Bedeutung von Patenten für Management und Controlling
Aus Sicht der Unternehmensführung und des
Controllings sind Patente für künftige marktfähige Produkte und Leistungen
Erfolgspotenziale eines Unternehmens. Sie sind damit Quellen künftigen Erfolgs (Wettbewerbsvorteils), falls mit den Potenzialen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers umgegangen wird (vgl. Buchtela et al. 2010, S. 1). Das Management bedarf hier einer
professionellen Unterstützung, um Stellenwert und Nutzen des immateriellen Vermögens für den künftigen, nachhaltigen Unternehmenserfolg zu erkennen und systematisch zu regeln. Im vorliegenden Beitrag soll gezeigt werden, wie dies durch Controlling erfolgen sollte.
Immaterielles Vermögen
Immaterielle Güter (
Intangibles) können – negativ abgegrenzt – als nicht-monetäre, unkörperliche Werte definiert werden. Handels- und Steuerrecht sprechen von "
immateriellen Vermögensgegenständen" bzw. "immateriellen Wirtschaftsgütern". Sie stellen abstrakt aktivierungsfähige Werte dar und sind enger definiert als der Begriff "
immaterieller Wert". Ein immaterieller Vermögenswert ist laut IAS 38.8 "ein identifizierbarer, nicht monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz". Sie können als
Ressourcen verstanden werden, die unter der Beherrschung des Unternehmens stehen und ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen (vgl. IAS 38.13-15 und IAS 38.17) erwartet werden kann. Immaterielle Vermögensgüter wurden schon immer als nicht konkret greifbarer Posten der
Bilanzierung angesehen. So bezeichnete Moxter bereits vor 30 Jahren die immateriellen Werte als "ewige Sorgenkinder des Bilanzrechts" (Moxter 1979, S. 1102).
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Das Patent
Patent (engl.: patent, franz.: brevet) heißt die
Urkunde (litterae patentes (offene Briefe, Urkunden, patens [lat.: offen darliegend]), durch die die ausschließliche gewerbliche Verwertung einer (neuen) Erfindung verliehen wird, und diese Berechtigung selbst. Nach § 1 Abs. 1 Patentgesetz (PatG) werden Patente für
Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Gemäß Abs. 2 werden Patente auch für Erfindungen, das aus biologischen Material besteht bzw. enthält erhält.
Ein Patent berechtigt den
Patentinhaber andere davon auszuschließen, das Objekt der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu bestimmten genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Bei einem
Verfahrenspatent erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch dieses Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. Die Dauer des Patentes beträgt 20 Jahre, die mit dem Tag beginnen, der auf die Anmeldung der Erfindung folgt (§ 16 Abs. 1 PatG).
Controlling von Patenten
Controlling verstehen wir als betriebswirtschaftlich fundierte normen-, strategie-, finanz-, markt-, prozess-, informations- und verhaltensorientierte
Regelung in Unternehmen. Zweck des Controllings ist das Leisten von Führungsunterstützung, um gemeinsam vereinbarte Unternehmensziele zu erreichen; es ist transparentes Monitoring (vgl. Eschenbach / Siller 2009, S. 40).
Unter
Monitoring verstehen wir die laufende, systematische Beobachtung und Überwachung bestimmter Ziele, Pläne, Prozesse und Ereignisse. Das hat
transparent zu erfolgen, d.h. alle Akteure sollen in ihrem Entscheidungsfeld über die
normative (d.h. unternehmenspolitische),
strategische (d.h. die Schaffung oder Erhaltung von Erfolgspotenzialen betreffend) und
operative (d.h. die Nutzung der Erfolgspotenziale betreffend) Position des Unternehmens informiert sein.
Das Controlling von Patenten muss sich auf folgende
Besonderheiten einstellen (vgl. Stoi 2003, S. 3 f.):
- Der Aufbau von immateriellem Vermögen in Form von Patenten erfordert hohe Investitionen bzw. F&E-Aufwendungen.
- Selbst erstellte Patente sind mangels objektiver Wertermittlung als Aufwand zu erfassen, obwohl durch die Erlangung von Patenten neue und grundsätzlich aktivierbare Güter bzw. Erfolgspotenziale (potenzielle künftige Erlöse) geschaffen werden.
