"Ich habe keine Zeit", ist im Grunde genommen eine falsche Aussage. Denn jeder Mensch hat jeden Tag 24 Stunden, jede Woche sieben Tage und jedes Jahr 365 oder 366 Tage Zeit. Wer den Eindruck hat, permanent unter
Zeitmangel zu leiden, muss womöglich nur seine
Zeitplanung verbessern. Denn nicht selten setzen Arbeitnehmer oder Selbstständige falsche Prioritäten oder lassen sich allzu leicht von ihren Hauptaufgaben ablenken. Eine gute Zeitplanung ist eine wirkungsvolle
Methode gegen Stress.
Vorteile einer guten Zeitplanung
"Mehr Zeit durch Zeitplanung" erscheint auf den ersten Blick paradox. Denn auch für eine
Zeitplanung braucht man Zeit. Dennoch führt eine gute Zeitplanung in den meisten Fällen dazu, dass man sich auf das Wesentliche konzentriert und seine Arbeit entspannter erledigen kann. Weitere
Vorteile sind:
- Wer einen Tag nicht einfach ungeplant ablaufen lässt, sondern die Planung selbst in die Hand nimmt, fühlt sich selbstbestimmter, weniger gestresst und ist meist auch motivierter.
- Manche Aufgaben oder Projekte wirken wie ein riesiger Berg an Arbeit. Die Einteilung in zeitlich begrenzte Arbeitsschritte lässt die Aufgaben bewältigbar erscheinen. Dabei sollten realistische Ziele gesetzt und die Aufgaben in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht werden.
- Bei Teamprojekten kann Zeitplanung bewirken, dass die Aufgaben unter der Berücksichtigung anderer Aufgaben sowie nach Kenntnissen, Fähigkeiten und Eignung der Teammitglieder verteilt werden.
- Mit einer guten Zeitplanung sinkt das Risiko, dass wichtige Projektaufgaben erst kurz vor dem Projektende in kurzer Zeit erledigt werden müssen.
- Zeitplanung kann das chronische Aufschieben (Prokrastination) wichtiger Aufgaben verringern und die Konzentration auf die Aufgaben lenken, die für die Erreichung der zuvor definierten Ziele wichtig sind. Unnütze Beschäftigungen und andere Zeitdiebe werden minimiert.
- Schließlich kann Zeitplanung oder -management die Work-Life-Balance verbessern und wirkt damit auch ins Privatleben hinein.
Tages- und Wochenplanung
Am Anfang stehen die Ziele. Im Idealfall lautet die dazugehörige Frage: "Was möchte ich an diesem Tag erreichen?" In weniger günstigen Fällen lautet sie "Was muss ich erreichen?" Wichtig ist in jedem Fall, dass man sich kurz Zeit nimmt, um sich die Ziele und die möglichen Schritte auf dem Weg dorthin zu vergegenwärtigen. Davon ausgehend, kann man dann eine
Tages- und / oder
Wochenplanung vornehmen. Beispielsweise mit einem digitalen Helfer.
Entscheidend sind dabei
Priorisierungen. Aufgaben sollten nach ihrer Wichtigkeit (Bedeutung für die Erreichung der Ziele) eingeteilt werden. Dabei kann man nach der
ABC-Analyse, der
Eisenhowermatrix oder anderen Methoden vorgehen, auf die im Abschnitt "Zeitmanagement-Methoden" vorgestellt werden.
Wer relativ frei über seine Arbeitszeit verfügen kann, sollte zudem seinen
Biorhythmus bei der Planung berücksichtigen. Auf den Psychiater Emil Kraepelin (1856 bis 1926) geht der Begriff
Arbeitskurve zurück. Diese Kurve zeigt die Leistungsfähigkeit eines Menschen im Tagesverlauf auf. Demnach sind die meisten Menschen am Vormittag und frühen Nachmittag am leistungsfähigsten, haben gegen 15 Uhr ein kleines Tief, gegen 18 Uhr noch einmal ein kleineres Hoch, bevor die Arbeitskurve zum Ende des Tages hin abfällt.
Moderne Adaptionen der Arbeitskurve gehen von
drei Phasen aus, die bei jedem Menschen etwas anders über den Tag verteilt sind:
- Hochphase,
- Tiefphase,
- Erholungsphase.
Die
Hochphase eignet sich am besten für komplexe und kreative Aufgaben. In der
Tiefphase sollte man möglichst keine
Entscheidungen treffen. Sie bietet sich für Routinearbeiten an. Mindestens eine Erholungsphase sollte in den Arbeitstag eingeplant werden, möglichst mit einem Aufenthalt im Freien verbunden. Dabei sollte jeder Mensch seinem Biorhythmus folgen: Manche sind morgens am produktivsten, manche Nachteule zieht zunächst die Erholungsphase vor, um dann am Nachmittag zu großer Form aufzulaufen.
