Vor allem
Energiekosten,
Materialkosten und
Personalkosten steigen seit längerem zum Teil dramatisch. Viele Unternehmen führen aus, dass sie die zunehmenden Belastungen kaum noch stemmen können und wünschen sich auch staatliche Hilfen. Doch in zahlreichen Betrieben ist gar nicht wirklich bekannt, ab wann
welche Kostensteigerungen zu Verlusten führen und wie hoch diese voraussichtlich ausfallen werden. Und etliche Firmen haben beispielsweise die
Preise bereits angehoben und sich um Kostensenkungen gekümmert, um die Steigerungen zumindest teilweise zu kompensieren. Hintergrund der oft unklaren Lage ist immer wieder, dass wirklich belastbare Zahlen fehlen und die Auswirkungen sich nicht objektiv erkennen bzw. nachvollziehen lassen.
Der Beitrag zeigt, wie sich mit einer einfachen
Simulationsrechnung darstellen lässt, ob und in welchem Umfang man durch die Kostensteigerungen gefährdet ist oder ob "nur" der Gewinn zurückgeht. Abhängig von den Resultaten müssen dann Verbesserungen umgesetzt werden.
1. Gefährden die derzeitigen Kostensteigerungen die Zukunft des Unternehmens?
Viele Firmeninhaber würden auf diese Frage sicher mit einem sehr klaren "Ja" antworten. Schließlich wird von vielen befreundeten Unternehmern, in den Medien und Veröffentlichungen von Verbänden immer wieder davon berichtet, dass und wie schlecht es den Unternehmen durch die multiplen Kostensteigerungen und die überwiegend trüben
Geschäftsaussichten geht, bis hin zu eben einer Gefährdung des Geschäftsbetriebs.
Dabei fehlen in vielen Betrieben wirklich belastbare Zahlen zur objektiven Einschätzung der Lage. Sie wurden vielfach noch nicht erhoben. Zwar ist klar, dass Kostensteigerungen ohne Gegenmaßnahmen generell Gewinn und
Liquidität belasten. Um die Lage aber weit gehend objektiv beurteilen zu können, benötigen Unternehmer und
Controller eine verlässliche Zahlenbasis. Erst auf Grundlage solcher Daten können Auswirkungen dargestellt und eine
Einschätzung der Risiken realistisch vorgenommen werden. Auch, wenn es Unternehmer nicht gerne hören: Wenn lediglich geringe Verluste entstehen oder sich noch ein kleiner Gewinn erzielen lässt, gehört das eigentlich zum unternehmerischen Risiko und die Folgen müssen vom Betrieb getragen werden. Das setzt natürlich unter anderem voraus, dass man in der Vergangenheit gut gewirtschaftet und Rücklagen aufgebaut hat.
Nur, wenn in der etwas ferneren Zukunft nicht mit einer Verbesserung gerechnet werden kann, droht eine
Gefährdung des Unternehmens. Ob das der Fall ist und wie wahrscheinlich diese Gefährdung ist, kann beispielsweise festgestellt werden, indem man eine realistische
Unternehmensplanung möglichst für die zwei kommenden Jahre erstellt und prüft, ob man wieder in die Gewinnzone kommt.
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2. Auswirkungen von Kostensteigerungen darstellen und bewerten
Um zu einer fundierten und nachvollziehbaren
Einschätzung der aktuellen Lage zu gelangen, benötigen Unternehmer zunächst eine Übersicht darüber, welche Kosten vor allem steigen und wie sich diese Kostenarten erfassen lassen. In der Praxis sind das aktuell vor allem Personal-, Material- und Energiekosten. Zwar werden auch andere Leistungen teurer, z.B. Versicherungen oder Beratungen, aber oft sind die Auswirkungen hier überschaubarer.
Teilweise Umgruppierungen bei einzelnen Kostenarten nötig
Bei Personal- und Materialkosten ist die Zusammenstellung der Zahlen meist einfach, da diese Positionen in
Gewinn- und Verlustrechnung sowie
betriebswirtschaftlicher Auswertung separat ausgewiesen werden. Etwas anders sieht es häufig bei den
Energiekosten aus. Diese sind oft v.a. unter den Raumkosten oder den Kfz-Kosten versteckt. Und es gibt Kostenpositionen, die Unternehmer im ersten Moment nicht als Energiekosten ansehen, etwa Aufwendungen für Druckluft. Hier ist es zunächst erforderlich, die Energiekostenarten für eine Periode zu identifizieren und die Werte zu addieren. Und es muss darauf geachtet werden, dass die Energiekosten aus den restlichen Kostenarten herausgerechnet werden, um
Doppelerfassungen zu vermeiden.