- Im internen Patentmanagement sollten selbst erstellte Patente einer investitionsrechnerischen Beurteilung unterzogen werden, um die künftig zu erwartenden Marktbedingungen und erzielbaren Einzahlungsüberschüsse schätzen zu können.
- Dabei ist vor allem das höhere Risiko von Investitionen in Patente gegenüber materiellen Vermögenswerten zu berücksichtigen, zumal sie i.d.R. am Beginn eines Produktlebenszyklus zu tätigen sind. Dies erfordert ein spezielles Risikomanagement für die Patentgewinnung.
- In Krisenzeiten besteht oft die Versuchung, F&E-Kosten einzusparen; dies bringt kurzfristig Liquidität und geringeren Aufwand, strategisch ist dies aber kontraproduktiv.
Beim
strategischen Controlling von Patenten geht es – im Rahmen der Unternehmens- bzw. Innovationsstrategie – um einen eigenen
Regelungsmechanismus (Regelkreis) und um folgende Teilaufgaben (vgl. Bischof 2008, S. 25), die als Vorleistungen des Controllings zur Bilanzierung immaterieller Werte sind:
- Identifikation und Analyse
- Das Controlling muss ermitteln und analysieren, welche potenziellen oder bereits angemeldeten Patente nach Art, Ausmaß und Erfolgswahrscheinlichkeit im Unternehmen vorhanden sind.
- Steuerung der Patentgewinnung
- Das Controlling muss ein System entwickeln, implementieren und betreiben, mit dessen Hilfe bei potenziellen Patenten die Patentgewinnung geplant (Ideenmanagement) und vorbereitet, und bei bestehenden Patenten die optimale Weiterentwicklung und Verwertung gestaltet werden kann.
- Bewertung von Patenten
Das Controlling muss ermitteln, welchen
qualitativen bzw.
monetären Wert ein Patent haben kann bzw. hat.
Das auf der operativen Ebene folgende und mit dem strategischen Controlling vernetzte operative Controlling von Patenten befasst sich schwerpunktmäßig mit
Projektauswahl und -controlling von F&E-Projekten, mit F&E-Budgets, Businessplänen für Patentierungsprojekte und mit der Messung der Leistung aufgrund erlangter Patente.
Abb. 1 zeigt schematisch den Prozess der Patentgewinnung und -verwertung und die wesentlichen Ansatzpunkte für eine Unterstützung durch Controlling.
Im Folgenden soll noch die praktisch wichtige Prozessstufe "
Bewertung" thematisiert werden.
Methoden der Patentbewertung
Der
Bewertungsprozess ist komplex, da es der Zusammenführung rechtlicher, ökonomischer, vor allem aber auch technischer Aspekte bedarf.
Methoden der quantitativen Bewertung
Hier sind drei
Bewertungsansätze zu nennen:
- Marktorientierte Bewertung
Sie basiert auf Werteinschätzungen von Markteilnehmern, die aus Angebot und Nachfrage resultieren. Voraussetzung für die Anwendung des marktorientierten Ansatzes ist ein aktiver Markt, öffentlich zugängige Preise und bereits eine Anzahl von ähnlichen Transaktionen zu Vergleichszwecken (vgl. PricewaterhouseCoopers AG 2008, S. 19).
- Kostenorientierte Bewertung
Hier gibt es zwei mögliche Ansätze:
- zu Reproduktionswerten und
- zu Wiederbeschaffungswerten.
Während bei Reproduktionswerten nur jene Kosten herangezogen werden, die entstehen würden, um ein exaktes Duplikat des Vermögenswertes herzustellen, geht es bei Wiederbeschaffungswerten um die Herstellung eines nutzenäquivalenten Vermögenswerts (vgl. PricewaterhouseCoopers AG 2008, S. 19).
- Ertragsorientierte Bewertung
Dieser liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert eines immateriellen Vermögenswertes aufgrund der Eigenschaft, künftige Cashflows zu erwirtschaften, ergibt (vgl. PricewaterhouseCoopers AG 2008, S. 19).
Bei der Cashflow-Prognose werden die direkt zurechenbaren Cashflows, sofern diese ermittelbar sind, mit einem risikoangepassten Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag diskontiert.
