In der historischen Entwicklung der
Kostenrechnung ist im Laufe der Zeit eine Akzentverschiebung bei ihren beiden Hauptaufgaben eingetreten. Vor dem zweiten Weltkrieg lag der Aufgabenschwerpunkt bei der Ermittlung der tatsächlichen
Stückkosten (Istkosten). Diese dienten als
Entscheidungsgrundlage bei der Preisfindung. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Kostenrechnung mehr und mehr zu einem
Kontrollinstrument ausgebaut, indem Vergleiche zwischen
Ist- und Normalkosten durchgeführt wurden. Sowohl bei den Ist- wie bei den Normalkosten handelt es sich um Werte aus der Vergangenheit.
Im Gegensatz hierzu legt die
Plankostenrechnung Zukunftswerte zugrunde. Es werden sowohl die zukünftigen Ausbringungsmengen wie auch die Einsatzmengen an
Produktionsfaktoren und deren Preise geplant. Die Festlegung der Plankosten erfolgt also im Voraus aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen, technischer Berechnungen und Verbrauchsmessungen.
Die Aufgaben der Plankostenrechnung
Die Aufgaben der Plankostenrechnung sind vorwiegend:
- Vorkalkulation der betrieblichen Leistungen
- Kontrolle der Wirtschaftlichkeit
- Ursachenanalyse der Abweichungen zwischen im Voraus kalkulierten Kosten (Sollkosten) und Istkosten
Die Kontrolle der
Wirtschaftlichkeit erfolgt bei der
flexiblen Plankostenrechnung auf
Vollkostenbasis (nur auf diese wird hier zunächst eingegangen) dadurch, dass die Istkosten mit den Kosten verglichen werden, die aufgrund der Plandaten auf die hergestellten Outputmengen verrechnet wurden (verrechnete Plankosten). Liegt eine Abweichung zwischen verrechneten Plankosten und Istkosten vor, so betreibt die Plankostenrechnung eine
Ursachenanalyse. Es wird also nach den Gründen für diese Abweichung gefragt. Die Gründe können sein:
- Die tatsächliche Beschäftigung (Istbeschäftigung) weicht von der geplanten Beschäftigung (Basisplanbeschäftigung) ab (Beschäftigungsabweichung)
-
Die tatsächlichen Preise der Produktionsfaktoren weichen von den vorher geplanten Preisen ab (Preisabweichung)
-
Der geplante Verbrauch an Produktionsfaktoren stimmt nicht mit dem tatsächlichen Faktorverbrauch überein (Mengenabweichung)
Grundbegriffe der Plankostenrechnung (PKR)
Bei Anwendung der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis ist vor Beginn der Abrechnungsperiode die geplante Beschäftigung, also die zu produzierende Outputmenge, festzulegen. Diese geplante Outputmenge wird als
Basisplanbeschäftigung (BPB), auch einfach als Planbeschäftigung bezeichnet. Ebenso sind die bei dieser Basisplanbeschäftigung anfallenden fixen und variablen Kosten im Voraus zu bestimmen.
Die sich bei BPB aus den
fixen und variablen Kosten ergebenden Gesamtkosten werden dann als Plankosten bezeichnet. Die Plankosten sind also genau die Kosten, die sich bei Basisplanbeschäftigung voraussichtlich ergeben.
Dieser Zusammenhang soll an einem
Beispiel verdeutlicht werden:
Geplanter Beschäftigungsgrad: 100 Mengeneinheiten
Fixe Kosten (K
f) 80 €
Gesamte variable Kosten (K
v) 120 €
Kp = Kf + Kv
Kp = 80 + 120 = 200
Wird also eine Produktion von 100 Outputeinheiten geplant, so betragen die Plankosten (K
p) 200 €.
Aus den bekannten Angaben lässt sich die
Kostenfunktion herleiten: Wenn bei 100 Outputeinheiten die variablen Kosten insgesamt 120 € betragen, so ergeben sich variable Stückkosten (kv) von 120 / 100 = 1,2 €. Daraus resultiert die folgende Kostenfunktion:
K = 80 + 1,2x
Mithilfe dieser Kostenfunktion können für jede beliebige Outputmenge die zugehörigen Kosten bestimmt werden. Diese Kosten werden im Rahmen der Plankostenrechnung als
Sollkosten (K
s) bezeichnet.
Sollkosten (K
s) sind die Kosten für Beschäftigungsgrade, die von der BPB abweichen. Lediglich bei der BPB sind die Sollkosten gleich den Plankosten.
