Negativ-Zinsen: Was hat das Controlling zu tun?

Dr. Peter Hoberg
Verrückte Welt: Wer heutzutage Geld auf dem Girokonto oder Tagesgeldkonto hält, muss bei vielen Banken mit negativen Zinssätzen rechnen, die als "Aufbewahrungsgebühr" oder "Verwahrentgelt" bezeichnet werden. Als Folge dieser Gebühr reduziert sich das Guthaben selbst nominal. Negativzinsen betreffen auch Unternehmen.

Wenn ein Unternehmen ein Guthaben von gleichmäßig 1 Mio€0 über dem Freibetrag hält, so wächst der Betrag nicht mit der Zeit, sondern verliert sogar nominal an Wert, so dass nach einem Jahr z. B. nur noch ca. 995 T€1 zur Verfügung stehen. Der Verlust wird durch die Inflation erhöht, welche weitere Kaufkraft auffrisst.

In diesem Zusammenhang der negativen Zinssätze stellt sich die Frage, wie "Auf- und Abzinsungen" zu berechnen sind und insb. wie Verträge mit monatlichen Zahlungen z. B. über 20 Jahre zu bewerten sind. Die Controllerinnen und Controller in den Unternehmen müssen sich neu aufstellen. Zudem gibt es einige überraschende Folgerungen, wie sich Unternehmen verhalten können, um die Folgen abzumildern. Nur bei kleineren Beträgen jenseits der Freibeträge können sich die Betroffenen durch Bargeldhaltung den "Aufbewahrungsgebühren" entziehen.

1. Grundlagen

Zunächst soll dargestellt werden, wie sich die negativen Zinssätze auf vorhandene Kapitalbeträge auswirken. Die Freibeträge, von z. B. 50.000 € oder 100.000 € sind uninteressant für Unternehmen. Relevant sind die Beträge oberhalb dieser Grenzer. Nur letztere sind betroffen und werden hier behandelt.

Die Grundgleichung der Finanzmathematik bildet ab, wie sich ein Anfangsbetrag AB0 über t Perioden bei einem Periodenzinssatz von i auf einen Endbetrag EBt hochzinst:
AB0 × (1+i)t = EBt

AB0 Anfangsbetrag zum Startzeitpunkt t=0 in €0
i Kalkulationszinssatz pro Periode, häufig jährlich
q Periodenzinsfaktor 1+i, häufig jährlich
EBt Endbetrag zum Zeitpunkt t in €t

Zur Steigerung der Klarheit wird diese Gleichung mit erweiterten Einheiten versehen. Danach hat eine Zahlung zum Zeitpunkt t nicht nur die Einheit €, sondern €t (vgl. zu dieser neuen Schreibweise Hoberg (2018), S. 468 ff.). Zwei Beispiele mit jeweils einem positiven und negativen Zinssatz (Beispiel 1: 3% p.a. und -0,5% p.a.) mögen die Anwendung zeigen.


Aufzinsungen

Ein Betrag jenseits des Freibetrages von 100 T€0 soll für 2 Jahre angelegt werden. Bei 3 % p.a. für die gesamte Laufzeit erhält man:
100 T€0 × (1+0,03)22 / €0 = 106,09 T€2

Der Aufzinsungsfaktor q2 = (1+0,03)2 hat die Einheit €2 / €0, weil er für jede Einheit, die in t=0 angelegt wird, in t=2 die Einheit 2 zurückgibt. Somit wird nicht nur der Betrag von 100 €0 auf 106,09 T€2 transformiert, sondern auch die Einheit von €0 auf €2.

Mathematisch kürzt sich bei der Multiplikation die Einheit €0 heraus Mit der erweiterten Schreibweise der Einheiten wird deutlicher, wann das Geld zur Verfügung steht, womit dann auch klar wird, welche Kaufkraft dann vorliegen wird.

Die gleiche Vorgehensweise gilt auch beim negativen Zinssatz von -0,5 % p.a.:
100 T€0 × (1+-0,005)22 / €0 = 100 T€0 *(0,995)22 / €0 = 99,0025 T€2

Trotz der Anlage wird das Kapital auch nominal geringer. Immerhin wirkt der Zinseszinseffekt bei negativen Zinssätzen für den Anleger, weil am Ende des ersten Jahres (= Anfang des zweiten Jahres) nur noch 99,5 €1 der Gebühr unterliegen.