Kritische Würdigung der quantitativen Bewertungsmethoden (vgl. PricewaterhouseCoopers AG 2008, S. 22; vgl.
www.epo.org 2009a):
Die
kostenorientierte Methode ist zwar relativ einfach in der Anwendung, und F&E-Kosten sind ein nützlicher Indikator für Patente, deren künftiger Nutzen noch unklar ist. Andererseits fehlt jede Aussage betreffend des zukünftigen finanziellen Nutzens.
Die
marktorientierte Methode ist nur begrenzt einsetzbar, da kaum aktive Märkte für Patente vorliegen und i.d.R. kein Patent dem anderen gleicht. Allerdings spiegelt diese relativ einfache Methode die Markteinschätzung wider. Große methodische Schwächen der Ertragswertverfahren liegen in der Unsicherheit und Subjektivität der Annahmen über künftige Gewinne, Ausschüttungen und den Zinssatz.
Methoden der qualitativen Bewertung
Unternehmensinternes Patentmanagement und -controlling bedarf neben quantitativer Bewertung sachlich zwingend ergänzend einer Beurteilung nicht oder schwer quantifizierbarer Faktoren wie z.B. der Chancen und Risiken aufgrund der Patententwicklung bzw. -verwertung, Image oder der F&E- und der Patentqualität. Hier sind zwei
Scoring-Methoden zu nennen:
Dieses Modell wurde vom Arbeitskreis Patentrecht entwickelt (vgl. Busche 2006, S. 19 – 22). Anhand von zwei Bewertungsstationen, der Bewertung des Schutzrechts und der Bewertung des Produktmarkts, werden zwischen 0 und maximal 400.000 Punkte vergeben. Anschließend an die qualitative Patentbewertung kann daraus ein monetärer Patentwert abgeleitet werden.
Bewertungsstation 1 – Schutzrecht: Hier erfolgt die Analyse des Schutzbereichs, der Laufzeit, des Risikos einer Patentverletzung und der Wahrscheinlichkeit einer Patenterteilung. Für jeden dieser Faktoren gibt es maximal 10 Punkte. Abschließend werden die Scores der vier Faktoren addiert. Maximal erreichbar sind daher 40 Punkte.
Bewertungsstation 2 – Markt: Hier werden die vier Bereiche technische Realisierbarkeit, Wettbewerbs- und Nachfragesituation, Innovationsgrad sowie Image des Produkts analysiert. Jeder Bereich wird mit maximal 10 Punkten bewertet und die Scores werden multipliziert. Maximal erreichbar sind daher 10.000 Punkte.
Abschließend werden die Scores der beiden Stationen miteinander multipliziert: Das Ergebnis ist der Patentwert in Punkten. Ein durchschnittliches Patent kommt laut apud auf 12.500 Punkte.
IPscore umfasst 40 Bewertungsfaktoren, die jeweils auf einer Skala von 1 (= Min.) und 5 (= Max.) beurteilt werden (vgl. www.epo.org 2009b). Die 40 Bewertungsfaktoren sind in fünf Kategorien gegliedert:
- Geltungsbereich und Anfechtbarkeit
- Technologie
- Marktbedingungen
- Schätzung der künftigen Erträge und Cash-flows
- Offensive oder defensive Patentpolitik. Letztere wird z.B. gewählt, wenn es auf einen längeren als den 20-jährigen Patentschutzzeitraum rentabler erscheint, eine Technologie nicht anzumelden und nicht zu publizieren, wie das z.B. für die Rezeptur von Coca-Cola gilt, die seit Jahrzehnten geheim gehalten und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil von Coca-Cola ist.
Grundsätzlich sollte das Controlling mit Nutzwertanalysen mit Gewichtungen arbeiten. Das Problem des – allen qualitativen Methoden inhärente – hohen Maßes an Subjektivität des Bewerters sollte durch eine Bewertung im Team statt durch einen Einzelnen reduziert werden.
Download des vollständigen Beitrages:
Controlling von Patenten
letzte Änderung D.H.S.
am 26.08.2022
Autor:
Helmut Siller
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Autor:in
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Herr Dr. Helmut Siller
Der Autor ist selbständiger Unternehmensberater mit Fokus Controlling und Unternehmenskriminalität, Lektor an Hochschulen und Fachautor. Dr. Helmut & Bärbl Siller Betriebsberatung und Training
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