Auch für den
Wochenverlauf hat man mittlerweile ein
Leistungskurvenverlauf festgestellt. So steigt die Kurve am Montag an, um am Dienstagvormittag ihren Höhepunkt zu erreichen. Der Tiefpunkt liegt am Donnerstagnachmittag. Manche Manager setzen deshalb taktische Termine auf diesen Zeitraum, um die Teilnehmer angesichts ihrer Müdigkeitserscheinungen zu einer schnellen Zustimmung zu Plänen zu bewegen. Am Freitag liegt die Leistungsfähigkeit wieder etwas höher, weil die Arbeitnehmer das Wochenende vor Augen haben (Schlussantrieb).
Tipps zur Verbesserung des Terminkalenders
Oft nimmt das
Tagesgeschäft einen großen Teil des Arbeitstages ein. Besprechungen, Meetings, Kundentermine oder Ähnliches bestimmen den Terminkalender. Darüber hinaus muss aber auch die Projektarbeit vorangetrieben oder wiederkehrende Arbeit erledigt werden. Deshalb sollten maximal 60 % der täglichen Arbeitszeit aus Terminen bestehen. 20 % sind mindestens für Aufgaben zu reservieren, die man alleine bearbeiten kann.
Wenn diese Aufgaben mehr Zeit beanspruchen, sollten die Termine reduziert werden. Denn in jedem Fall sollte man
20 % der Arbeitszeit als
Pufferzeit einplanen, vor allem für kurzfristige Aufträge von Vorgesetzten. Je nach eigenen Erfahrungswerten kann man die prozentualen Anteile auch variieren. Die Pufferzeit sollte aber auf keinen Fall vergessen werden.
In manchen Unternehmen wird die Zusammenarbeit über zahlreiche
Meetings organisiert. Dabei sind die meisten Meetings nicht für alle Teilnehmer im gleichen Maße relevant. Wenn der Terminkalender bis zum Rand mit Meetings gefüllt ist, sollte man öfter einmal auf die Teilnahme verzichten und sich stattdessen hinterher das Protokoll ansehen. Auch bei diesem Thema gilt es also zu priorisieren. Zugleich ist dies schon der erste Tipp zum nächsten Abschnitt.
Vom Umgang mit Meetings
Weniger wichtige Meetings abzusagen, ist eine Möglichkeit, eine Flut von Besprechungen zu ordnen. Wenn man die Möglichkeit hat, Verbesserungsvorschläge für die
Arbeitsorganisation zu machen, kann man einen meetingfreien Wochentag vorschlagen. Das kann beispielsweise der Dienstag sein, wenn man ein Leistungshoch hat, um komplexe Aufgaben zu erledigen.
Wer selbst ein Meeting anberaumt, sollte es gut vorbereiten. Im Idealfall können neben einer Tagesordnung im Vorfeld auch schon weitere relevante Dokumente verschickt werden, damit die Teilnehmer die Möglichkeit haben, vorbereitet in die Besprechung zu gehen. Die
Tagesordnungspunkte sollten mit einer
Zeitangabe versehen werden. Das bringt die meisten Teilnehmer dazu, sich in ihren Beiträgen kurz zu fassen und auf den Punkt zu kommen. Die Gesprächsleitung sollte immer wieder auf die Zeit hinweisen, z. B.: "Wir sollten jetzt dieses Thema abschließen", oder: "Ich bitte Sie jetzt um eine Abstimmung."
Um Besprechung kurz zu halten, eignet sich ein
Stand-up-Meeting, bei dem alle Teilnehmer in
zwangloser Atmosphäre stehen und das nicht länger als eine Viertelstunde dauert. Ein Stand-up-Meeting kann beispielsweise dazu genutzt werden, dass jeder Teilnehmer kurz sagt, woran er gerade arbeitet und in welchem Rahmen er eventuell Unterstützung braucht oder anbieten kann.
Wer den Eindruck hat, dass Meetings unproduktiv sind, kann sie stärker strukturieren. So müssen Besprechungsleistung und Protokollführung nicht in einer Hand liegen, sondern die
Protokollführung kann vorher delegiert werden. Auch sollte die Gruppe der Eingeladenen nicht zu groß sein, und jedem Teilnehmer sollte in der Planung eine Rolle zugewiesen werden (Projektbefürworter, -kritiker, Analytiker, …). Wenn es möglich ist, sollten Aufgaben, die sich aus dem Meeting ergeben, sofort und mit
Fristen versehen an Verantwortliche übertragen werden.
Zeitmanagement-Methoden
"Zeitmanagement ist die konsequente und zielorientierte Anwendung bewährter Arbeitstechniken in der täglichen Praxis, um sich selbst und die eigenen Lebensbereiche so zu führen und zu organisieren (= zu managen), dass die zur Verfügung stehende Zeit sinnvoll und optimal genutzt wird."
