Im täglichen
Operationsmanagement kann es oft passieren, dass man den Wald vor Bäumen nicht sieht. Kunden rufen im Unternehmen an und geben Aufträge ab. Die Frage, die innerhalb von Sekunden von Controllern und
Revenue Managern beantwortet werden muss, ist, ob dieser eingegangene Auftrag die volle Auslastung der
Produktionskapazitäten bringt und ein positiver Deckungsbeitrag erzielt wird oder ob das Gegenteil der Fall ist. Wie sieht es aus, wenn mehrere Aufträge gleichzeitig eintreffen und wie hoch sind die
Opportunitätskosten?
Was ist Revenue Management
Die Frage soll die Materie des Revenue Management erklären. Revenue Management ist ein noch wenig beachteter Bereich in der Unternehmenswelt. Die wenigsten mittelständischen Unternehmen haben dafür eine extra Abteilung eingerichtet. Der Grund ist, dass die
Wichtigkeit, der Nutzen und die Potentiale dieser Materie selbst 30 Jahre nach der Einführung
noch lange nicht erkannt sind. Durch einfache statistische und mathematische Methoden werden optimale Strategien in Preis- und
Produktionsplanung entwickelt, um die Gewinnmaximierung im Unternehmen langfristig zu erreichen. Ursprünglich kommt dieser Bereich aus der Airline-Industrie.
Anzeige
Kennzahlen-Guide für Controller:
Über 200 Kennzahlen aus Finanzen, Personal, Logistik, Produktion, Einkauf, Vertrieb, eCommerce und IT.
Preis: ab 12,90 Euro Brutto
Mehr Infos >>
Obwohl fast jedes Großunternehmen Revenue Management benötigt, kommt diese nicht professionell zur Anwendung.
Preisgestaltung wird nach Gefühl vorgenommen, was sich langfristig negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirken kann. Revenue Management ist eine marktorientierte
Preis-Mengen-Strategie und die Gestaltung des optimalen Auftragsmanagements, um Umsätze langfristig und nachhaltig positiv zu optimieren. Die Materie ist unterteilt in drei Stufen.
In der ersten Stufe erfolgt die
grundlegende Analyse. Um eine
Umsatzsteigerung vornehmen zu können, muss der Revenue Manager die Kunden und den Markt kennen. Danach werden Kunden in bestimmte Segmente geclustert, daraus spezifische Produkte erstellt und optimale Verkaufspreise abgeleitet.
Unternehmen müssen sich an
komplexe und immer wieder veränderte Nachfrage-Segmente anpassen, um ertragsoptimale
Preisstrategien festlegen zu können. Erschwerend kommt bei diesem Aspekt hinzu, dass die Datenschwankungen enorm sind, bedingt dadurch, dass sich das Nachfrageverhalten täglich, stündlich oder gar minütlich ändern kann. Das
Ziel jedes Revenue Managers ist es,
das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Kunden zum gewinnoptimalen und kundengerechten Preis zu verkaufen. Revenue Management wird häufig im Marketing untergeordnet. Revenue Management ist aber ein Teil des
Controllings.
Heutzutage ist jedes professionell geführte Unternehmen mit einem
Warenwirtschaftssystem ausgestattet, um schnellstmöglich Entscheidungen in unsicheren Auftragssituationen bei komplexer Nachfrage treffen zu können.
Der
Revenue Manager muss die Wirtschaftlichkeit im Auge haben, den Überblick über Kostenstrukturen, Auftragsdichte und Nachfragetypen. Und er muss sich der Frage stellen, ob alle Produktions- und Vertriebsprozesse langfristig wirtschaftlich sind. Die Grundlage für den Erfolg in allen Handelsunternehmen ist die ertragsorientierte Preiskalkulation, die gegen unerwartete Schwankungen abgesichert werden muss, z.B.:
- Zahlungsverzug der Kunden
- Höhere Gewalt
- Unerwarteter Kostenansprung in allen Abteilungen
- Auftragsabsage
Vorrausschauendes Planen ist die Lösung. Dazu folgende Anregung:
NP= Nettopreis
GK= Gesamtkosten
X= Maximale angebotene Produktionskapazität
P= Sicherheitskoeffizient
Der
Sicherheitskoeffizient gibt das
relative Verhältnis zwischen Gesamtkosten und Gesamtumsatz an. Dieser Faktor dient als Absicherung, dass der zu erzielende Umsatz kontinuierlich gegenüber den anfallenden Kosten wachsen soll. P wird berechnet durch die Formel
Diese Komponenten werden in folgende Formel eingesetzt.
