Jede rechtschaffene Firma hat ein Leitbild und sich damit schriftlich ein Gewissen auferlegt. Es beinhaltet Zielsetzungen und die damit verbundene Art und Weise, wie das Ziel zu erreichen ist. Für Mitarbeitende dient es als Orientierung und als Anleitung für eine integere und loyale Haltung.
Als zusätzliche Leistungsanreize werden messbare
Teilziele mit Bonifikation verbunden. Das Verhalten (die Art) und die Methode mit den Fähigkeiten (die Weise) werden in der Mitarbeiterbeurteilung zwar abgerechnet, haben aber wenig Einfluss auf die Bonifikation. Lob und Anerkennung oder Beförderungen, welche nur einmal im Jahr ausgesprochen werden, wirken selten durchdringend. Über diese Erfahrung muss der Mitarbeitende entscheiden, ob er sich voll auf das
Erreichen der Bonifikation konzentrieren soll oder sich für den
Weg mit den Tugenden Loyalität und Integrität entscheidet. Dieser oft anzutreffende Gewissenskonflikt beruht auf einem unklaren Leitbild oder einem Leitbild das nicht dem Geschäftsalltag entspricht.
Weshalb ist das so? Ein Leitbild findet dann keine Beachtung wenn
menschliche Werte wie Integrität und Loyalität nicht konsequent gefordert und belohnt werden.
Wenn bloß monetäre Anreize gepflegt werden, verschwindet jedes Leitbild in der Schublade. Weitere Gründe dafür sind oft auch die komplizierte Schreibweise, die oberflächlichen Formulierungen und unverbindlichen Zielsetzungen. Sie beinhalten sehr oft nicht erfüllbare Ansprüche. Der Hauptgrund eines wirkungslosen Leitbildes ist jedoch, dass bei Nichtbefolgen keine Konsequenzen daraus abgeleitet werden, weder gegenüber den Fehlbaren noch gegenüber den Verfassern. In der Firma übernimmt demnach niemand Verantwortung.
Aus dieser Erkenntnis lassen sich Fragen ableiten weshalb es trotzdem lohnt das Leitbild umzusetzen. Dabei steht die Würde aller Beteiligten im Vordergrund. Sie widerspiegelt sich in der Glaubwürdigkeit von Vorgesetzten, der Identifikation und Integrität von Mitarbeitenden. Sie wäre gemäß Gesetz für jeden unantastbar, d.h. sie muss erhalten und gepflegt werden, da sie die Persönlichkeit eines jeden betrifft. Fragen der Glaubwürdigkeit irritieren jede Unternehmenskultur, wie z. Bsp.:
- Wie kann ein Vorgesetzter auf dem Einhalten von mündlichen Anordnungen bestehen, wenn das Leitbild von der Geschäftsleitung selbst ignoriert wird?
- Wie attraktiv ist eine Beförderung, wenn sie nicht auf das verbindliche Einhalten der Bedingungen gemäss Leitbild zurückzuführen ist?
- Wie glaubwürdig ist das Management, wenn sich das Marketing auf die Werte des Leitbildes beruft, dieses jedoch weder intern noch extern eingehalten werden?
Das Leitbild wird nicht durchgesetzt, da Eigennutz oft lohnenswerter erscheint, als Gemeinsinn. Aber das Leitbild hat als Kernfunktion Ziel und Zweck, eine Gemeinschaft auf gemeinsame Ziele auszurichten. Wer aber leidet im Alltag unter der Nichteinhaltung des Leitbildes und was kostet diese Haltung?
Aus der Sicht des Kunden:
- Die Firma nimmt mich nicht ernst
- Das Produkt hält nicht was versprochen wurde
- Ich traue der Firma nicht mehr
- Ich werde zur Konkurrenz gehen, ich habe genug
Aus der Sicht des Mitarbeitenden:
- Wir haben stets dieselben Probleme, aber weiterleiten nützt nichts.
- Ich entscheide lieber nicht, weil es der Firma etwas kostet und weil ich sonst wieder schuld bin.
- Wir sind zu wenig Leute für die vielen Reklamationen. Die "Oberen" wissen es, tun aber nichts.
- Ich mache meine Arbeit, alles Andere geht mich nichts an.
Aus der Sicht der Führung:
- Wir beauftragen externe Firmen mit Mitarbeiterbefragungen und diese weisen grundsätzlich gute Werte aus. Die hohe Fluktuation hat andere Gründe.
- Wenn sich unsere Mitarbeitenden mehr anstrengen, werden unsere Werte bei Kundenbefragungen auch besser. Schliesslich geben wir für Schulungen viel Geld aus.
- Ich als Führungskraft halte mein Budget ein und muss meine Ziele erreichen. Daran werde ich gemessen und nicht am Leitbild.
