Ein Controlling, welches die eigene Unternehmenskultur kennt und nutzt ist wirksamer als jede statische Methode oder jeder kopierter Modehype. Der aktuelle Zeitgeist wird nach wie vor von Schlagwörtern wie "Agility", "Employability", "Diversity und Inklusion", "New Work und Leadership", "Brand Performance» etc. in Atem gehalten. Gleichzeitig stellen wir fest, wie sich Unter-nehmen von ihrem Sinn und Zweck und ihren Kernaufgaben entfernen. Dies ist in vielen Unternehmenskulturen bereits sichtbar, weil diese ohne Identität keine Orientierung mehr vermitteln. Ein kurzer Identitäts-Check mit 7-Fragen zeigt auf wie die eigene Unternehmenskultur verstanden wird. Ihre Antworten weisen darauf hin, was die Organisation ungeachtet des Zeitgeistes, wirklich braucht.
Die Zuschreibung einer Identität hängt auch davon ab, nach welchen Werten sich das eigene Naturell in seinem Leben/Arbeit ausrichtet, also die eigene Lebenseinstellung. Dies zeigt sich in den Kardinalstugenden der Führung.
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Es ist die Intuition:
Sind Kopf und Herz mit der Sache verbunden, kann Intuition (Bauchgefühl) die 7 Merkmale der Unternehmenskultur situationsgerechter gewichten, um leichter entscheiden zu können.
- Es ist die Empathie:
Sie ermöglicht, sich auf andere Perspektiven und Weltbilder einzulassen, um damit die eigene Urteilsfähigkeit zu schärfen. Empathie ist eine Eigenschaft, um aus möglichen Konflikten gemeinsame Interessen herausfiltern zu können.
- Über Fehlerkultur:
Eine transparente und unterstützende Fehlerkultur gewährleistet Loyalität und Vertrauen, die wertvollsten Werte einer Gemeinschaft.
Anzeichen, dass sich der Zeitgeist ändert, sind bereits erkennbar. Mischkonzerne verkleinern sich, atypische Geschäftsfelder werden verkauft. Politiker der nächsten Generation wollen "too big to fail" Organisationen zerschlagen. Klima, Gesundheit, Ernährung und das Zusammenfinden- und erleben über gemeinsame Bedürfnisse findet mehr in der realen und immer weniger in der virtuellen Welt statt.
Wir waren deshalb erstaunt, unsere Beobachtungen bestätigt zu finden. Das deutsche Zukunftsforschungsinstitut Gmbh in Frankfurt hat die 5 wichtigsten Megatrends für Unternehmen in den 2020er Jahren geortet (s. Literaturhinweise).
1. Individualisierung
Der Megatrend Individualisierung ist noch sehr stark egoistisch geprägt. Individualisierung wandelt sich und drückt sich in einer neuen Wir-Kultur aus, über gleichgesinnte Gemeinschaften, Kollaborationen und Kooperationen, statt des narzisstischen Ichs. Für Unternehmen hat dies vor allem Einfluss auf die Art und Weise, wie im Team zusammengearbeitet wird und wie Organisationen geführt werden ("gleich im Geist"). Für die Unternehmenskultur wird die eigene Identität noch wichtiger, weil Mitarbeitende und Kunden sich über ein Kollektiv orientieren und Kooperationen nur über gleiche Ausrichtungen in der Haltung Glaubwürdigkeit findet.
2. Silver Society
Die älter werdende Gesellschaft verfügt über einen unglaublichen Erfahrungsschatz und die Gelassenheit Herausforderungen anzunehmen. Dies wird unterschätzt, weil sich die Aufmerksamkeit noch zu stark auf neue Technologien konzentriert. Menschen in der zweiten Lebenshälfte haben eine andere Sicht auf Leistung, Wachstum und Innovation als die Jüngeren. Zudem schätzen sie Vorgänge in Unternehmen, was wichtig und richtig ist, anders ein. Deshalb wird Routine und Erfahrung als Vitalisierung erkannt und geschätzt, um die
alleinige Konzentration auf neue Technologien aufzuweichen. Eine Umkodierung der Wirtschaft beginnt: - mehr Wirkung statt Leistung, – mehr Gelassenheit durch Erfahrung statt "hörige Digitale Agilität".Unternehmenskulturen werden vermehrt zum Orientierungsanker über Sinn und Zweck des Handelns, weil Unternehmer sich stärker auf Wichtiges und Richtiges (Ethik, Wirkung und langfristige Wirtschaftlichkeit) konzentrieren. Es ist die Silver Society, die im Unterhemen zur Vitalisierung beitragen wird.
