Self-Reporting – auch Self-Service-Business-Intelligence (SSBI) oder Self-Service-Controlling - ist ein wichtiger Trend im Zuge der Digitalisierung in Unternehmen und im Controlling. Self-Reporting bietet Managern die Möglichkeit, sich Berichte oder Kennzahlen selbst so zusammenzustellen, wie sie es für richtig halten bzw. sie sie benötigen. Damit stellt sich für Controller die Frage, ob sie ein bisher wichtiges Aufgaben- und Arbeitsfeld verlieren.
Bleiben also in Zukunft "nur" noch Planung, Kontrolle und Steuerung und sind so Controller potenziell von Arbeitslosigkeit bedroht? Oder führt der Trend zum Self-Reporting im Gegenteil sogar dazu, dass für Controller die Aufgabenfülle zunimmt? Der Beitrag versucht eine Einordnung und zeigt, wohin die Reise aus heutiger Sicht gehen kann, auch wenn viele Dinge noch im Fluss sind und sich laufend verändern.
Trend zum Self-Reporting nimmt rasend schnell zu
Bis vor kurzem wurde das Thema
Reporting und Kennzahlen noch mehr oder weniger vollständig vom
Controlling vereinnahmt. Das heißt: Im Idealfall haben Fachabteilungen und Controlling sich darüber verständigt, welche Berichte und Kennzahlen wem in welchen Abständen vom Controlling bereitgestellt wurden.
Zusätzlich wurden als wichtig erachtete Berichte und Kennzahlen z.B. im Rahmen von Geschäftsleitungsrunden vorgestellt und über die Ergebnisse diskutiert. Das Controlling hat hier vor allem Daten gesammelt, erste Analysen durchgeführt, die Resultate kommentiert und bei Abweichungen gemeinsam mit den Fachbereichen nach
Verbesserungsmöglichkeiten gesucht.
Individuelle Berichte und Kennzahlen quasi auf Knopfdruck möglich
Mit der Digitalisierung und der Möglichkeit, immer mehr Daten quasi automatisch zu Berichten und Kennzahlen zusammenzustellen, verschieben sich die
Tätigkeitsschwerpunkte: Moderne Programme ermöglichen es Fach- und Führungskräften, ohne Hilfe z.B. des Controllings auf eine theoretisch beliebige Anzahl an Informationen, Zahlen und Kenngrößen jederzeit zugreifen zu können. Manager können sich selbstständig Berichte so erstellen, wie sie es sich wünschen. Und häufig werden die erreichten Resultate zumindest im ersten Schritt von den Empfängern bzw. Erstellern interpretiert und als
Entscheidungshilfe genutzt.
Auf den ersten Blick werden Controller damit nicht mehr für die Erstellung von Berichten und Co. benötigt und verlieren einen wichtigen Teil ihrer bisherigen Arbeit. Dieser Trend wird auch dadurch verstärkt, dass Manager ohnehin seit langem mit großen Teilen des
Reportings unzufrieden sind. Einige Studien, etwa von Horváth & Partners, zeigen, dass fast die Hälfte der Manager meint, dass z.B. die Erstellung von Berichten zu lange dauert, sie zu umfangreich sind, die falschen Informationen enthalten und auch, dass der
Zukunftsbezug fehlt. Zudem wünschen Manager sich auch kurzfristig Informationen, die ihnen bei der
Entscheidungsfindung helfen, außerhalb "klassischer" Reporting-Zyklen und standardisierter Strukturen.