Bei
Basisplanbeschäftigung gilt:
Ks = Kp
Werden statt der geplanten 100 Outputeinheiten nur 70 hergestellt, so lassen sich die Sollkosten für diese 70 Outputeinheiten mit der Kostenfunktion bestimmen. Die allgemeine Form der
Kostenfunktion lautet:
K = 80 + 1,2x
Bei einer
Istbeschäftigung von 70 bzw. 120 produzierten Einheiten ergeben sich also folgende Sollkosten:
Ks = 80 + 1,2 * 70 = 164
Ks = 80 + 1,2 * 120 = 224
Die in der Plankostenrechnung als Sollkosten bezeichneten Kosten entsprechen also exakt der seit dem ersten Kapitel dieses Skripts hinlänglich bekannten Kostenfunktion.
Neben den Sollkosten spielen in der Plankostenrechnung die sogenannten
verrechneten Plankosten (verr K
p) eine wesentliche Rolle:
Bei einer Planbeschäftigung von 100 Einheiten und Plankosten von 200 € rechnet man also mit 2,00 € an Kosten pro Stück, es werden also pro Einheit 2,00 € verrechnet (pro Stück fließen 2,00 € in die Kalkulation ein). Diesen Wert von 2,00 € bezeichnet man als Plankostenverrechnungssatz (PKVS).
PKVS
|
=
|
Kp
|
Planbeschäftigung
|
Bei einer
Vorkalkulation des Produktes werden pro Produkteinheit Kosten in Höhe des PKVS, in unserem Beispiel also 2,00 €, verrechnet.
Bei einer Istbeschäftigung von 70 % sind also insgesamt
2,00 € * 70 = 140 €
an Kosten auf die produzierte Menge verrechnet worden. Diesen Wert von 140 € bezeichnet man als verrechnete Plankosten (verr K
p)
verrKp = PKVS * Istbeschäftigung
Diesen
Zusammenhang soll die folgende Abbildung verdeutlichen:
Die verr K
p sind bei Beschäftigungsgraden unterhalb der BPB geringer als die K
s, bei
Beschäftigungsgraden über der BPB sind die verr K
p größer als die K
s
Bei einer Beschäftigung von 70 Outputeinheiten betragen die Sollkosten wie oben gezeigt 164 €, während bei 70 Outputeinheiten die verrechneten Plankosten lediglich 140 € betragen. Die Differenz zwischen verrechneten Plankosten und Sollkosten wird als
Beschäftigungsabweichung (BA) bezeichnet. Die Definition der BA lautet:
BA = verr Kp - Ks
BA = 140 - 164 = - 24
Bei der Produktion von 70 Outputeinheiten müssten aufgrund der Sollkostenfunktion Kosten in Höhe von 164 € entstehen. Da jedoch pro Outputeinheit lediglich 2 € kalkuliert wurden, sind bei 70 Outputeinheiten lediglich 140 € insgesamt in die Kalkulation eingeflossen. Von den Sollkosten bleiben also 24 € nicht gedeckt. Diese nicht gedeckten Sollkosten werden als Beschäftigungsabweichung bezeichnet.
Bei einer Istbeschäftigung von 120 Outputeinheiten ergibt sich folgende Beschäftigungsabweichung:
BA = verr Kp - Ks
BA = 2 * 120 - 80 - 1,2 * 120 = - 240 - 224 = 16
In diesem Fall liegen die verrechneten Plankosten also um 16 € über den Sollkosten, die in der Kalkulation insgesamt verrechneten Kosten liegen also um 16 € über den Sollkosten. Die Beschäftigungsabweichung ist
positiv.
Zusammenfassung der Definitionen:
BPB
|
= Basisplanbeschäftigung
|
geplante Beschäftigung
|
Kp
|
= Plankosten
|
Kosten bei Basisplanbeschäftigung
|
Ks
|
= Sollkosten
|
Kostenfunktion für jeden Beschäftigungsgrad
|
PKVs
|
= Plankostenverrechnungssatz
|
Kp / BPB
|
Verr Kp
|
= verrechnete Plankosten
|
PKVS * Istbeschäftigung
|
BA
|
= Beschäftigungsabweichung
|
verr Kp - Ks
|
letzte Änderung Dipl. Volkswirt Friedrich Schnepf
am 14.04.2023
|
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13.07.2008 12:41:31 - Prof. Dr. Harald wilde
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