Die
business-orientierte Sicht einer Unternehmensarchitektur bietet die Möglichkeit, für IT- und Fachseite verständliche und beherrschbare Strukturen zu entwickeln. Darauf basierend können
Kostenstrukturen gebildet werden, die eine wertorientierte
Planung und Steuerung der
IT unter Berücksichtigung beider Dimensionen ermöglichen.
Abbildung 1 zeigt die verschiedenen
Schichten der
Unternehmensarchitektur. Für die
strategische Ausrichtung der IT ist jede Architekturschicht an der darüber liegenden auszurichten, damit Anforderungen vom Kunden zur Technologie transformiert werden (IT-Alignment). Dies geschieht nicht streng
Top-Down, sondern immer unter Berücksichtigung der Umsetzungsmöglichkeiten und der verbundenen Kosten.
Abbildung 1: Capabilities als Verbindung zwischen Geschäft und IT
Die Unternehmensarchitektur basiert auf einem konzeptionellen
Mehrschichten-Modell, das
Top-Down die jeweils untere Ebene auf die Bedürfnisse der darüber liegenden ausrichtet. Als oberste Ebene wird das Produktportfolio auf die Erfordernisse des Marktes und der Strategie ausgerichtet. Alle dazu benötigten primären Wertschöpfungsaktivitäten sowie die sekundären, unterstützenden Prozesse werden in Form eines Prozessmodells in einer Geschäftsarchitektur definiert.
Die logische Architektur enthält ein Domänen-Modell, das die Fähigkeiten (Capabilities) mit den daran gestellten Anforderungen des Unternehmens zusammenstellt, die für die erfolgreiche Umsetzung und den Betrieb der Prozesse erforderlich sind. Damit dient diese Architekturebene als
Anforderungsspeicher bzw. als
Übersetzungsmechanik sowohl für die Definition der Anwendungsarchitektur, also den Applikationen, welche die benötigten Funktionen den Prozessen bereit stellen, als auch für die Technische Architektur, die dann für die entsprechenden Applikationen die ebenfalls an den Businessanforderungen ausgerichtete Middleware und Infrastruktur bereitstellt.
Dieser
architektonische Ordnungsrahmen stellt nicht nur eine unternehmensweit abgestimmte Sicht und eine einheitliche Sprache zur Verfügung, sondern enthält auch wichtige Verknüpfungsinformationen, die über ein
Ursache-Wirkungsgeflecht eine konsequente Ausrichtung aller Architekturebenen auf die Geschäftserfordernisse ermöglicht.
Das
Framework für das strategische IT-Architekturmanagement von Detecon basiert auf
TOGAF 8.1 EE, dem Architekturframework der Open Group [The Open Group 2005], sowie dem Zachman Framework. Auf eine detaillierte Darstellung des Frameworks wird an dieser Stelle verzichtet.
Die Logische Architekturebene mit den definierten
Kernfähigkeiten (Capabilities) des Unternehmens dient mit seiner Position zwischen der Prozess- und Applikationsarchitektur als
Schnittstelle zwischen IT- und Fachseite.
Abb. 2: Capabilities als Verbindung zwischen Geschäft und IT
Auf Basis der Capabilities definiert die Fachseite ihre funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen, die für die effiziente und effektive Ausführung ihres Geschäftes notwendig sind. Mit Hilfe des architekturbasierten
Kostenmodells wird es nun möglich, dass die IT über die Verknüpfungsinformationen mit den Objekten der darunter liegenden Architekturebenen (Applikations- und Technische Architektur) im nächsten Schritt ihre
Kosten beziffert und auf die Capabilities aggregiert.
Dadurch kann der durch die Umsetzung der geschäftlichen Anforderungen in Bezug auf eine Capability generierte Nutzen (z.B. die Verkürzung von Prozesslaufzeiten oder die Erschließung von potentiellen Neukunden) direkt den daraus resultierenden IT-Kosten gegenübergestellt werden.
Um diese integrierte
Kosten-Nutzen-Sicht zu realisieren müssen die Capabilities aus Kostensicht ein Kalkulationsobjekt darstellen. Sowohl die Regeln für die Verteilung der IT Kosten auf die Capabilities als auch die Zuordnung dieser Capability-Kosten auf die Abnehmerseite (z.B. Prozesse oder Produkte der Fachseite) müssen definiert werden. Hierfür wird eine Instanz benötigt, die das Zusammenspiel von Business und IT regelt.
Die
IT-Governance bildet das
organisatorische Rahmenwerk aus Rechten und Pflichten, in dem Fachseite als auch IT-Seite agieren. Abbildung 2 zeigt diesen Zusammenhang der Steuerung der IT-Nachfrage und des ITAngebots über die Enterprise Architecture, die gleichzeitig über die IT-Governance ein strategisches Alignment sicher stellt und dass über eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung ein realistischer Wertbeitrag der IT ermittelt wird.
Kostenzuordnungsmodell
Die klassischen
Kostenstellen- und Kostenartenstrukturen bieten keine ausreichende Transparenz zur Darstellung der Kosten auf Basis der Kerngeschäftsfähigkeiten. Die Grundidee einer architekturbasierten Kostenverrechnung ist nun die integrierte Sicht des Unternehmensarchitekturmodells mit den Verknüpfungsinformationen zwischen den Objekten der verschiedenen Ebenen, wie in Abbildung 3 dargestellt, für eine
verursachungsgerechte Kostenzuordnung bis auf Capability-Ebene zu nutzen.