Abzinsungen

Bei einer Abzinsung werden Zahlungen auf einen früheren Zeitpunkt vorgezogen, häufig von einem zukünftigen Zeitpunkt auf den heutigen. Es wird somit die Frage beantwortet, wie viel eine zukünftige Zahlung per heute wert ist. Die Abzinsung geschieht, indem durch den Zinsfaktor q = (1+i) dividiert wird.

Es sei angenommen, dass eine Auszahlung, die in 3 Jahren, also in t = 3, fällig ist, bereits heute bezahlt werden soll. Es mögen jährliche Zinssätze von 5 % und -1 % gelten. In der normalen Welt mit positiven Zinssätzen erhält man dann:

Abzinsung = 100 T€3
=
86,384 T€0
((1+0,05)3 €3 / €0)

Das frühere Bezahlen in t = 0 wird durch einen geringeren Betrag belohnt. Die Einheit €3 kürzt sich bei der Division durch den Zinsfaktor heraus. Umgekehrt entwickelt sich der nominale Wert bei negativen Zinssätzen:

Abzinsung = 100 T€3
=
100 T€3
= 103,06 T€0
((1-0,01)3 €3 / €0)
((0,99)3 €3 / €0)

Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick abstrus aus. Man muss heute mehr bezahlen als in der Zukunft. Das wird wohl kaum jemand akzeptieren, was weiter unten für die Tipps ausgenutzt wird. Finanzmathematisch ist es jedoch korrekt. Ob man heute 103,06 T€0 bezahlt oder in 3 Jahren 100 T€3 führt zum gleichen Ergebnis, weil der Schuldner die Aufbewahrungsgebühr von 1% jährlich vermeidet, wenn er früher zahlt.

Allerdings ist der Fall weitgehend theoretisch, weil der Gläubiger fast immer eine frühere Zahlung zu 100 €0 akzeptieren wird. Wenn zu erwarten ist, dass sich die Zinssätze im Zeitablauf ändern, so wird der Zinsfaktor für jede Periode gebildet. Danach kann dann durch das Produkt der periodenspezifischen Zinsfaktoren dividiert werden.

2. Barwert- und Wiedergewinnungsfaktoren

Im vorhergehenden Absatz wurden einzelne Zahlungen mit positiven und negativen Zinssätzen auf- und abgezinst. Eine häufige Aufgabe ist es aber, Zahlungsreihen zusammenzufassen oder Einzelbeträge in Raten zu transformieren. Dafür werden teilweise Faktoren eingesetzt. Dies ist dann möglich, wenn es sich bei den Elementen der Zahlungsreihe um viele gleichmäßige Zahlungen (gleiche zeitliche Abstände, gleiche Höhe) handelt (vgl. zur Auswahl der Faktoren Hoberg (2020a), S. 1 ff.).

Barwertfaktoren

Mit Barwertfaktoren können viele gleichmäßige Zahlungen (gleiche zeitliche Abstände, gleiche Höhe) auf den heutigen Zeitpunkt bezogen werden (vgl. z. B. Varnholt/Hoberg/Gerhards/Wilms, S. 44 ff.). Dies ist hilfreich, wenn eine Investition z. B. über 5 Jahre zu gleichen monatlichen Personalkosteneinsparungen führt, wobei im ersten Schritt angenommen wird, dass sich die Löhne nicht ändern. Der Zeitindex ist für die folgenden Beispiele dann monatlich definiert.

Im einfachsten Fall für die Ermittlung der Vorteilhaftigkeit kann geprüft werden, ob die Barwertsumme der Lohneinsparungen die Anfangsinvestition übersteigt. Die Formel für den nachschüssigen BWF lautet:

BWF
= (qtn -1)

in €0 / €1;tn
(qtn × i)

BWF Barwertfaktor nachschüssig
i Periodenzinssatz, meist jährlich oder monatlich
q Periodenzinsfaktor = 1+i
tn Anzahl der Perioden

Auch in dieser Formel sind die Einheiten erweitert dargestellt. "€0 / €1;tn" bedeutet, dass für jeden € Einsparung während der Laufzeit von t = 1 bis t = tn (im Beispiel 60 Monate) eine bestimmte Einsparung in t=0 erzeugt wird. Mit einem Monatszinssatz von 0,5 % erhält man:

BWF1
= (1,00560 -1) = 51,726
 in €0 / €1;60
(1,00560 × 0.005)

