Die
Rückzahlung von Corona-Hilfen und KfW-Schnellkrediten stellt aktuell viele Unternehmen vor Schwierigkeiten. Die derzeitige Multi-Krise und die komplexe Finanzierungssituation vertiefen die Probleme noch. Anpassungen bei der Unternehmensfinanzierung können ein Ansatz sein. Reicht das nicht, stehen Sanierungsoptionen bereit.
Staatliche Soforthilfen sollten in der Hochphase der Corona-Pandemie dazu dienen, Firmenpleiten zu verhindern. Dazu musste die drohende Lücke in der Liquidität vom Betrieb zunächst prognostiziert und später nachgewiesen werden. Da in vielen Fällen wider Erwarten
doch Einnahmen erzielt wurden, mussten diese mit der erhaltenen Förderung verrechnet werden. Deshalb stehen aktuell für zahlreiche Unternehmen Rückzahlungen an.
Auch die von der KfW während der Pandemie ausgegebenen Schnellkredite überfordern durch ihre Rückführung die Finanzen vieler KMU. Wie ein Katalysator wirkt dabei die
Mehrfachbelastung durch die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage: die weiter hohe Inflation und entsprechend schwache Nachfrage, das Schrumpfen des Bruttoinlandsproduktes, die zunehmende Bürokratie, die Unsicherheit angesichts der welt- und wirtschaftspolitischen Situation, der erschwerte Kapitaldienst – auch wenn die EZB begonnen hat, den Leitzins leicht zu senken.
KMU: prekäre Finanzlage
Laut Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung [1] ist die Lage im Mittelstand derzeit so schlecht, wie seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 nicht mehr. Fast 32 Prozent der Unternehmen melden demnach
Umsatzeinbußen für das zurückliegende Winterhalbjahr.
Auch die Geschäftserwartungen sind eingetrübt. So rechnen rund 18 Prozent der Befragten in den kommenden Monaten mit zurückgehenden Aufträgen. Die
Eigenkapitalsituation hat sich durch Corona, die Energiekrise und die Unsicherheiten aufgrund internationaler Konflikte bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen ebenfalls verschärft. So liegt laut der Creditreform-Umfrage der Anteil der Firmen mit einer
Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent derzeit bei nahezu 30 Prozent.
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Angesichts der Konjunkturlage und der weiter
hohen Finanzierungskosten können sich viele Unternehmen Bankkredite nicht mehr leisten. So hätten nur noch rund 19 Prozent der Befragten in den letzten Monaten einen Bankkredit beantragt. Vergleiche mit vergangen Umfragen zeigen den eklatanten Rückgang: In der Vorjahresumfrage hatten noch fast 24 Prozent der Befragten einen Kredit angefragt; vor drei Jahren war es noch fast jedes dritte Unternehmen.
Kosten senken, alternativ finanzieren
Die
KfW-ifo-Kredithürde [2] zeichnet ein ähnliches Bild: Demnach berichteten über 26 Prozent der Mittelständler von restriktiven Banken in den Kreditverhandlungen. Werden dabei einzelne Branchen betrachtet, tritt die Zurückhaltung der Banken teils noch deutlicher zutage. So sind im Großhandel rund 29 Prozent der Firmen mit Kredithürden konfrontiert, im Einzelhandel sind es sogar über 34 Prozent. Die anhaltenden Finanzierungssorgen der Unternehmen können in der angespannten Wirtschaftslage leicht in Zahlungsschwierigkeiten resultieren, die bis hin zur Insolvenz führen. Daher sollten Betriebe ihre Liquiditätsplanung aktuell in sehr kurzen Zeitabständen überprüfen.
Längere Zahlungsziele mit den eigenen Lieferanten zu vereinbaren, kann für eine gewisse Entspannung sorgen. Gleichzeitig sollte das Forderungsmanagement gerade jetzt stringent durchgeführt werden – werden Rechnungen zeitnah nach Leistungserfüllung gestellt und kommen Zahlungseingänge dafür fristgerecht an? Hier gilt es, dranzubleiben! Doch auf mittel- bis langfristige Sicht muss frisches Kapital in das Unternehmen strömen.
Lässt sich dies über einen Bankkredit nicht realisieren, gibt es alternative Finanzierungsansätze. Der Vorteil an diesen: Sie sind meist auf einen ganz bestimmten Bedarf hin ausgerichtet. Etwa
Factoring, das sofortige Liquidität für die Finanzierung von Betriebsmitteln liefert;
Finetrading, das Einkäufe vorfinanziert oder objektbasierte Kredite, zum Beispiel zur Überbrückung von Umsatzflauten. Da die Modelle meist jedoch nur in bestimmten Zusammenhängen greifen, müssen sich die Entscheider in den Unternehmen genauer mit ihnen beschäftigen und einen strategischen Finanzierungsmix entwickeln.
Tools für die frühzeitige Neuaufstellung
Es gibt auch Fälle, in denen eine reine Nutzung eines neuen Finanzierungsansatzes oder eine ausgabenseitige Verschlankung das Steuer nicht mehr herumreißen kann – etwa wenn der Kapitaldienst für die Rückführung der damaligen Corona-Kredite durch die aktuelle wirtschaftliche Situation viel zu hoch und somit unmöglich ist. Zur Abwendung einer drohenden Insolvenz kann eine außergerichtliche Restrukturierung nach
StaRUG aussichtsreich sein. Mit diesem Ansatz können Unternehmen in Eigenregie einen Restrukturierungsplan entwickeln und diesen mit den Gläubigern verhandeln. Der Plan kann etwa eine Stundung oder einen teilweisen Erlass von Forderungen vorsehen. Abgestimmt wird über die Maßnahmen mit den einzelnen Gläubigergruppen nach dem Mehrheitsprinzip.
Gerade für eine rein finanzwirtschaftliche Neuaufstellung kann das
StaRUG ein geeignetes Werkzeug sein. Allerdings entsteht durch die Restrukturierung und die Entwicklung des entsprechenden Plans ein erheblicher Mehraufwand neben dem Tagesgeschäft. Zudem verlangt das Verfahren umfassendes Sanierungs-Know-how. Häufig macht dies das
Heranziehen externer Berater nötig.
Muss die Sanierung tiefer gehen, also auch leistungswirtschaftliche Aspekte mit einbeziehen, kann ein
Schutzschirmverfahren weiterhelfen. Dieses darf bei einer drohenden Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Dem Antrag ist dabei unter anderem ein unabhängiges Gutachten eines Dritten zur Sanierungsfähigkeit des Unternehmens beizulegen. Das kann beispielsweise ein Wirtschaftsprüfer, ein Steuerberater oder ein Rechtsanwalt mit Insolvenzexpertise sein. Unter dem Schutzschirm bleibt die Unternehmensführung vollständig handlungsfähig. Ihr wird lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt, der sie im Interesse der Gläubiger überwacht. Das Verfahren ist dazu gedacht, dass das Unternehmen eigenständig einen Insolvenzplan entwickelt, der anschließend mit den Gläubigern verhandelt wird. Dazu ist der Betrieb bis zu drei Monate vor den Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger geschützt. Außerdem besteht ein Sonderkündigungsrecht für langfristige Verträge und die Löhne und Gehälter der Angestellten können bei Bedarf über das vorfinanzierte Insolvenzgeld gezahlt werden.
Quellen:
[1]
https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/newsdetails/show/wirtscha...
[2]
https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/PressemitteilungenDetails_806720.html
Erstellt von (Name) E.R. am 06.06.2024
Geändert: 06.06.2024 07:40:29
Autor:
Ronny Baar, Unternehmensberater, Geschäftsführer ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG
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