Transparenz für strategische Projekte
Nehmen Sie ein beliebiges Projekt in Ihrem Unternehmen. Welche Ziele werden mit dem Projekt verfolgt? Und wie wird ihre Erreichung gemessen? Welchen Beitrag liefert das Projekt zur übergeordneten Unternehmens- oder Geschäftsbereichsstrategie? Viel zu häufig lassen sich diese Fragen nicht oder nur unzureichend beantworten – weil ein
Instrument zur zweifelsfreien Messung von Projektzielen fehlt.
Nicht vorhandene oder
unvollständige Zieldefinitionen werden in der Literatur als eine der Hauptursachen für das Scheitern von Projekten ausgemacht. Die
Ursachen für unzureichenden Zieldefinitionen sind nachvollziehbar. Eine detaillierte Beschreibung des erwarteten Ergebnisses erfordert einen hohen Aufwand auf Seiten des Auftraggebers, insbesondere wenn mehrere
Stakeholder an diesem Prozess beteiligt sind. Aus Zeitknappheit fällt diese Beschreibung häufig unvollständig aus, was bei den einzelnen Stakeholdern zu unterschiedlichen Interpretationen der Ziele führt.
Das Projekt und sein Team wird durch die verschiedenen
Erwartungshaltungen unter Spannung gesetzt, die Richtung bleibt unklar. Daraus resultiert ein hohes
Änderungsrisiko, wenn sich die Vorstellungen der Auftraggeber im Projektverlauf konkretisieren – von den Änderungen ganz zu schweigen, die entstehen, wenn das erwartete Ergebnis zum Zeitpunkt der Fertigstellung die eigentlichen Ziele der Stakeholder nicht erreicht.
Damit eng verbunden ist ein hoher
Kontroll- und Koordinationsaufwand während der Projektdurchführung auf Seiten des Managements. Diese Probleme lassen sich mindern, wenn der Auftraggeber mehr das "wozu" als das "was" konkretisiert und an den Projektleiter und das -team kommuniziert. Eine derartige Definition und Kommunikation der eigentlichen Projektziele erfolgt allerdings viel zu selten.
Ausgangspunkt: Projektziele
In der Literatur wird zwar auf die Probleme einer unzureichenden Zieldefinition hingewiesen, konkrete Lösungsvorschläge sind jedoch selten. In der Praxis werden häufig nur
Kosten- und Zeitziele gesetzt. Was das Projekt als Ergebnis liefern und was damit erreicht werden soll, bleibt dagegen oft unscharf. Hier fehlt ein Denkrahmen, der hilft, die Projektziele zu strukturieren und abzubilden.
Hier kann das
Projektmanagement von der
strategischen Unternehmensführung lernen. Zur Abbildung,
Kommunikation und zum
Controlling ihrer Unternehmensstrategie setzen Unternehmen zunehmend die
Balanced Scorecard ein. Nach einer im Frühjahr/Sommer 2000 durchgeführten Studie von PricewaterhouseCoopers arbeiten bereits 46% der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen mit dem 1992 von Kaplan/Norton veröffentlichten Konzept.
Die
Lücke zwischen Projektdurchführung und der Unternehmens- oder Geschäftsbereichstrategie – welcher jedes strategische Projekt dienen sollte – wird durch die Project Scorecard geschlossen.
Bei der Entwicklung dieses Konzepts wurden bewährte Konzepte der
Balanced Scorecard übernommen und auf die besonderen Erfordernisse von Projekten angepasst. Das Ergebnis ist ein umfassendes Instrumentarium für die gesamte Laufzeit strategisch bedeutsamer Projekte, das sowohl die Werttreiber des Projekterfolges im Sinne eines Frühwarnsystems konsequent überwacht als auch den Zustand, Zielbeitrag und das Ergebnis des Projekts zweifelsfrei misst.
Gleichzeitig dient es dadurch der Zielvereinbarung mit der Projektleitung und sorgt bereits vor dem Projektstart für eine
Weichenstellung in Richtung des strategischen Projekterfolges.
Der
erste Schritt besteht in der gemeinschaftlichen Definition von Projektzielen durch alle Projekt-Stakeholder. Dadurch wird ein
Konsens hergestellt und eine klare und einheitliche Richtung für das Projekt vorgegeben.