BWF1 Barwertfaktor für Beispiel 1

Bei monatlich nachschüssigen Einsparungen der Personalkosten an den Monatsenden von 10 T€1;60 beträgt die Einsparung 517,26 T€0. Sie kann jetzt mit der Anfangsinvestition verglichen werden. Wenn diese 500 T€0 beträgt, wäre die Investition in diesem Szenario vorteilhaft. Bei negativen Zinssätzen ist der Ansatz der gleiche. Es möge ein monatlicher Zinssatz von -0,1 % gelten, so dass der monatliche Zinsfaktor sich auf 0,999 beläuft:

BWF2
= (0,99960 -1)
= 61,868
in €0 / €1;60
(0.99960 × -0.001)

Die sich ergebende Einsparung von 618,60 T€0 liegt wegen der Abzinsung mit einem negativen Zinssatz über der unverzinsten Summe der Einsparungen. Dies wird verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass Barwertfaktoren nichts anderes sind als die Summe von Abzinsungsfaktoren. Somit gilt die gleiche Erklärung, dass die Investition den angenehmen Nebeneffekt hätte, dass sie das Kapital reduziert, welches dem "Verwahrentgelt" unterliegt.

In der Realität würde das Unternehmen jedoch gegensteuern, indem es die Guthaben verwendet, um die Kredite zu reduzieren. Es muss dann jedoch darauf achten, dass es seinen finanziellen Spielraum behält und dafür die Kreditlinien beibehält oder sogar erhöht.

Endwertfaktoren

Wenn alle Zahlungen verzinslich auf das Ende des Planungszeitraums bezogen werden sollen, sind Endwertfaktoren notwendig. Diese berechnen sich, indem alle Zahlungen auf das Planungsende hochgezinst werden, oder einfacher, indem die Barwertfaktoren auf das Planungsende aufgezinst werden (vgl. z. B. Varnholt/Hoberg/Gerhards/Wilms, S. 45). Durch die Multiplikation mit dem Aufzinsfaktor qtn kürzt sich im Nenner der Faktor qtn heraus, so dass folgende Ergebnisse für die Daten des Beispiels resultieren:

EWF1
= (qtn-1)
= (1,00560 -1) = 69,770
in €60 / €1;60
i
0.005

EWF1 Endwertfaktor für Beispiel 1

Die Einheit des Endwertfaktors beträgt €60 / €1;60, weil alle Raten, die von t = 1 bis t = 60 anfallen, auf das Ende in t = tn = 60 hochgezinst werden. Bei monatlich nachschüssigen Einsparungen an den Periodenenden von 10 T€1;60 beträgt die Einsparung 697,7 T€60. Sie muss dann mit der aufgezinsten Anfangsinvestition verglichen werden. Die gleiche Vorgehensweise gilt für Beispiel 2 mit dem negativen Zinssatz von -0,1 %:

EWF2 = (0,99960 -1) = 58,264 in €60 / €1;60
-1

Das Ergebnis liegt unter dem Wert der unverzinsten Summe, was bei positiven Zinssätzen ein klares Zeichen für einen Rechenfehler darstellt. Aber wie bei den einzelnen Aufzinsungen verliert der Anleger auch bei mehrfachen Zahlungen selbst nominal Geld, wenn er zu einem negativen Zinssatz anlegt. Umgekehrt profitiert ein Schuldner, wenn er bereits früher damit anfängt, eine Schuld in 60 Monaten zu bezahlen.

Wiedergewinnungsfaktoren

Barwert- und Endwertfaktoren haben viele Raten in einem großen Betrag zusammengefasst. Die umgekehrte Fragestellung liegt vor, wenn ein großer Betrag in gleichmäßige Raten transformiert werden soll. Dies geschieht mit Hilfe von Wiedergewinnungsfaktoren (vgl. hierzu Hoberg (2020a), S. 1 ff.). Sie werden als Kehrwert des Barwertfaktors gebildet. Der nachschüssige Wiedergewinnungsfaktor WGF ist wie folgt definiert (vgl. auch Götze, S. 76 ff.):

WGF = (qtn × i)
in €1;tn / €0
(qtn -1)

Mit den Daten des Beispiels erhält man:

WGF(i= 0,005; tn = 60)
= (1,00560 × 0,005)
= 1,933 % in €1;tn / €0
(1,00560 -1)

WGF1 Wiedergewinnungsfaktor für Beispiel 1

Der Wiedergewinnungsfaktor ist nun so zu interpretieren, dass zu jedem der 60 Monatsenden 1,933 % des zu verteilenden Betrages wieder eingespielt werden muss. Zur leichteren Nachvollziehbarkeit wird der Betrag in t = 0 auf das Ergebnis des Beispiels für den Barwertfaktor von 517,26 T€0 gesetzt.