Mit Simulationen Auswirkungen auf Ergebnis und Gewinn darstellen
Liegen die Zahlen vor, kann eine Analyse erstellt werden, z.B. mit dem zum Beitrag gehörenden Excel-"
Kostenauswirkungsrechner" (
Download der Excel-Vorlage hier >>). Um Trends und Entwicklungen verlässlicher erkennen und abschätzen zu können, werden als Ausgangsdaten Zahlen aus einem Zeitraum benötigt, als es vor allem bei den Personal- und den Energiekosten noch relativ normale Entwicklungen gegeben hat, etwa aus 2021. Oder man arbeitet mit Mittelwerten aus zwei bis drei Jahren, wenn es im Jahr 2021 ungewöhnliche Spitzen gegeben hat, egal ob bei dem Umsatz oder den Kosten.
Für die Darstellung und Analyse werden nur wenige Zahlen benötigt, wie die Abbildung zeigt. Unter "
Ausgangsdaten" werden die Zahlen der gewählten Basisperiode eingetragen. Eine Besonderheit muss berücksichtigt werden: In der Datei werden nur die
Umsatzerlöse als Einnahmen hinzugezogen. Gibt es regelmäßige und nennenswerte andere Einnahmenpositionen, etwa außerordentliche Erlöse oder Dividendenerträge, können diese entweder ebenfalls unter den Umsätzen oder "sonstige Positionen" mit umgekehrtem Vorzeichen erfasst werden. Gibt es nur kleinere Positionen, kann auf einen Ansatz verzichtet werden.
Aus allen Eingaben wird automatisch der
Gewinn vor Steuern berechnet. Von diesem Wert müssen noch die Ertragssteuern abgezogen werden. Hierfür kann mit einem Prozentwert oder einer absoluten Größe gearbeitet werden. Das Ergebnis ist der Gewinn nach Steuern, der auch zur Ermittlung der Umsatzrendite verwendet wird.
Im Beispiel ist zu sehen, dass der Ausgangsgewinn bei rund 66.000 Euro liegt und die
Umsatzrendite knapp 5,5 % beträgt. Um die verfügbare Liquidität zu ermitteln, können noch liquide sowie ggf. weitere verfügbare Mittel eingegeben werden.
Mehrere Simulationen gleichzeitig möglich
Auf Basis dieser Zahlen lassen sich nun bis zu drei Simulationen erstellen, die zeigen, inwieweit sich Ergebnis und Liquidität verändern, wenn man beispielsweise die Kosten insgesamt oder einzelne Kostenarten erhöht. Die
Anpassungen können vorgenommen werden, indem in den Spalten Veränderungen I bis III positionsweise Prozentangaben eingegeben werden. Eine Steigerung wird ohne, eine Absenkung mit negativem Vorzeichen eingegeben. Beispielsweise muss ein Umsatzrückgang oder eine Kostensenkung um 5 % mit –5 %“ eingetragen werden.
Realistische Einschätzungen zwingend notwendig
Um die Simulationen realistisch erstellen zu können, müssen u.a. folgende Fragen ehrlich beantwortet werden, möglichst, indem man Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen einbindet, z.B. Vertrieb und Einkauf:
- Welche (weiteren) Kostensteigerungen bei welcher Kostenart sind aus aktueller Sicht wirklich realistisch?
- Woher stammen die Annahmen und sind sie belastbar? Hat man z.B. mit wichtigen Kunden, Lieferanten oder dem Energieanbieter gesprochen? Oder handelt es sich eher um Schätzungen und Prognosen, die man z.B. aus der Presse hört?
- Gibt es u.U. auch positive Entwicklungen, etwa, weil bereits Maßnahmen zur Energieeinsparung oder Preisanhebungen umgesetzt wurden?
- Lassen sich Kostensteigerungen durch andere Maßnahmen begrenzen, etwa durch Ablaufänderungen oder die Verbesserungen der Maschinenauslastung?
- Welche Annahmen liegen der künftigen Entwicklung zu Grunde, z.B. stabile oder leicht steigende Umsatzzahlen oder eine drohende Krise in der eigenen Branche bzw. bei Abnehmern mit sinkenden Umsätzen (in der Simulation nicht angesetzt)?
- Wird wirklich alles getan, um neue Kunden zu gewinnen und die Beziehungen zu Bestandskunden zu pflegen? Hier ist im Moment vor allem bei Betrieben mit einer noch guten Auslastung oft eine gewisse Überheblichkeit zu beobachten, die in Zeiten rückläufiger Aufträge Probleme erhebliche bereiten kann („Wir haben keine Kapazitäten mehr frei, versuchen Sie es doch in ein paar Monaten noch einmal.“).