Um die Projektziele zu
strukturieren, werden sie in der Project Scorecard verschiedenen Ebenen zugeordnet und durch
Wirkungsketten miteinander verbunden. So können Zusammenhänge zwischen den Zielen abgebildet und kommuniziert werden. Ziele allein sind jedoch wenig hilfreich, wenn man ihre Erreichung nicht messen kann. Deshalb werden zu allen Zielen
Kennzahlen definiert, welche zweifelsfrei festlegen, wie und wann die Erreichung der Ziele gemessen werden soll.
Ebenen der Project Scorecard
Die Project Scorecard erstreckt sich über die Ebenen "strategische Projektziele", "Projektergebnisziele", "Projektprozesse" und "Projektpotenziale" (s. Abbildung 1). Die Ebene der
strategischen Projektziele dient als Schnittstelle zur übergeordneten Unternehmens- oder Geschäftsbereichsstrategie und bildet ab, was mit dem Projekt strategisch erreicht werden soll.
Auf der untergeordneten Ebene der
Projektergebnisziele wird in den Kategorien Umfang, Qualität, Zeit und Kosten konkretisiert, welches Projektergebnis zur Erfüllung der strategischen Projektziele angestrebt wird. Die Erreichung der Ergebnisziele ist zum einen nach Projektabschluss prüfbar. Zum anderen erfolgt bereits während des Projekts eine Messung von
Frühindikatoren für das Erreichen der Ergebnisziele, um eine ziel- und strategiegemäße Projektsteuerung zu er- möglichen.
Die Ebene der
Projektprozesse enthält Ziele für die zur erfolgreichen Projektdurchführung erforderlichen Projektmanagementprozesse. Die Ebene der
Projektpotenziale bildet schließlich die internen Erfolgsfaktoren eines Projekts ab, die sich z.B. auf die Projektmitarbeiter oder die Infrastruktur beziehen.
Abb. 1: Ebenen des Projekt-Scorecards
Wirkungsbeziehungen
Zur Abbildung der
Projektstrategie werden die Ziele auf den verschiedenen Ebenen durch Wirkungsbeziehungen miteinander verbunden. Jedes Ziel sollte direkt oder indirekt mit einem strategischen Projektziel verbunden sein.
Umgekehrt sollten die in die Project Scorecard aufgenommenen Ziele und Wirkungsketten alle strategisch bedeutsamen
Erfolgsfaktoren eines Projekts abbilden. Dadurch und durch eine Dokumentation bzw. Begründung der Ziele und
Ursache-Wirkungs-Beziehungen wird die Projektstrategie leicht nachvollziehbar und kommunizierbar.
Die Zielsetzung, die Vorgehensweise und die Plausibilität des projektierten Vorhabens werden somit bereits vor dem Projektstart einer Prüfung unterzogen.
Kennzahlen und Zielwerte
Getreu dem Motto "If you can’t measure it, you can’t manage it" besteht ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Project Scorecard (wie auch der Balanced Scorecard) in der
unmissverständlichen Messbarmachung aller Ziele über Kennzahlen. Durch die Beantwortung der Frage, wie die Zielerreichung gemessen werden soll, gewinnt ein Ziel an Schärfe und inhaltlicher Konkretisierung.
Gleichzeitig wird die Voraussetzung für ein umfassendes Controlling (im Sinne von Kontrolle und Steuerung) auf allen Ebenen der Project Scorecard inklusive der kritischen Erfolgs- und Frühwarnindikatoren geschaffen. Durch die Definition von Zielwerten mit Zeitbezügen zu jedem Ziel steigt zudem die
Handlungsrelevanz und damit i.d.R. auch die Motivation der Projektmitarbeiter, auf diese Ziele hinzuarbeiten.
Der Managementprozess
Die Project Scorecard unterstützt Projekte über den
gesamten Projektverlauf. Vor dem eigentlichen Projektstart liegt die Phase der
PSC-Implementierung, in der die Project Scorecard aufgestellt wird. Dies geschieht i.d.R. in einem Workshop aller wichtigen Stakeholder des Projekts, in dem ein Konsens über die Ausrichtung des Projekts herbeigeführt wird.
Wer Stakeholder des Projekts ist und wer an diesem Workshop teilnehmen sollte, wird durch eine
Projektumfeldanalyse aufgedeckt. Im Implementierungs- Workshop werden gemeinsam festgelegt:
- Ziele,
- Wirkungsbeziehungen,
- Kennzahlen und
- Zielwerte
Das Ergebnis des Workshops ist somit eine vollständige Project Scorecard. Anhand dieser kann nun der Beitrag des Projekts zur Unternehmensstrategie und die Plausibilität der
internen Projektstrategie überprüft und bewertet werden. Damit bildet die Project Scorecard eine fundierte Grundlage für die
Entscheidung über den Projektstart.