Diese nachschüssigen Monatsraten ergeben sich mit den Beispielsdaten zu 517,26 T€0 * 0,01933 = 10.000 €1;60. Diese 60 Monatsraten entsprechen nach Abzinsung und Summierung also genau dem oben berechneten Betrag von 517,26 T€0. Bei dem negativen Zinssatz von -0,1% pro Monat ermittelt sich der Wiedergewinnungsfaktor wie folgt:

WGF2 (iM=-0,001; tn=60) = (0,99960 × 0,005)
= 1,616 % in €1;60 / €0
(0,99960 -1))

Mit dem Wiedergewinnungsfaktor für Beispiel 2 (WGF2) ergeben sich die Raten zu 0,01616 €1;60 / €0 * 618,68 T€0 = 10 T€1;60. Der Faktor von 1,616 % ist niedriger als der lineare Faktor, den man erhält, wenn durch die Laufzeit von 60 Monaten dividiert wird: 1/60 = 0,01667 = 1,667 %.

Üblicherweise ist er wesentlich höher als der lineare Faktor aufgrund der Zinsbestandteile. Diese wirken sich hier aber wegen des negativen Zinssatzes reduzierend aus. Ein Kreditnehmer wäre begeistert, wenn er ein solches Angebot ohne Haken finden würde. Am Rande sei noch erwähnt, dass die obigen Faktoren auch für den Fall von Lohnerhöhungen erweitert werden können, wenn von gleichen Steigerungen ausgegangen werden kann (vgl. zu den Formeln z. B. Brealey/Myers/Marcus, S. 149 ff.).

3. Unterjährigkeit

Banken rechnen die Girokonten monatlich oder quartalsweise ab. Das hat für sie den angenehmen Effekt, dass tatsächlich ein noch höherer Kreditzinssatz angewendet werden kann als der, welcher angegeben wird. So werden aus 14 % nominalem Jahreszinssatz dann 3,5 % pro Quartal, was effektiv dann 1,0354 – 1 = 14,75 % bedeutet. Der Zinseszinseffekt wirkt somit 4-mal pro Jahr. Leider sind die Banken nicht verpflichtet, diesen Effektivzinssatz anzugeben.

Im Falle negativer Zinssätze dreht sich der Zinseszinseffekt jedoch um, auch wenn das nur minimale Bedeutung hat. Bei einem negativen Zinssatz (= Aufbewahrungsgebühr) von -1 % p.a. beträgt der Quartalszinssatz -0,25 % = -0,0025, woraus der quartalsweise Zinsfaktor von 0,9975 resultiert. Die auf das Jahr hochgerechnete Effektivverzinsung beläuft sich dann auf -0,996 %, also weniger als der Nominalzinssatz. Dies liegt daran, dass der Guthabenstand am Ende des ersten Quartals durch die Gebühren reduziert wird, so dass sich die Gebühren im zweiten Quartal auf einer geringeren Basis berechnen.

Die Konten von Unternehmen werden üblicherweise monatlich abgerechnet. Im privaten Bereich gilt die monatliche Abrechnung z. B. für Hypotheken- oder Konsumentenkredite. Dadurch kann der Zinseszinseffekt 12-mal pro Jahr wirken. Ein nominaler Jahreszinssatz von 6 % wird so zu einem Effektivzinssatz von 6,17 % p.a.

Wird jedoch ein negativer Zinssatz von -1% = -0,01 p.a. angewendet, so beläuft sich die jährliche Effektivverzinsung auf (1 – 0,01/12)12 – 1 = -0,995% p.a. Es lässt sich somit festhalten, dass bei negativen Zinssätzen auf Guthaben ein sehr geringer positiver Zinseszinseffekt für den Kunden wirkt.

4. Anpassungsreaktionen

"Aufbewahrungsentgelte" haben viele Kunden aufgeschreckt, was vielleicht auch seine guten Seiten hat. Denn sie hätten schon vorher reagieren müssen, als durch die Inflation die Kaufkraft ihres Geldes immer weiter abnahm. Wenn die Zinssätze für Guthaben jenseits geringer Freibeträge negativ sind, sollten bestehende Kredite sofort getilgt werden.

