Die Aufgabe eines Unternehmens besteht in der Herstellung und im Absatz von Wirtschaftsgütern. Dieser Prozess der Leistungserstellung und Leistungsverwertung (auch als Produktionsprozess bezeichnet), erfolgt durch Kombination von Produktionsfaktoren, die bei der Leistungserstellung umgewandelt oder verbraucht werden. Der Geschäftsführung obliegt die Aufgabe, den Produktionsprozess zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedient sich die Geschäftsleitung des betrieblichen Rechnungswesens.
„Unter dem Begriff betriebliches Rechnungswesen fasst man sämtliche Verfahren zusammen, deren Aufgabe es ist, alle im Betrieb auftretenden Geld- und Leistungsströme ... mengen- und wertmäßig zu erfassen und zu überwachen.“[1]
Damit kommt dem betrieblichen Rechnungswesen in erster Linie
Dokumentations- und Kontrollfunktion zu. Mit dem betrieblichen Rechnungswesen werden sowohl externe als auch interne Zwecke verfolgt:
Externe Zwecke:
Aufgrund der vom betrieblichen Rechnungswesen gelieferten Daten werden Interessengruppen wie Anteilseigner, Gläubiger, Banken, Lieferanten und selbstverständlich auch der Staat (Finanzamt) über die Lage des Unternehmens informiert. Diese Information erfolgt z.T. aufgrund gesetzlicher Vorschriften, aber auch freiwillig.
Interne Zwecke:
Die Zahlen des Rechnungswesens sollten jederzeit eine Überwachung der Wirtschaftlichkeit und der Rentabilität des Unternehmens ermöglichen. Darüber hinaus müssen vom Rechnungswesen Zahlen für unternehmerische Entscheidungen wie Investitionsentscheidungen, Entscheidungen über Preisgestaltung, Produktpolitik, Auswahl von Produktionsverfahren usw. bereitgestellt werden.
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Diese unterschiedlichen Aufgaben des Rechnungswesens lassen sich nicht mit einer einzigen „Rechnung“ erfüllen, da die Rechenschaftslegung nach außen gegenüber Gläubigern, Aktionären und dem Finanzamt völlig andere Ziele verfolgt, als die Darstellung der wirtschaftlichen Lage nach innen.
Nach außen soll oft eine ausgezeichnete Unternehmenslage schlechter dargestellt werden, um zu hohe Ausschüttungen an Aktionäre oder zu hohe Steuerzahlungen zu vermeiden. Eine schlechte Unternehmenslage wird oft besser dargestellt, um weitere Kredite zu erhalten. Nach innen dagegen muss die Unternehmenslage realistisch aufgezeigt werden, um die bestmöglichen Entscheidungen treffen zu können.
Diese unterschiedlichen Zielsetzungen machen eine Aufteilung des betrieblichen Rechnungswesens in Teilgebiete erforderlich. Man unterscheidet zwischen:
- Finanzbuchhaltung
-
Kosten- und Leistungsrechnung (Betriebsbuchhaltung)
-
Statistik und Vergleichsrechnung
-
Planungsrechnung
„Die Aufgabe der
Finanzbuchhaltung besteht darin, alle wirtschaftlich bedeutsamen Vorgänge (Geschäftsvorfälle), die sich im Betrieb ereignen, in chronologischer Reihenfolge festzuhalten.“[2] Da das Zahlenmaterial der Finanzbuchhaltung und der daraus resultierende
Jahresabschluss externen Zwecken dient (Interessengruppen wie Gläubiger, Aktionäre und Staat wollen sich über die Vermögens- und Ertragslage eines Unternehmens informieren), gibt es im Rahmen der Finanzbuchhaltung gesetzliche Bestimmungen (z.B. über die Bewertung von Wirtschaftsgütern) zum Schutz der verschiedenen Interessengruppen.
Die
Kosten- und Leistungsrechnung als Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens dient in erster Linie betriebsinternen Zwecken, es gibt deshalb
keine gesetzlichen Vorschriften zu beachten (Ausnahme: VPöA = Verordnung zur Preisermittlung bei öffentlichen Aufträgen vom 21.11.1953). Auf der Grundlage des Zahlenmaterials der Finanzbuchhaltung soll die Kosten- und Leistungsrechnung in erster Linie drei Aufgaben erfüllen:
- Kontrollfunktion
Das Zahlenmaterial der Kostenrechnung soll Kostenkontrollen einzelner Kostenarten und Kostenstellen ermöglichen. Diese Kontrollen können Zeitvergleiche oder auch zwischenbetriebliche Vergleiche sein.
- Entscheidungsgrundlage bei der Preisfindung
Auch die Ermittlung der Selbstkosten der erzeugten Produkte (Kostenträger) erfolgt in der Betriebsbuchhaltung. Diese Selbstkosten bilden die Grundlage bei der Angebotskalkulation.
- Kalkulation der Herstellkosten
Die Ermittlung der Herstellkosten ist erforderlich für die Bewertung der Bestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen in der Handels- und in der Steuerbilanz. Ebenso müssen die aktivierungspflichtigen Eigenleistungen zu Herstellkosten bewertet werden. Die Ermittlung dieser Herstellkosten erfolgt in der Betriebsbuchhaltung (Kostenrechnung). Die handels- und steuerrechtlichen Definitionen der Herstellkosten finden sich im § 255 (2) HGB bzw. R 6.3.
