Die gemeinsame Studie "
Finanzierung im Mittelstand" mit dem Deloitte Mittelstandsinstitut der Universität Bamberg zeigt, dass die befragten Mittelständler über das Thema detailliert nachdenken. Laut Experten betreiben allerdings viele keine ausreichend professionelle
Finanzplanung vor allem mangelt es den Unternehmen an einer vollständig integrierten Finanzplanung.
Die vorhandenen
Finanzplanungen stellen häufig nur ein "Nebenprodukt" der Planungsprozesse dar. Die Unternehmen und externen Experten sind in puncto Kompetenz jedoch unterschiedlicher Auffassung: Während sich die Unternehmen gut aufgestellt sehen, tendieren die Experten zum Gegenteil. Mittelständler machen bisher kaum oder nur wenig Gebrauch von
Finanzierungsalternativen zum klassischen Bankenkredit – die Hausbank bleibt wichtigster Finanzpartner.
"Die
Märkte verändern sich – und der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, muss mithalten. Gerade in Finanz- und Finanzierungsfragen bedarf es aktuellem
Fachwissen und
Erfahrung, um zu guten Lösungen zu kommen", kommentiert Jürgen Reker, Partner und Leiter Mittelstand bei Deloitte.
Finanzplanung beiläufig
Finanzplanung wird häufig beiläufig, neben anderen Planungsprozessen betrieben – obwohl eine
Gesamtunternehmensplanung einschließlich integrierter Finanzplanung erforderlich wäre. Die Unternehmen setzen überwiegend auf Innenfinanzierung und langfristige Kredite. Hier sollte eine Überprüfung der Passgenauigkeit dieser mit den
strategischen Unternehmenszielen und den Finanzierungszielen stattfinden. Häufig zeigt sich, dass die Wahl des Finanzierungsmix nicht immer konsistent mit den genannten Zielen ist – auch deshalb, weil die Kompatibilitätsprüfung nicht oder nicht kontinuierlich durchgeführt wird.
Besonders im
Fördermittelbereich und bei Unternehmensanleihen, aber auch im
Leasing zeigen sich gute Alternativen zu den bisher eingesetzten
Instrumenten. Jedoch prüfen immerhin 29 Prozent der Befragten vermehrt alternative Finanzierungswege.
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Unabhängigkeit hat Priorität
Ein externes
Rating als
Finanzierungselement wird von 79 Prozent nicht in Betracht gezogen – und auch nicht als Einflussgröße gesehen.
Basel II führt nach Mehrheitsmeinung nicht zur Verschärfung ihrer Finanzierungssituation, doch gehen 40 Prozent von einer Verschlechterung durch Basel III aus.
Während der Einfluss von Steuern und Auslandsgeschäft unterschiedlich bewertet wird, herrscht weitgehend Einigkeit über den hohen Stellenwert der
Unabhängigkeit: Für 73 Prozent ist sie sehr wichtig. Das bedeutet aber auch, dass der unternehmerische Handlungsspielraum deutlich eingeschränkt ist, da so Wachstums- und
Investitionsvorhaben nicht vollständig realisiert werden können. Der
Wachstumsfinanzierung wird laut Studie die höchste Bedeutung beigemessen, hier haben 62 Prozent der befragten Unternehmen einen Finanzbedarf.
Finanzierung durch Eigenkapital/Kredite
Investitionen werden meist durch
Eigenkapital und Bankkredite finanziert – die
Eigenkapitalquote ist bis auf das Jahr 2011 seit 2005 kontinuierlich gestiegen. Der Mittelstand nutzt aber zu wenig Finanzierungsalternativen. Für über 60 Prozent bleibt die Hausbank wichtigster Finanzpartner – insbesondere ist sie für die Unternehmenseigentümer sehr wichtig.
Mehr als die Hälfte wollen trotzdem ihre Unabhängigkeit erhöhen, knapp 30 Prozent suchen aktiv nach einer
Diversifikation ihrer Bankbeziehungen. Insgesamt ist der Bankanteil an der Gesamtfinanzierung eher gering – größere Unternehmen nehmen Banken häufiger in Anspruch als kleinere. Drei Viertel sind mit der Beratung ihrer lokalen Bank zufrieden.
"Gerade weil der Bankkredit eine übergeordnete Bedeutung in der Finanzierung des Mittelstandes hat, ist eine
integrierte Finanzplanung und Vorbereitung auf den Finanzierungsprozess so wichtig. Verhandlungsprozesse verlaufen zunehmend digitaler, der Verhandlungsspielraum ist enger geworden und die Bereitschaft, einem Finanzierungsprozess "treu zu bleiben" hat abgenommen – auch bei den sogenannten Hausbanken," kommentiert Christian Ukens, Partner und Leiter Debt Advisory & Financial Restructuring Services.
Überwiegend bilaterale Verhandlungen
72 Prozent der Unternehmen nutzen
bilaterale Kredite und 20 Prozent Konsortialkredite. Die Eignung der verschiedenen Kreditarten hängt sowohl von Unternehmens- als auch Projektzweck und -größe ab. Aus Sicht der Befragten legen Kreditinstitute vornehmlich Wert auf nachprüfbare Größen wie belastbare
Bilanzkennzahlen (81%), ein funktionierendes
Reporting (74%) sowie Sicherheiten (69%). Vor allem die Rolle der
Covenants muss differenziert betrachtet werden. Auf Nachfrage gaben viele an, noch gar nicht in die Situation gekommen zu sein, Covenants nicht einhalten zu können. Hier könnte eine systematische Unterschätzung des Risikos vorlegen.
"Zwar ist der deutsche Mittelstand im aktuellen
makroökonomischen Spannungsfeld gut aufgestellt, dennoch wird sich die momentan labile internationale Konjunktur zunehmend durch höhere Planungsunsicherheit, Volatilität des Umlaufvermögens und Zurückstellung von Investitionen auswirken", betont Jürgen Reker.
"Des Weiteren führt die zunehmende Unsicherheit im Bankenumfeld und die überproportionale Kreditvergabe aus der Vergangenheit zu einer eingeschränkten oder
verzögerten Kreditvergabebereitschaft". Eine frühzeitige Planung von (Anschluss-)Finanzierung samt integrierter Mittelfristplanung ist unumgänglich, um eine professionellen Finanzierungsprozess frühzeitig initiieren und verbindlich realisieren zu können.
Quelle:
Deloitte
letzte Änderung E.R.
am 11.08.2022
Bild:
PantherMedia / Robert Kneschke
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