Der in dieser Phase entstehende Implementierungsaufwand wird sowohl durch enorme Einsparungen bei der Projektumsetzung als auch durch ein
reduziertes Risiko eines Projekt-Flops überkompensiert.
Nachdem das Projekt freigegeben und gestartet wurde, laufen
zwei zyklische Prozesse über die gesamte Projektlaufzeit. Im
inneren Prozess aus PSC-Messen und PSC-Steuern werden die Ist-Werte zu den Kennzahlen erfasst und mit den Soll-Werten verglichen. Bei
Abweichungen müssen entsprechende steuernde Eingriffe im Projekt erfolgen.
Ziel dieses Prozesses ist, die Vorgaben der Project Scorecard zu erreichen. Bei gravierenden Abweichungen stellt sich die Frage, inwieweit die Erwartungshaltung der Stakeholder sowie die definierten Projektziele und Zielwerte an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen sind.
Hierzu dient der
äußere Prozess aus PSC-Überprüfen und PSC-Anpassen. Er beinhaltet die Überprüfung und Anpassung der Project Scorecard als Ganzes. Dazu werden im ersten Schritt relevante Informationen gesammelt. Im folgenden PSC-Status-Workshop – an dem alle Stakeholder und der Projektleiter teilnehmen sollen – werden diese Informationen analysiert, ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt und über den weiteren Projektverlauf entschieden.
Dabei wird die Project Scorecard an die gegebenenfalls veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Abschließend muss die überarbeitete PSC verabschiedet und an das Projektteam kommuniziert werden, damit die Änderungen umgesetzt werden können.
Während der innere Kreislauf in kurzen Abständen ablaufen muss, um frühzeitig steuern zu können, ist es im äußeren Kreislauf ausreichend, den
PSC-Status-Workshop je nach Projektlaufzeit alle ein bis drei Monate durchzuführen – es sei denn es treten Ereignisse ein, welchen einen außerplanmäßigen Workshop erfordern. Solche Ereignisse können z.B. die Änderung der Unternehmensstrategie oder gravierende Änderungen der Rahmenbedingungen sein.
Wenn die Arbeiten im Projekt beendet sind, folgt der geregelte
Projektabschluss. Auch hier liefert die Project Scorecard Unterstützung. Durch die konsequente Messbarmachung von Zielen schon vor dem Projektstart ist die Zielerreichung nun einfach und zweifelsfrei messbar. Auch der Beitrag des Projekts zur Unternehmensstrategie lässt sich nach dem Projektende mit Hilfe der Project Scorecard ermitteln.
Eventuelle
Abweichungen und im Projektverlauf vorgenommene Anpassungen bilden die Basis für strategisches Lernen für die
Unternehmensstrategie und zukünftige Projekte. Auch beim PSC-Abschließen soll ein gemeinschaftliches Bild aller Stakeholder über den Projekterfolg entstehen, was die Gefahr von Nachforderungen erheblich mindert.
Abb. 2: Der Project Scorecard Management Process
Fazit
In Projekten, in denen die Project Scorecard eingesetzt wurde, äußerten sich die Stakeholder nach der Durchführung der Workshops zur Aufstellung der Projektziele positiv, insbesondere was die
Klarheit und Transparenz betrifft, die sie im Laufe der Workshops über ihre eigenen Projektziele und die Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie erlangten.
Der Konsens bezüglich der Projektziele half dabei, den Projekten eine klare Richtung zu geben. Strategie, Nutzen und Vorgehensweise der Projekte wurden für die Mitarbeiter transparent, messbar und kommunizierbar.
Insgesamt erlangte die Frage "Was soll mit dem Projekt erreicht werden?“ gegenüber der bisher gestellten Frage "Wie soll das Projektergebnis angestrebt werden?“ ein deutlich höheres Gewicht, was zu zielgerichteterer Arbeit, kreativen Alternativlösungen und
weniger Änderungsanforderungen führte und den Aufwand auf Seiten der Auftraggeber insgesamt verringerte. Abschließend lässt sich feststellen, dass der Einsatz der Project Scorecard maßgeblich zum Projekterfolg beigetragen hat – und vielleicht schon bei Ihrem nächsten Projekt beiträgt?
Download des vollständigen Artikels:
White_Paper-Project Scorecard.pdf
Quelle:
plan business project people GmbH
letzte Änderung Markus Selders
am 14.04.2023
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