Die betriebswirtschaftliche
Statistik und Vergleichsrechnung wertet neben anderen Unterlagen das Zahlenmaterial aus Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung aus. Es werden beispielsweise die Umsätze oder die Produktion mehrerer Perioden verglichen, es werden Beziehungen und Zusammenhänge zwischen betriebswirtschaftlichen Größen wie Umsatz und Gewinn, Lohnkosten und Gesamtkosten festgestellt. Auch zwischenbetriebliche Vergleiche gehören zum Gebiet der betriebswirtschaftlichen Statistik und Vergleichsrechnung.
Die
Planungsrechnung befasst sich im Gegensatz zu den bisher dargestellten Teilgebieten des betrieblichen Rechnungswesens mit der Zukunft. Sie hat die Aufgabe, aufgrund des zur Verfügung stehenden Zahlenmaterials aus der Finanzbuchhaltung, Kostenrechnung und Statistik zukünftige betriebliche Entwicklungen zu prognostizieren. Eine scharfe Trennung zwischen Kosten- und Leistungsrechnung und Planungsrechnung ist nicht immer möglich: Die Plankostenrechnung als Teilgebiet der Kosten- und Leistungsrechnung ist ihrem Wesen nach eine Planungsrechnung.
Aufgaben der Kostenrechnung
Kein Unternehmen ist zur Durchführung einer Kosten- und Leistungsrechnung gesetzlich verpflichtet. Ohne aussagefähige Betriebsbuchhaltung bestehen jedoch kaum Überlebenschancen für die Betriebe in einer Zeit, die gekennzeichnet ist durch:
- verschärften Konkurrenzkampf
-
steigende Anzahl der Wettbewerber aus dem Ausland
-
zunehmenden Kostendruck und
-
schnelle Änderung der Nachfragerwünsche
Die in der G+V und Bilanz enthaltenen Informationen richten sich an Banken, Gläubiger, Aktionäre und das Finanzamt, also Außenstehende, und sind damit für interne Steuerungszwecke ungeeignet. Darüber hinaus wird der Jahresabschluss viel zu selten durchgeführt und liegt in der Regel erst vor, wenn die notwendigen Entscheidungen schon getroffen sind. Die Durchführung einer Kosten- und Leistungsrechnung ist deshalb als Grundlage sinnvoller Dispositionen zur Steuerung des betrieblichen Leistungsprozesses unbedingt erforderlich.
Die Wirtschaftswissenschaft unterstellt in marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystemen den Unternehmen die Verfolgung des Zieles der Gewinnmaximierung. Dieses Ziel kann nur dann erreicht werden, wenn der Prozess der Leistungserstellung nach dem
Wirtschaftlichkeitsprinzip erfolgt. Eine Voraussetzung für die Zielerreichung ist eine Kostenrechnung, die folgende Aufgaben erfüllt:
- Bereitstellung von Zahlenmaterial für betriebliche Dispositionen
Kalkulation des Angebotspreises:
Anbieter, die für ihre Produkte die Marktpreise selbst festsetzen können (Monopol, Oligopol), müssen die Selbstkosten kennen, um einen Angebotspreis kalkulieren zu können. Anbieter von Produkten, für die ein Preis vom Markt vorgegeben wird (Polypol), treffen aufgrund der Selbstkosten die Entscheidung darüber, ob das oder die Produkte überhaupt weiter hergestellt werden sollen.
Ermittlung des optimalen Produktionsprogramms:
Nur aufgrund des Zahlenmaterials der Kostenrechnung können Entscheidungen über die Zusammensetzung der Produktpalette in Engpasssituationen getroffen werden.
Kostenminimaler Faktoreinsatz:
Die Kostenrechnung liefert Anhaltspunkte bei Entscheidungen über Selbsterstellung oder Fremdbezug von Leistungen.
Verfahrensauswahl:
Stehen zur Herstellung eines Produktes verschiedene Produktionsverfahren zu Verfügung, so liefert die Kostenrechnung die Entscheidungsgrundlage über die Auswahl des kostenminimalen Produktionsverfahrens.
- Kostenkontrolle
Erst die Aufteilung eines Unternehmens in Kostenstellen ermöglicht eine wirksame Kontrolle der Kosten in einzelnen Verantwortungsbereichen (Zeitvergleich). Durch zwischenbetriebliche Kostenvergleiche und den Vergleich von Plan- und Istkosten können Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
- Bestandsbewertung in Handels- und Steuerbilanz
Selbsterstellte Anlagen, Halb- und Fertigerzeugnisse sind in Handels- und Steuerbilanz zu Herstellkosten zu bewerten. Zu den Herstellkosten zählen auch Teile der Gemeinkosten. Die Ermittlung dieser Herstellkosten erfolgt in der Kostenrechnung.
letzte Änderung E.R.
am 29.09.2024
Autor:
Dipl. Volkswirt Friedrich Schnepf
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov
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