen zur Kaufkraft aller Regionen auf den sich ergebenden Mittelwert projiziert werden. Dieser Mittelwert wird zu 100 Prozent normiert.
Kaufkraftindizes größer 100 Prozent stehen demnach für eine höhere, Indizes kleiner 100 Prozent für geringere Finanzkraft gegenüber dem Durchschnitt. Die Kaufkraft ist ein Kriterium, das sich nur innerhalb langfristiger Zeiträume spürbar verändert. Die
Volatilität ist gering, deshalb ist die Betrachtung des Index einer
Jahreserhebung für die Standortbeurteilung hinreichend.
Arbeitslosenquote
Für das Heranziehen der Arbeitslosenquote spricht, dass die Erwerbsmöglichkeiten ein wesentlicher
Indikator für die Attraktivität einer Region und damit auch für den Immobilienmarkt sind. Es ist leicht nachzuvollziehen, warum Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit in aller Regel eine deutlich bessere Immobilienmarktentwicklung zeigen als Regionen, die durch eine hohe Unterbeschäftigung gekennzeichnet sind. Dort, wo unter sonst gleichen Bedingungen viele wohnen wollen oder aufgrund wirtschaftlicher Verhältnisse arbeiten müssen, sind z.B. in aller Regel die Preise höher als anderswo. Auch die Arbeitslosenquote zeichnet sich durch geringe Schwankungen aus, eine
unterjährige Betrachtung ist daher
nicht notwendig.
Controlling-Funktion des immobilienwirtschaftlichen Informationssystems
Kern des Informationssystems sind die Daten aus dem Rechnungswesen. Aus Controlling-Sicht bilden diese Daten die Informationsbasis für weitere Planungen und den Maßstab für Kontrollen (z.B.
Soll-Ist-Vergleich). Diese Daten sind jedoch nicht nur Kern des Informationssystems, sondern durchdringen gleichzeitig weitere Führungsteilsysteme, wie z.B. das Planungs- und Kontrollsystem, für das sie die Grundlagen liefern.
Mieterstruktur-,
Wohnungsmarkt- und
Kaufkraftdaten sowie die
Arbeitslosenquote beziehen sich primär auf ein einzelnes Führungsteilsystem, das Informationssystem. In der Küpperschen Diktion stellen diese Daten isolierte Koordinationssysteme dar. Mieterzufriedenheitsdaten liefern sowohl
Planungsgrundlagen für weitere Maßnahmen als auch
Kontrolldaten für die Unternehmensziele. Verfehlen die aus den Unternehmenszielen abgeleiteten Maßnahmen die Mieterwünsche, werden Maßnahmenziele hinterfragt. Mieterzufriedenheitsdaten sorgen somit neben der Kontrolle auch für eine
Reflexion der Unternehmensziele.
Daraufhin erfolgte Änderungen oder Konkretisierungen von Maßnahmenzielen und Planung stellen die Anpassung an die Umwelt (Mieter, Kunden) sicher. Auch demografische Beobachtungs- und Prognosedaten durchdringen unterschiedliche Führungsteilsysteme (Koordination). Sie analysieren die Umwelt, beeinflussen die Planung, wirken konkretisierend, in Teilen auch verändernd auf die Ziele (Reflexion).
(
Vollständiger Artikel als PDF)
Die weiteren Teile der Reihe "Controlling in der Immobilienwirtschaft und Rating nach Basel II und III" können Sie hier lesen:
Download des vollständigen Beitrages:
Controlling in der Immobilienwirtschaft - Immobilienwirtschaftliche Controlling-Instrumente
letzte Änderung D.P.D.
am 20.12.2021
Autor:
Dr. Peter Dietrich
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Autor:in
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Herr Dr. Peter Dietrich
Dr. Peter Dietrich, Diplom-Kaufmann, wurde am 20. Juli 1967 in München geboren. Seit 1995 in Prüfung und Beratung von Wohnungsunternehmen tätig, versucht der Autor praktische Beratungsarbeit mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu verknüpfen. Darauf aufbauend entwickelte er ein umfassendes wohnungswirtschaftliches Controlling-System.
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