Dieses Zitat aus dem Jahr 1984 stammt von
Lothar Seiwert (* 1952), dem Entwickler der
ALPEN-Methode:
- Aufgaben, Termine und geplante Aktivitäten notieren (z. B. als To-do-Liste).
- Länge schätzen (auf Erfahrungen beruhend, nicht zu knapp, aber auch mit Zeitlimit).
- Pufferzeiten einplanen (bis zu 40 %, wenn neben kurzfristigen Aufträgen auf verschiedene Störungen des Arbeitsablaufs zu erwarten sind).
- Entscheidungen treffen (Prioritäten setzen, manche Anfragen und Aufgaben aussortieren oder delegieren).
- Nachkontrolle (Erledigung der Aufgaben, Genauigkeit der Planung).
Regelmäßig angewandt, benötigt diese
Zeitmanagement-Methode täglich nur wenige Minuten. Weitere oft genannte Methoden sind:
Eisenhower-Matrix
Bei der Eisenhower-Matrix (nach dem US-amerikanischen Präsidenten
Dwight Eisenhower (1890 bis 1969) werden alle Anfragen und Aufgaben nach den Kriterien Dringlichkeit und Wichtigkeit bewertet. Es ergeben sich vier Felder:
- wichtig und dringend: Sofort selbst erledigen.
- wichtig, aber nicht dringend: Termin finden und selbst erledigen.
- nicht wichtig, aber dringend: An kompetente Mitarbeiter delegieren.
- nicht wichtig und nicht dringend: Nicht bearbeiten.
ABC-Analyse
Die ABC-Analyse ist eigentlich ein
betriebswirtschaftliches Analyseverfahren, bei dem Objekte nach absteigender Bedeutung in die Kategorien A, B und C eingeteilt werden. Aufs Zeitmanagement übertragen, bedeutet dies:
- A-Aufgaben sind sehr wichtig für ein Projektziel und sollten etwa 60 % der Arbeitszeit ausmachen.
- B-Aufgaben sind wichtig, können aber ggf. auch von Kollegen erledigt werden. Ihr Anteil sollte 25 % der Arbeitszeit betragen.
- C-Aufgaben sind eher "nice to have" und sollten maximal 15 % der Arbeitszeit ausmachen.
Paretoprinzip
Das Paretoprinzip besagt, dass
80 % der Ergebnisse mit
20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden können. Für die übrigen 20 % der Ergebnisse würden demnach 80 % des Gesamtaufwandes benötigt. Deshalb kann man sich bei manchen Projekten fragen, ob 80 % der anvisierten Ergebnisse ausreichen, weil für den restlichen Weg bis zur Perfektion ein hoher Aufwand nötig wäre.
Oder anders: Wenn man mit 20 % des Arbeitsaufwands 80 % der geforderten Ergebnisse erzielen kann, dann sollte man diese Aufgaben anderen vorziehen. Benannt ist das Prinzip nach dem Ingenieur, Ökonomen und Soziologen
Vilfredo Pareto (1848 bis 1923).
Promodoro-Technik
Bei der Pomodoro-Technik wird die
Arbeitszeit in
kleine Blöcke zu je 25 Minuten eingeteilt. Es folgen fünf Minuten Pause, dann folgt der nächste Block. Nach vier Blöcken sollen 15 bis 20 Minuten Pause gemacht werden. Ein Block beginnt mit dem Notieren der Aufgabe in einer Liste. Dann wird ein Kurzzeitwecker auf 25 Minuten eingestellt. Wenn der Wecker klingelt und die Aufgabe erledigt ist, wird sie in der Liste mit einem X markiert.
Dieser schnelle
Erfolg, eine Aufgabe bewältigt zu haben, soll für die nächsten Aufgaben
motivieren. Der Italiener
Francesco Cirillo entwickelte diese Methode in den 1980er Jahren und benannte sie nach einem Kurzzeitwecker in Tomatenform (Pomodoro, italienisch für Tomate).
Wann auch keine Zeitplanung mehr hilft
In den meisten Betrieben gibt es Phasen, in denen mehr als üblich zu tun ist. Solange diese Phasen
zeitlich begrenzt sind, können Arbeitnehmer sie sicherlich in Kauf nehmen. Wer aber sein Zeitmanagement bereits optimiert hat und dennoch das Gefühl hat, seine Arbeit nie zu schaffen, könnte es mit einem anderen Problem zu tun haben, nämlich der Arbeitsorganisation. Denn möglicherweise ist das
Arbeitspensum zu hoch und in der verfügbaren Zeit einfach nicht zu schaffen. Dann sollte ein Gespräch mit dem Vorgesetzten zu diesem Thema der nächste Schritt sein. Sonst drohen gesundheitliche Folgen, bis hin zum
Burn Out.
letzte Änderung S.P.
am 28.02.2023
Autor:
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / focuspocusltd.
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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07.07.2021 12:39:39 - Cappon
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