Das
Working Capital Management kann als
Instrument bzw. ganzheitlicher Ansatz zur Verbesserung der
Liquidität und
Rentabilität eines Unternehmens eingesetzt werden. Hierbei wird durch die Optimierung der sogenannten
Financial Supply Chain, also der finanziellen Ströme eines Unternehmens, eine Reduzierung des
Working Capital (Nettoumlaufvermögens) angestrebt
.
Verbesserungspotenzial bietet sich hier primär in der Optimierung der Vorratsbestände und des Debitoren- und Kreditorenmanagements. Das
Working Capital Management basiert auf dem Konzept des
Cash Conversion Cycle. Dieses Konzept verdeutlicht die
Kapitalbindung im Laufe des Umsatzprozesses. Das in Vorräten, z.B. Rohstoffen, und Forderungen gebundene Kapital wird erst bei Bezahlung der produzierten Ware durch den Kunden wieder in liquide Mittel transformiert. Erst dann steht dem Unternehmen das Kapital wieder in Form von liquiden Mitteln, z.B. für Investitionen zur Verfügung.
Die Aufgabe des Working Capital Management besteht daher darin, bestimmte
Prozesse zu optimieren und dadurch die
Kapitalbindung zu reduzieren. Dies wird hier insbesondere durch die Erhöhung der Aussenstandstage der Verbindlichkeiten (Days Payables Outstanding – DPO) sowie der Reduktion der Dauer der Lagerhaltung (Days Inventory Outstanding – DIO) und der Zeitspanne der ausstehenden Forderungen (Days Sales Outstanding – DSO) angestrebt.
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Die Kapitalbindung ergibt sich aus der Dauer der
Lagerhaltung addiert mit den Außenstandstagen der Forderungen abzüglich der Außenstandstage der Verbindlichkeiten. Die einzelnen
Prozesse haben also unmittelbaren Einfluss auf die Kapitalbindung. Aus der nachfolgenden Abbildung 1 ist die Kapitalbindung im Zeitverlauf beginnend beim Mitteleinsatz für den Kauf von Rohstoffen bis zum Mittelzufluss durch den Verkauf der fertigen Erzeugnisse dargestellt.
Zur
Analyse des Working Capital und einem Vergleich mit anderen Unternehmen bzw. im Zeitvergleich mit vergangenen Perioden sind verschiedene Kennzahlen notwendig. Nachfolgend werden die hier im Bereich der Lagerhaltung sowie des
Forderungen- und Verbindlichkeitenmanagements primär verwendeten Kennzahlen (1-3) und deren Berechnungsweise aufgeführt.
(1) Days Inventory Outstanding (DIO):
Lagerwert × 360
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Netto Umsatzerlöse
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(2) Days Sales Outstanding (DSO):
Durchschnittliche Forderungen aus L.u.L. × 360
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Netto Umsatzerlöse
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(3) Days Payable Outstanding (DPO):
Durchschnittliche Verbindlichkeiten aus L.u.L. × 360
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Materialeinsatz + Fremdleistungen
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Diese Kennzahlen bzw. die dazugehörigen Prozesse müssen vom
Finanz- und
Liquiditätscontrolling eines Unternehmens regelmäßig analysiert und kontrolliert werden. Definierte Zielwerte für die einzelnen Bereiche sind auf ihre Einhaltung bzw. den
Grad der Zielerreichung zu überprüfen. Hierzu kann z.B. ein standardisiertes Working-Capital-Berichtswesen (Working Capital Report) eingeführt werden.
Zur
Beeinflussung und
Optimierung der ermittelten Werte bieten sich zahlreiche Möglichkeiten. Im Bereich des Managements der Verbindlichkeiten (Purchase to Pay), also dem Zahlungsausgang, kann eine Verbesserung erreicht werden, indem der Zahlungszeitpunkt verlagert wird, also die Zahlungsfristen ausgereizt werden, wobei hier auch die entgangenen Skontoerträge zu berücksichtigen sind. Dies kann z.B. durch standardisierte Zahlungsläufe zu festgelegten Zeitpunkten (Zahlungstermine) erreicht werden. Weitere Optimierungsmöglichkeiten liegen z.B. in der bedarfsgerechten Lieferung, z.B. Just in Time, oder in der Einrichtung eines Konsignationslagers.