3. Konnektivität
Wir werden in Netzwerken leben. Dies beeinflusst uns sozial, in unserer Haltung und in unserem Denken. Das Zusammenspiel zwischen Menschen und Technologie, der Umgang mit den neuen Möglichkeiten, wird sich in den 2020er Jahren richtungsweisend entwickeln, wenn der gegenwärtige technologische Hype umfassender begriffen wird. Erst wenn Technologien gezielt und effizient eingesetzt werden, ergeben sich enorme Potentiale zur Effizienzsteigerung und für neue Geschäftsmodelle.Unternehmenskulturen entstehen über menschliche Beziehungen. Wenn der Nutzen von Effizienzsteigerungen nicht nur monetär, sondern auch zu Gunsten von Beziehungsentwicklungen getätigt werden, dienen Technologien dem Menschen und nicht allein dem Selbstzweck.
4. Neo-Oekologie
Der Megatrend Neo-Ökologie reicht in jeden Bereich unseres Alltags hinein, z.B.
Energiewende, Plastikverordnung, Biomärkte etc. Ob persönliche Kaufentscheidungen, gesellschaftliche Werte oder Unternehmensstrategie – selbst wenn nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, entwickelt er sich nicht zuletzt aufgrund technologischer Innovationen mehr und mehr zu einem der wirkmächtigsten Treiber unserer Zeit. Der Megatrend sorgt nicht nur für eine Neu-ausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik. Er verändert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten.
Unternehmenskulturen müssen Voraussetzungen schaffen, damit Menschen ihren Lebensinhalt und Lebenssinn in der Verschmelzung von Arbeit und priva-ten Aktivitäten und Ressourcenbewusstsein verwirklicht sehen. Somit wird der Zugang zur Identität einer Firma über das Produkt, die Haltung und deren Glaubwürdigkeit immer bedeutsamer.
5. Wissenskultur
In unserer komplexen Welt ist Wissen fluide, deshalb rücken vor allem implizite Fähigkeiten in den Fokus, die uns befähigen auf Veränderungen und Überraschungen zu reagieren. Ganzheitliches, systemisches Denken, Kontextbildung und Beobachtung zweiter Ordnung werden ebenso zu Kernkompetenzen wie zutiefst (zwischen-)menschliche Qualitäten. Gerade für Führungskräfte sind sie enorm wichtig, um mit der Organisation und den Mitarbeitern zu kommunizieren. Für die Unternehmenskultur bedeutet dies, dass es vor allem für Führungskräfte zentral sein wird, mit der Organisation und den Mitarbeitenden mit den erwähnten Fähigkeiten kommunizieren zu können. Im Besonderen wird der Umgang mit den Werten "Anstand", "Angst", "Konflikte", "Scham" und "Mut" als tragende Charaktereigenschaft gewertet werden.
Wer die fünf Megatrends der 2020er Jahre versucht für seine Organisation aufzuschlüsseln, wird vermutlich folgende Feststellungen machen:
- Aus der Zeit der Übertreibungen, der verschleierten Glaubwürdigkeit und dem Bewirtschaften von "Fake News" entsteht nun ein Bewusstsein für Echtheit.
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Der Status des "Followers" entwickelt sich langsam zum mitdenkenden, eigenständigen Mitglied oder Chef einer Gruppe, in der er seine Bedürfnisse und seine Wertehaltung weiterentwickeln will.
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Schnelllebigkeit, Oberflächlichkeit, "Apps", ökologischer Fußabdruck, Unterhaltung, Kommerz etc. werden über ihre Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit hinterfragt, um sich neu zu orientieren und sich selbst besser wiederfinden zu können.
Diese Entwicklungen werden neue Grundausrichtungen bewirken. Besonders Organisationen können diese Kultur-Prozesse am Arbeitsplatz von wirtschaftlichem und sozialem Nutzen sein. Es werden sich nämlich, ungeachtet der Branche, der Betriebsgröße, des Marktes und des Umfeldes, dafür wieder 3 altbewährte Grundwerte aufdrängen.