Im Beispiel ist bei
Simulation I zu sehen, dass mit einer Materialkostensteigerung von 10 % gerechnet wird, bei den Personalkosten sind es 8 %, bei den Energiekosten 60 % usw. Im Ergebnis entsteht ein Verlust und auch die Liquidität wird negativ.
Hinweis:
Wird ein Verlust erwirtschaftet, werden die Steuern automatisch auf Null gesetzt, auch wenn es ggf. bestehende Vorauszahlungsverpflichtungen gibt. Sollen dennoch Steuern ausgewiesen werden, sind manuelle Eingaben erforderlich.
Bei der
Simulation II wird gezeigt, dass eine Umsatzsteigerung von 3,5 % ausreicht, etwa durch Preisanhebungen, um die Kostensteigerungen unter Variante I zumindest auszugleichen und einen Verlust sowie Liquiditätsprobleme zu vermeiden.
Simulation III zeigt, wie hoch die Kostensteigerung bei einer Kostenart, hier Energien, ausfallen muss, bis der Gewinn vollständig aufgezehrt wird, ohne dass der Umsatz verändert wird. Im Beispiel können die Energiekosten um knapp 100 % steigen, bis der Betrieb einen Verlust erwirtschaftet. Eine solche Einzelsimulation kann sinnvoll sein, wenn man Steigerungen bei anderen Kostenarten schon antizipiert hat und prüfen möchte, wie viel
Steigerungsspielraum es bei einer einzelnen Größe noch gibt, bis es gefährlich wird.
Geht man von der Annahme aus, dass sich der Umsatz wie in Simulation II um 3,5% erhöhen lässt, könnte eine Steigerung der Energiekosten um gut 140% kompensiert werden, ohne dass es zu einem Verlust kommt.
Ausgangspunkt für die Simulationsberechnungen sind immer die gewählten Ausgangsdaten. Die Ausgangsdaten, einschließlich Steuerprozenten und liquider Mittel, werden für die Simulationen übernommen. Änderungen müssen stets über die Anpassung der Prozentwerte vorgenommen werden.
Abbildung: Auszug Kostensteigerungsrechner (Bitte anklicken für größere Darstellung)
3. Fazit und Ausblick
Viele Unternehmer führen derzeit an, dass die aktuellen Kostensteigerungen sie und ihren Betrieb in den Verlust treiben werden und sogar die Existenz bedrohen. Dabei ist häufig nicht wirklich klar, mit welchen Auswirkungen ein Unternehmen rechnen muss, etwa weil eigene Erhebungen und auch Simulationsberechnungen fehlen. Diese
Transparenz ist aber zwingend nötig, um gezielt Maßnahmen ergreifen und umsetzen zu können.
Im Beitrag wurde gezeigt, wie eine solche Erhebung inklusive
Veränderungsrechnungen schnell und einfach umgesetzt werden kann. Zeigen die Simulationen, dass es aus aktueller Sicht noch reicht, um trotz der Schwierigkeiten einen Gewinn zu erzielen und Liquiditätsengpässe zu vermeiden, ist das Unternehmen zumindest nicht akut gefährdet. Dennoch sollte auch dann intensiv nach Möglichkeiten gesucht werden, um den Gewinn wieder zu erhöhen und Reserven aufzubauen zu können. Beispielsweise kann geprüft werden, welche Chancen es gibt, (weitere) Preisanhebungen durchzuführen oder ob wirklich alles getan wurde, um Kostensenkungen umzusetzen. Nicht zuletzt haben in vielen Fällen Schwächen in Abläufen und Produktionsplanung negative Auswirkungen auf Kosten und Ergebnis. Was genau getan werden kann oder muss, hängt natürlich von den Ergebnissen der Simulationen ab.
Excel-Vorlage: Kostensteigerungsrechner >>
letzte Änderung J.E.
am 30.05.2023
Autor:
Jörgen Erichsen
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Andriy Popov
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Autor:in
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Herr Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen ist selbstständiger Unternehmensberater. Davor hat er in leitenden Funktionen in Konzernen gearbeitet, u.a. bei Johnson & Johnson und Deutscher Telekom. Er ist Autor von Fachbüchern und -artikeln rund um Rechnungswesen und Controlling. Außerdem ist er als Referent zu diesen Themen für verschiedene Träger tätig. Beim Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) leitet Jörgen Erichsen den Arbeitskreis Controlling.
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