Im Bereich der Forderungen (
Order to Cash), also dem Zahlungseingang, wird ein möglichst frühzeitiger Eingang der liquiden Mittel angestrebt. Dies kann durch ein zielgerichtetes
Forderungsmanagement erreicht werden, insbesondere durch ein konsequentes
Mahnwesen, und diesbezüglich z.B. durch die Einbindung der Vertriebsabteilung in Bezug auf die Reduktion hoher Außenstände, durch Einführung von Grenzen hinsichtlich der
Bonität der
Debitoren und durch eine Fakturierung, die termingenau durchgeführt wird. Weitere Möglichkeiten bieten der Verkauf von Forderungen (
Factoring) oder die Gestaltung der Zahlungsbedingungen, also z.B. Anzahlungen oder Vorauskasse. Auch eine fristgerechte Lieferung, die Verringerung der Reklamationsquote der abgesetzten Produkte und eine Vermeidung von Fakturierungsfehlern können zur Verbesserung beitragen.
Zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten bietet auch der Bereich des Lagermanagements (
Forecast to Fulfill). Hier wird eine möglichst
geringe Vorratsbestandshaltung anvisiert. Dadurch werden Lagerkosten reduziert bzw. Opportunitätskosten hinsichtlich des Kapitals, welches im Lagerbestand gebunden ist, minimiert. Als Verbesserungsmaßnahmen sind hier insbesondere die Verringerung der
Durchlaufzeiten, die Reduzierung der Sicherheitsbestände auf ein Mindestmaß und die Minimierung der
Ausschuss- bzw. der Fehlerquote zu nennen.
Auch eine Optimierung der
Ablauf- und Organisationsstrukturen im
Lager- und Produktionsbereich, also auch der Transportwege und Zwischenlager, sowie der Sortimentspolitik bieten Verbesserungspotenzial. Die Optimierung des gesamten Produktionsprozesses sowie der Ausfallrate von Maschinen und anderen technischen Geräten ist eine weitere Verbesserungsmaßnahme, die hier Anwendung finden kann.
Optimierungsmaßnahmen, insbesondere im Rahmen des
Forderungs- und Verbindlichkeitenmanagements, sind jedoch so zu gestalten, dass Geschäftsbeziehungen, insbesondere mit strategisch wichtigen Kunden und Lieferanten, nicht negativ beeinflusst bzw. zerstört werden.
Durch konsequentes Working Capital Management kann eine Optimierung der
Bilanzstrukturen erzielt werden. Das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital verbessert sich im Zuge der Verringerung des im
Umlaufvermögen gebundenen Kapitals. Eine so herbeigeführte
Bilanzverkürzung hat, insbesondere im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen durch die Baseler Abkommen, positive Auswirkungen auf die Finanzierungssituation eines Unternehmens bzw. die Bewertung (Rating) durch externe Kreditgeber.
Dies ist insbesondere auch für
mittelständisch geprägte
Unternehmen auf Grund der hier oft schwierigen Finanzierungssituation, bzw. der besonderen Berücksichtigung des Eigenkapitalanteils (Eigenkapitalquote) bei der Fremdkapitalvergabe durch Kreditinstitute, von Bedeutung. Die Auswirkungen einer solchen Bilanzverkürzung, also der Reduzierung des im Umlaufvermögen gebundenen Kapitals, werden in der nachfolgend dargestellten Abbildung 2 verdeutlicht.
Working Capital Management bietet Unternehmen, auch bei lediglich partieller Umsetzung, wie z.B. in kleineren Unternehmen, umfangreiches Optimierungspotenzial: zusätzliche Liquidität, eine Erhöhung der Rentabilität und, durch die Bilanzverkürzung und -optimierung, auch eine Verbesserung der Finanzierungssituation sowie der
Bewertung (Rating) durch externe Kapitalgeber.
Dieser Fachbeitrag stammt aus dem Buch "Aus der Krise steuern – Differenziertes Finanz- und Liquiditätscontrolling für mittelständische Automobilzulieferer" von Thorsten Steffens, erschienen Oktober 2009 im Tectum Wissenschaftsverlag, Marburg (s. Literaturhinweise).
letzte Änderung Thorsten Steffens Dipl.-Kfm. (FH)
am 11.08.2023
Bild:
Thorsten Steffens
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07.03.2012 11:54:27 - Gast
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