Es sind dies:
- Die Kompetenzen (Fach- und Führungskompetenzen)
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Die Selbstverantwortung (Selbstführung und Ökologiebewusstsein)
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Die Verbindlichkeit (leben und auch einfordern)
Wie eingangs ausgeführt, hat der Identitäts-Check das Zusammenspiel der 7 wichtigsten Faktoren für das Führen einer Unternehmung aufgezeigt. Die Megatrends werden auf jede Organisation unterschiedlich wirken. Auf jeden Fall wird die Grundlage jeder Veränderung und Weiterentwicklung der Firma der zukünftige Umgang mit den ethischen Grundwerten Kompetenzen Selbstverantwortung und Verbindlichkeit sein. Dies verlangt von den Verantwortlichen der Organisation, vom Verwaltungsrat bis zur untersten Führungsstufe vor allem "Mut". Mut zur Einzigartigkeit, zu den eigenen Werten zu stehen und sich zur Unternehmenskultur zu bekennen. Im Alltag heißt dies:
- Es braucht Mut die eigenen Leitbilder und Ziele sachlich zu hinterfragen und anzupassen.
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Es braucht Mut sich unmissverständlich auszudrücken, weil damit Verbindlichkeit entsteht.
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Es braucht Mut Sanktionen zu begründen und umzusetzen.
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Es braucht Mut Liebe und Anerkennung persönlich auszusprechen.
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Es braucht Mut die eigenen Unzulänglichkeiten einzugestehen.
Schon in den Grundsätzen des Ehrbaren Kaufmanns, ausgehend von der gleichnamigen Organisation Hamburger Kaufleute, die bis ins Mittelalter zurück gehen, wurde freiwillig folgende Selbstverpflichtungserklärung abgegeben (s. Literaturhinweise):
"Ich bin mir meiner Rolle in der Gesellschaft und dem Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns bewusst. Meine Aufgabe ist es, Menschen zu leiten und Ressourcen zu verwalten, um einen gesellschaftlichen Wert zu schaffen, der von einzelnen Individuen nicht erbracht werden kann. Meine Entscheidungen haben heute und auch morgen Einfluss auf das Wohlbefinden von Individuen innerhalb und außerhalb meines Unternehmens. Diesen Eid lege ich freiwillig und bei meiner Ehre ab."
Die Unternehmenskultur lässt sich wie ein Schiff steuern. Die Megatrends der 2020er Jahre, in welcher Ausprägung auch immer, werden wie Winde wirken. Ob diese ihr "Schiff" vorwärts tragen oder dagegen ankämpfen wird davon abhängig sein, wie gut Sie Ihre Unternehmenskultur kennen, um auf jeden Fall vorbereitet zu sein.
Für das Controlling haben diese Feststellungen einen starken Einfluss auf die Interpretation der vorgegebenen Ziele und den zu erreichenden Ergebnissen. Um Abweichungen zu Vergangenem, Praktiziertem oder Geschehenem zu verstehen und zu begründen, wird dem/der Controller/in vermehrt Neugierde und Optimismus abverlangt.
Um auf die mögliche Zukunft in der Controllerarbeit vorbereitet zu sein, erfordert er vermehrt Mut, "Bestehendes" in Frage zu stellen. Denn das Bevorstehende wird immer mit dem Erfolgs-Spiegel der Vergangenheit begleitet und kann das eigene Verhalten trügen. Das Controlling ist also auch mitverantwortlich, dass die Organisation ihre Geschäftsziele über Ihre glaubwürdige Identität zu erreichen vermag.
letzte Änderung H.R.H.U.R.F.S.
am 14.09.2024
Autor:
Hans R. Hässig und Roland F. Stoff
Bild:
Panthermedia.net / Roman Ivashchenko
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Autor:in
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Herr Hans R. Hässig und Roland F. Stoff
Hans R. Hässig und Roland F. Stoff sind Autoren des Buches "Unternehmenskultur verstehen" (s. Literaturhinweis). Sie haben langjährige Erfahrung als Führungskräfte auf Geschäftsleitungsebene in KMUs, auf Konzernebene im In- und Ausland, in der Industrie, der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen. Mit ihren Instrumenten machen sie Unternehmenskulturen sichtbar und prüfen diese auf Ihre jeweilige Authentizität.
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