Vor- und Nachteile von Self-Reporting
Self Reporting bietet für Manager und Controller u.a. diese wesentlichen
Vor- und Nachteile, wobei die Vorteile häufig aus Sicht des Managements und die Nachteile eher aus Sicht des Controllings zu sehen sind:
Vorteile
|
Nachteile
|
Ständige Verfügbarkeit von Zahlen und Informationen
|
Zunehmende Wünsche und Anforderungen von Führungskräften auf Grund einfacher Verfügbarkeit von Daten
|
Abruf von wirklich benötigten Informationen
|
Verlust an Transparenz, wenn es immer mehr Kennzahlen und Berichte gibt
|
Berichtswesen wird an Dynamik und Volatilität angepasst
|
Schwierige Vergleichbarkeit von Zahlen, wenn kein "Single Point of Truth" (SPOT) definiert ist. SPOT bedeutet etwa: einziger Punkt der Wahrheit. Dabei geht es darum, im Unternehmen einen Datenbestand zu haben, der den Anspruch erfüllt, richtig zu sein und auf den man sich verlassen kann. Es muss also eine Datenbasis vorhanden sein, auf die alle Systeme zugreifen und so z.B. sicherstellen, dass Umsatzzahlen, die miteinander verglichen werden sollen, sich immer auch auf die gleiche Zeit beziehen und dass es nicht dazu kommt, dass man Zahlen unterschiedlicher Tageszeiten miteinander vergleicht. Ist das der Fall, unterscheidet sich z.B. die Umsatzrendite am Mittag von der vom Abend.
|
Keine Notwendigkeit der Rücksprache mit dem Controlling
|
Je kürzer die Darstellungszeiträume, desto größer das Risiko, dass Zufallsschwankungen die Ergebnisse verzerren
|
Tendenziell einfache technische Realisierung
|
Ohne klare Rahmenbedingungen steigt das Risiko von Fehlentscheidungen
|
Ein-/Anbindung weiterer IT-Systeme (auch extern) möglich
|
Steigende IT-Kosten, Anschaffung und Pflegekosten
|
Weit gehender Verzicht auf bisher übliche Ad-Hoc-Berichte
|
Nicht alle Mitarbeiter haben ausreichende IT-Kompetenzen
|
Informationen unabhängig von Standort, Endgeräten und Zeit
|
Ohne Controlling fehlende Einordnung oder Interpretation von Ergebnissen
|
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich
Manager mehr Flexibilität bei der Erstellung von Berichten und Kennzahlen, schnelle Antworten auf Ad-Hoc-Fragen, mehr Gestaltungsmöglichkeiten und eine weit gehend selbstständige Entwicklung von Daten- und Analysemodellen wünschen.
Controller hingegen sind eher an nachvollziehbaren Strukturen und Regeln, verbindlichen Vorgehensweisen für alle Beteiligten, klaren Definitionen (z.B. in Bezug auf die Zusammensetzung von Kennzahlen) oder auch an der Einhaltung von
Datensicherheit und –schutz interessiert (Stichworte z.B. DSGVO und GOBD).
Letzte Änderung W.V.R am 24.07.2023
Autor(en):
Jörgen Erichsen
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserem Newsletter
Tragen Sie sich für den
kostenfreien und unverbindlichen
Newsletter von Controlling-Portal.de ein und erhalten Sie jeden Monat aktuelle Neuigkeiten für Controller. Wir informieren Sie über neue Fachartikel, über wichtige News, aktuelle Stellenangebote, interessante Tagungen und Seminare. Wir empfehlen Ihnen spannende Bücher und geben Ihnen nützliche Excel-Tipps. Verpassen Sie nie mehr wichtige Diskussionen im Forum und stöbern Sie in Software-Angeboten, die Ihnen den Arbeitsalltag erleichtern.
Beispiel-Newsletter >>
Jetzt Newsletter gratis erhalten
Eigenen Fachbeitrag veröffentlichen?
Sie sind Autor einer Fachpublikation oder Entwickler einer Excel-Vorlage? Gern können Sie sich an der Gestaltung der Inhalte unserer Fachportale beteiligen! Wir bieten die Möglichkeit Ihre Fachpublikation (Fachbeitrag, eBook, Diplomarbeit, Checkliste, Studie, Berichtsvorlage ...) bzw. Excel-Vorlage auf unseren Fachportalen zu veröffentlichen bzw. ggf. auch zu vermarkten.
Mehr Infos >>