Bei Hypothekenkrediten bietet sich jetzt noch mehr das Ausnutzen von Sondertilgungen an. Genauso lohnt sich ein Blick in die Versicherungsverträge. Sie sollten sofort am Jahresanfang bezahlt werden, weil die Versicherungsgesellschaft für z. B. monatliche Zahlungen zweistellige Effektivverzinsungen in Rechnung stellen, so dass selbst bei geringen Habenzinssätzen eine sofortige Bezahlung sinnvoll wäre (vgl. zur Zahlungsweise von Versicherungen Hoberg (2020b), S. 317 ff.).

Auch wird das Bezahlen von Rechnungen vor der Fälligkeit sinnvoll. Neben der Vermeidung von "Verwahrentgelten" freuen sich sicher auch kleine Handwerkbetriebe, wenn sie dann teure Kredite früher zurückzahlen können. Das Horten von Bargeld im Unternehmen stellt nur begrenzt eine Lösung dar. Auch der Kauf eines Tresors will gut abgewogen sein.

Im kurzfristigen Bereich wird der in normalen Zeiten verrückte Vorschlag gemacht, Rechnungen schon vor ihrer Fälligkeit zu bezahlen. Neben der Ersparnis an "Verwahrentgelten" verbessert sich so das Standing bei den Lieferanten. Bei den nächsten Preisverhandlungen kann sich das auszahlen. 

Zudem können höhere Anzahlungen gewählt werden, da dafür dann spätere Zahlungen überproportional geringer werden. Langfristig sollten keine hohen Geldbestände auf den Konten gehalten werden. Fast alle Unternehmen werden mit einer Mischung aus Eigenkapital und Fremdkapital finanziert.

Ein Teil des Fremdkapitals sollte kurzfristig aufgenommen werden, so dass es kurzfristig zurückgezahlt werden kann. Tilgungen von Fremdkapital sind somit sinnvoll, wobei das Unternehmen sich aber über Kreditlinien absichern muss für den Fall, dass es wegen nicht vorhergesehener Finanzierungsprobleme, z. B. aufgrund der Pleite eines Großkunden, dringend zusätzliche Liquidität in Form von Krediten benötigt.

Im Weiteren sollten die Unternehmen Konten zusammenlegen bzw. mit dem Cash-Pooling versuchen, positive und negative Bestände weitgehend auszugleichen. Denn wenn ein Unternehmen bei Bank A ein Guthaben aufweist und bei Bank B einen negativen Saldo, so muss es 2x bezahlen. Das Cash-Pooling wird noch interessanter, wobei ev. Überschüsse entweder zur Tilgung von Krediten innerhalb der Unternehmensgruppe genutzt werden können oder auf Konten im Ausland legal geparkt werden können.

5. Schlussfolgerungen

Die häufig "Aufbewahrungsgebühren" oder "Verwahrentgelte" genannten Strafzinsen fordern die Reaktion der Kunden heraus, zumal die Banken nach dem wegweisenden Urteil des BGH vom 27. April 2021 schriftlich die Zustimmung einholen müssen, wenn sie ihre Bedingungen ändern wollen.

Die Banken haben mit den "Aufbewahrungsgebühren" wohl ein Eigentor geschossen, weil kaum anzunehmen ist, dass die Kunden zurückkehren werden, wenn die Inflation wohl demnächst dafür sorgen wird, dass die Negativzinsen verschwinden.

Auch die sehr hohe Verschuldung vieler Staaten sollte über höhere Risikoaufschläge zu positiven Zinssätzen führen. Selbst Deutschland ist davon betroffen, das wegen der impliziten Verschuldung durch die Sozialsicherungssysteme über 400 % an tatsächlicher Verschuldung aufgebaut hat (vgl. Raffelhüschen, S. 1 ff.). Die Grenze für seriöse Staatsfinanzierung liegt laut den Maastricht-Verträgen bei 60 %.

Solange aber die Banken noch auf negativen Zinsen bestehen, sollten die Unternehmen mit den oben vorgestellten Maßnahmen reagieren.




letzte Änderung P.D.P.H. am 22.08.2023
Autor:  Dr. Peter Hoberg
Bild:  Bildagentur PantherMedia / Xalanx


Autor:in
Herr Prof. Dr. Peter Hoberg
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Worms. Seine Lehrschwerpunkte sind Kosten- und Leistungsrechnung, Investitionsrechnung, Entscheidungstheorie, Produktions- und Kostentheorie und Controlling. Prof. Hoberg schreibt auf Controlling-Portal.de regelmäßig Fachartikel, vor allem zu Kosten- und Leistungsrechnung sowie zu Investitionsrechnung.
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