Wie genau diese Zuordnung erfolgt, über welche Schlüssel also beispielsweise ein "shared Server" auf die Applikationen oder einzelne Applikationen auf Capabilities verteilt werden, muss über ein Kostenmodell mit detaillierten
Verteilregeln festgelegt werden.
Detecon hat hierzu ein entsprechendes architekturbezogenes Kostenmodell für die IT entwickelt.
Abb. 3: Kosten- und Preismodell für Unternehmensarchitekturen
Bei der Entwicklung des Kostenmodells wurden zwei wesentliche
Anforderungen identifiziert. Zum einen sollte die
Granularität der Betrachtung für die Kostenverrechnung immer entsprechend des Informationsbedarfs im Unternehmen gewählt werden. Jede weitere Verfeinerung der Betrachtung führt zu höheren Kosten der Informationsbeschaffung.
Zum anderen sollte zur Förderung der Akzeptanz im Unternehmen die
Methodik (das Regelwerk), nach dem die Kosten auf die Kalkulationsobjekte verrechnet werden, für alle Betroffenen
transparent und verständlich sein. Das Modell basiert auf einer flexiblen Kombination von Verrechnungs-Richtlinien für die verschiedenen Ebenen der Unternehmensarchitektur. So kann es hinsichtlich Genauigkeit bzw. Granularität sowie Governance-Stil, also z.B. automatisierte, formelbasierte, zentral gesteuerte Kostenberechnung versus dezentrale, freie Verhandlungen, frei skalierbar und flexibel aufgebaut werden, so dass es schließlich auf die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens bezüglich Aufwand und Inhalte ausgerichtet ist.
Die
Definition der
Kostenverteilschlüssel ist abhängig von der Situation des Unternehmens und der Unternehmenskultur. So erlaubt beispielsweise eine Cost-Center-Organisation, in der die Kosten nur zwischen Kalkulationsobjekten intern verrechnet werden, pauschalere Verteilregeln als eine Profit-Center-Organisaiton, in der mit exakten Margen als Differenz zwischen Stückpreisen und Service-Kosten gearbeitet werden muss. Ebenso erlaubt eine architekturbasierte, zentrale Verrechnung der Kosten die gezielte Steuerung des strategischen Produktportfolios, in dem die mit den hinterlegten Regeln errechneten Stückkosten gezielt umverteilt werden und dadurch strategische Produkte kostenmäßig entlastet werden. Durch die mit dem architekturbasierten
Modell erzeugte Transparenz ist es falls gefordert auch möglich eine gezielte
Kostendeckung von 100% bei der internen Kostenverrechnung zu erzielen. Durch die Nutzung der Informationen aus der Unternehmensarchitektur wird es so nachvollziehbar und transparent möglich, den sonst über die traditionellen Kostenstellenstruktur als Gemeinkostenblock behandelten IT-Kosten verursachungsgerecht auf die Prozesse und schließlich auf die Produkte zuzuordnen.
Dadurch kann ein
Kostenbewusstsein im Management erzeugt werden, da es eine Bewertung der Kosten gegenüber dem daraus erzielten Nutzen auf Basis der Capabilities fördert und somit neue Steuerungsmöglichkeiten dem Management eröffnet. Darüber hinaus kann die Konsolidierung und Kosten-Nutzen-Optimierung des IT Angebots mithilfe eines aktiven
Portfoliomanagements sowie die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Legacy Systemen und
Entscheidung über deren weiteren Einsatz oder Ablösung durch die Bereitstellung der aus dem architekturbasierten Kostenmodell abgeleiteten, strukturierten und verständlichen Kosteninformationen effizient unterstützt werden.
Maßnahmebewertung durch Simulation
Die geschaffene Kostentransparenz ermöglicht die
Simulation verschiedener
Maßnahmen auf Capability- oder Domänen-Ebene. Aufgrund der existierenden Abhängigkeiten haben steuernde Eingriffe bezüglich eines Architekturobjekts Auswirkungen auf die "benachbarte" Architektur, die zu negativen Nebeneffekten führen können.
Deshalb ist es wichtig, neben der Bewertung der lokalen Vorteilhaftigkeit von Entscheidungen alle globalen, architektonischen
Abhängigkeiten zu
berücksichtigen. Dadurch kann dann berechnet werden, welche Kosten durch z.B. Abschalten von Systemen tatsächlich eingespart werden können und welche sich evtl. auf andere Capabilities konzentrieren, da z.B. bestimmte Infrastrukturen mit ihren Kosten bestehen bleiben. Durch die implementierte Mechanik und Regeln können dann, wie in Abbildung 4 gezeigt,
verschiedene Szenarien durchgerechnet werden.
Abb. 4: Beispiel Szenario-Simulation
Download des vollständigen Beitrages:
Finanzplanung und –steuerung von Unternehmensarchitekturen.pdf
letzte Änderung Andreas Freitag, Ralf Helbig
am 11.08.2024
|