Ohne Engagement kein Controllingerfolg

Wenn sich Mitarbeitende nicht mehr engagieren, nimmt die Arbeit im Controlling zu

Hans R. Hässig, Roland F. Stoff
Zu den Controlleraufgaben zählt es, Abweichungen festzustellen, zu analysieren und mit nachvollziehbaren Argumenten zu korrigieren. Bei diesen Prozessen wird oft vergessen, dass die Gründe von Abweichungen zur Zielformulierung oft darin liegen, dass die Beteiligten ein "Gewisses Engagement" vermissen lassen.

Anzeichen für schwindendes Engagement

Erste Anzeichen dafür sind, wenn statt Engagement folgende Redewendungen als Argumente vorgetragen werden: 
  • "Ist nicht mein Bier"
  • "Geht mich nichts an"
  • "Wer ist schuld"
  • "Ich weiss es nicht"
  • "Man muss halt schauen"
  • "Machen wir später"
  • "Ich hab keine Zeit"
  • "Es nützt sowieso nichts"
  • "Warum immer ich?" 


Tiefer greifende Ursachen könnten aber auch im organisatorischen Umfeld liegen, deren Sinn und Zweck nicht verstanden wird. Dadurch kann sich kein Antreiber/keine Identifikation entwickeln, der/die zielführend ist. Um eine Transparenz für einen allgemeinen Antreiber herzustellen braucht es minimale, aber verständliche Formulierungen der Unternehmenstätigkeit und deren Zweck. Nämlich: 
  1. Was soll verwirklicht werden?
    (Beschreibung der Ausrichtung und des Zwecks) 
  2. Welche Vereinbarungen versprechen und halten wir ein?
    (Produktbeschrieb, Dienstleistungen, und deren konkreten Nutzen oder Wirkung)
  3. Wie erbringen wir unsere Dienstleistung oder stellen wir unsere Produkte her?
    (Qualität, Prozesse und Nachhaltigkeit) 

In der Regel werden die Antworten in der Vision, der Strategie, im Leitbild und in den Führungsgrundsätzen abgebildet, die leider in den Schubladen oder im Intranet verstauben. Trotzdem sind diese Dokumente verbindlich. Gestützt auf deren Inhalt, gelten sowohl für die Kernaufgabe des Controllers als auch für seine Klienten drei Grundsätze, die Engagement fördern und die Zielfokussierung unterstützen: 
  1. Machbare und Verständliche Ziele formulieren
    Die Unpräzise und unvollständige Sprache im Auftritt schafft Konflikte. Anglizismen bringen Unsicherheit, wenn die Umgangssprache Deutsch ist. 
  2. Integrität und Loyalität vorleben und bei anderen anerkennen
    Mangelnde Bekenntnisse zu Werten, die im Leitbild stehen, fördern Unglaubwürdigkeit. Versprechen und Handlungen müssen für den Kunden und die Mitarbeitenden überprüfbar sein. 
  3. Nur das versprechen, was auch eingehalten werden kann
    Je schneller die Organisation wächst, desto schneller vernachlässigt sie den Dienst am Kunden. Im Detail liegt der Teufel der Verbindlichkeit und des Vertrauens. 

Die nachfolgenden Beschreibungen sollen Beziehungen aufzeigen, weshalb ein Engagement nicht selbstverständlich ist. 

Wenn ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, wurde vereinbart, dass eine bestimmte Leistung für ein definiertes Entgelt erbracht werden muss. Die Erwartungshaltung des Arbeitgebers geht jedoch über die schriftliche Vereinbarung hinaus. Er erwartet vernetztes Denken, Einfühlungsvermögen, Offenheit, Flexibilität, ständige Bereitschaft zu Mehrarbeit, Eigeninitiative, Loyalität und Vieles mehr. 

Diese Erwartungen werden zusammengefasst Engagement genannt und sind nicht im Arbeitsvertrag vermerkt, weil sie nicht gemessen und angeordnet werden können. Engagement ist eine Haltung, die maßgeblichen Einfluss auf die Qualität und die Quantität der Arbeit nimmt. Sie prägt auch das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Engagement ist nicht selbstverständlich. Um diese Energie zu fördern braucht es ein bewusstes Umfeld, das Identifikationsmöglichkeiten zulässt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die drei Stufen, die zu einem selbstverständlichen Engagement führen können.

Die drei Stufen zum selbstverständlichen Engagement

Engagement_Controlling.png
Abb.: Hässig/Stoff

Engagement hat auch etwas mit Mitarbeiterbindung zu tun. Mitarbeitende, welche sich nicht mehr stark mit dem Arbeitgeber identifizieren können oder wollen, machen im besten Falle nur noch Dienst nach Vorschrift. Die Lebendigkeit der Organisation nimmt ab und die Kosten für Rekrutierungen nehmen zu. 

Studie: Zwei Drittel leisten Dienst nach Vorschrift

Das Beratungsunternehmen Gallup veröffentlicht alljährlich einen Engagement Index. Dieser wies 2015 aus, dass mehr als zwei Drittel der Beschäftigten (70 %) zu den gering gebundenen Mitarbeitenden zählen und Dienst nach Vorschrift machen. Die hohe Zahl von "inneren" Kündigern kostet die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 73 und 95 Mrd. Euro. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Gallup Engagement Index. 

Weil die emotionale Mitarbeiter-Bindung unmittelbar vom Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten beeinflusst wird, muss der Fokus auf die Führungskräfte gelegt werden. Ein Viertel der befragten Arbeitnehmer hat schon einmal seine Arbeitsstelle wegen eines Vorgesetzten gekündigt, um das eigene Wohlbefinden zu verbessern. Verschiedene Gallup Studien haben ergeben, dass nur ein geringer Teil der Menschen für eine Führungsposition geeignet ist. 

Emotional nicht gebundene Mitarbeiter fehlen öfter

Erfahrungen und fachliche Kompetenzen sind zwar von Vorteil für eine Position als Führungskraft, dennoch ersetzen sie nicht das nötige Talent. Darüber hinaus weisen emotional nicht gebundene Mitarbeiter im Schnitt fünf Tage mehr Fehlzeiten auf, als ihre emotional hoch gebundenen Kollegen. Diese Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland. Die Resultate der Gallup Studien haben sich seit 2001 nicht wesentlich verändert. 

Dies zeigt uns, dass man sich nach wie vor an gewohnte Management Methoden hält. Stellt sich hier nicht die Frage, das Führungsverhalten der Vorgesetzten stärker über die Unternehmenskultur zu beeinflussen? Wenn sich das Führungsverhalten der Vorgesetzten nachweislich so negativ auf die Mitarbeiterbindung auswirkt, bestehen zwangsläufig in vielen Unternehmenskulturen Disharmonien – und die Controller müssen diese ausbaden.




letzte Änderung H.R.H.U.R.F.S. am 25.05.2022
Autor:  Hans R. Hässig, Roland F. Stoff
Bild:  © panthermedia.net / Andriy Popov


Autor:in
Herr Hans R. Hässig und Roland F. Stoff
Hans R. Hässig und Roland F. Stoff sind Autoren des Buches "Unternehmenskultur verstehen" (s. Literaturhinweis). Sie haben langjährige Erfahrung als Führungskräfte auf Geschäftsleitungsebene in KMUs, auf Konzernebene im In- und Ausland, in der Industrie, der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen. Mit ihren Instrumenten machen sie Unternehmenskulturen sichtbar und prüfen diese auf Ihre jeweilige Authentizität.
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