Diese Haltung zeigt sich oft bei Austrittsgesprächen von Mitarbeitenden, Mitarbeiterbeurteilungen, Mitarbeiter- und Kundenbefragungen, denen jedoch leider zu wenig Beachtung geschenkt wird, da sie als Einzelfälle abgetan werden.
Abb. 1: Unpräzise Aufträge haben Folgen (Hässig/Stoff)
Ein
Leitbild konsequent umzusetzen ist anspruchsvoll, weil es mit Erziehung, Vorbildfunktion und Überzeugungsarbeit zu tun hat, die immer mit Konsequenzen verbunden sind. Deshalb sind
regelmässige Kontrollfragen in den verschiedensten Bereichen unabdingbar. An den Antworten ist erkennbar, wie die Umsetzung des Leitbildes erfolgt. Z. Bsp.:
- Sind Mitarbeitende befähigt, Beanstandungen im Kundendienst selbständig zu erledigen?
- Zeigt die Auswertung der Austrittsgespräche Dissonanzen zum Leitbild auf?
- Kann die Auswertung der Mitarbeiterbeurteilung folgende Resultate ausweisen?
- Eine Normalverteilung der Leistungsbewertung (Gauss’sche Kurve)?
- Mehr Fortbildungs- als Beförderungsanträge?
- Mehr Vorschläge, Verbesserungen und andere Innovationsgedanken, als Lohn.-und Beförderungsanträge?
Einfache
Regeln helfen ein Leitbild im Alltag durchzusetzen:
- Ist ein Entscheid/Auftrag eindeutig, klar und nachvollziehbar formuliert?
Wer macht was, weshalb, womit, bis wann?
- Sind die dafür benötigten Mittel vorhanden?
Welche fachlichen, disziplinarischen und finanziellen Kompetenzen braucht es dazu?
- Ist die Ausführbarkeit gegeben?
Sind die Zeit- und Ressourcenvorgaben einhaltbar?
- Wer überprüft und bewertet die Qualität der Arbeit und die Haltung der Ausführenden?
Wurden die Ziele erreicht? Wurde das Bedürfnis des Empfängers befriedigt?
Sinn und Zweck eines Leitbildes lassen sich über
5 Werte steuern:
"Zielorientierung, Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Wirksamkeit, Menschlichkeit"
Dies sind die 5 Säulen, welche den Geschäftserfolg garantieren. Dass sie damit jeder Unternehmung eine Identität geben und sich Mitarbeitende und Kunden daran orientieren können, ist unbezahlbar.
Ein Leitbild ist ein verbindlicher Rahmen, in dem sich alle Mitarbeiter einer Organisation – einschliesslich der Führenden – bewegen sollen, um zu einer sinnvollen, gemeinsamen Ausrichtung zu kommen. Ein Leitbild beschreibt das wertebasierte Denken und Handeln als Fundament der Unternehmenskultur. Es leitet sich aus der Vision und von der Strategie ab, konkretisiert und institutionalisiert diese. Die Unternehmenskultur wird im Leitbild beschrieben. Die Führungsgrundsätze widerspiegeln die Art und Weise, wie das Leitbild bis auf die unterste Stufe umgesetzt wird.
Mit dem Leitbild und den Führungsgrundsätzen werden
klare Richtlinien, wie Handlungsweisen, Spielregeln und Freiräume, festgelegt. Die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden, den Kunden und den Lieferanten kommt damit ebenfalls zum Ausdruck. Damit entsteht eine kollektive Sicherheit im Handeln. Das Leitbild und die Führungsgrundsätze werden nicht nur von den Mitarbeitern, sondern auch von Kunden und Lieferanten gelesen. Es ist das «Gesicht» des Unternehmens, klar und unverwechselbar.
Es lohnt das Leitbild durchzusetzen, weil damit Vorgesetzte glaubwürdig werden. Sie beeinflussen damit die Unternehmenskultur massgeblich über den Gemeinsinn (Identität), über die Haltung der Verbindlichkeit (gegenseitiges Vertrauen) und die Stabilität der Beziehungen (Planungssicherheit). Dadurch erhalten Controllingresultate und die daraus abgeleiteten Handlungsoptionen Authentizität und Bedeutsamkeit.
letzte Änderung H.R.H.U.R.F.S.
am 25.05.2022
Autor:
Hans R. Hässig, Roland F. Stoff
Bild:
panthermedia.net / Jirsak
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Autor:in
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Herr Hans R. Hässig und Roland F. Stoff
Hans R. Hässig und Roland F. Stoff sind Autoren des Buches "Unternehmenskultur verstehen" (s. Literaturhinweis). Sie haben langjährige Erfahrung als Führungskräfte auf Geschäftsleitungsebene in KMUs, auf Konzernebene im In- und Ausland, in der Industrie, der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen. Mit ihren Instrumenten machen sie Unternehmenskulturen sichtbar und prüfen diese auf Ihre jeweilige Authentizität.
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