Die
Grundformel für ein nachhaltiges Gewinn-Maximum ist ein positiver
Nettodeckungsbeitrag. Die Gesamtkosten und ein möglicher Auftragsanstieg werden mit einem Sicherheitskoeffizienten multipliziert. Die Teilung dieser beiden Parameter bezeichnet man als Grenzkosten. Eine goldene Regel sagt, dass der Verkaufspreis größer sein muss als die Grenzkosten. Im nächsten Schritt werden die Gesamtkosten abgezogen und mit dem Sicherheitskoeffizienten dividiert.
Beispiel
NP= 150 Euro
GK= 150.000 Euro
X= 20.000
P= 5 % = 1,05 als Faktor
Nettodeckungsbeitrag = 2.571.428,57 Euro
Der
zu erwartender Nettodeckungsbeitrag, unter der Berücksichtigung größter Schwankungen, beträgt nach der Kalkulation 2.571.428,57 Euro. Der Revenue Manager kann im schlimmsten Fall bzw. unter höchster Unsicherheit diesen Betrag als positiven Deckungsbeitrag verbuchen. Die Kalkulation beruht darauf, dass die Gesamtkosten im Unternehmen sprunghaft ansteigen können, worauf Controller und Revenue Manager vorbereitet sein müssen.
Eine Grundregel sagt, dass der
Erfolg konstant kontrolliert werden muss. Die typischen Warenwirtschaftssysteme können die relevanten Daten geordnet und übersichtlich darstellen. Diese Daten werden aber nicht verglichen und zu wenig ins Verhältnis gesetzt. Die Interpretation der Daten werden nicht effektiv und effizient vorgenommen.
Daher wird ein neues
Produkt-Clusterverfahren mit dem Namen
FH-Capacity Cluster vorgestellt. Das FH-Capacity Cluster Verfahren ist ein Ranking-Analyse-Prozess, bei dem Revenue Manager oder Business Analysten feststellen können, welche Produkte im Unternehmen in welchem Zeitraum welchen Revenue erzielen, unter der Berücksichtigung der gegebenen Auftragslage. Dieses Verfahren hat das Ziel, folgende Parameter zu optimieren.
- Netto-Revenue
- Auftragsdichte
- Zeitraumplanung
Ein
Trend-Mythos, der sich in der Praxis festgesetzt hat besagt, dass bei einem Unternehmen mit ausgelasteten Auftragskapazitäten das Gewinnmaximum erreicht wird. Sind die Verkaufspreise kostendeckend und marktorientiert, also entsprechend der Zahlungsbereitschaft der Kunden nachhaltig gestaltet, kann je nach Situation das Gewinnmaximum erreicht werden. Im Endschritt wird ein aufsteigendes Ranking erstellt, woraus sich die
Key Sucess Faktoren, also die Anzahl der verkauften Produkte in den verschiedenen Marktsegmenten, herauskristallisieren, die ertragsreich sind und zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens beitragen.
Die Vorteile dieses Clusterverfahren sind, dass bei einem Vergleich der Daten Nachfragetrends und Kundenpräferenz erfasst werden können. Ohne das Aufstellen von Auftragsdaten kann keine langfristige Entscheidung aus Sicht des Revenue Managements getroffen werden. Der Nutzen dieses Verfahren ist somit unabdingbar. Durch die gewonnen Daten können langfristig weitere
Forecasting-Prozesse verbessert werden. Zuletzt bietet dieses Cluster-Verfahren die ersten
Ansätze der Produkt- und Service-Optimierung. Die Berechnung erfolgt mit Hilfe einfacher mathematischer Formeln, die sich mit jedem gängigen Kalkulationsprogramm ermittelt lassen.
Das Endziel des FH-Capacity Cluster Verfahren gehört zu den
Markt/Customer-Analysen. Das Ziel ist es, langfristig die Grundlage zum Erhalt der Wirtschaftlichkeit und Optimierung in der Produktentwicklung zu schaffen. Nun wird im Folgenden das innovative Verfahren am Beispiel vom europäischen Markt gezeigt.
Produkt
|
Netto
Preis
|
Netto
Revenue
|
Auftragsanzahl
|
Zeitraum
|
Auftragsdichte
|
1
|
205 €
|
70.110 €
|
342
|
267
|
8,52 %
|
2
|
306 €
|
118.422 €
|
387
|
360
|
9,64 %
|
3
|
269 €
|
95.495 €
|
355
|
365
|
8,84 %
|
4
|
308 €
|
46.508 €
|
151
|
345
|
3,76 %
|
5
|
209 €
|
21.736 €
|
104
|
224
|
2,59 %
|
6
|
260 €
|
85.800 €
|
330
|
329
|
8,22 %
|
7
|
328 €
|
74.456 €
|
227
|
232
|
5,65 %
|
8
|
117 €
|
32.994 €
|
282
|
242
|
7,02 %
|
9
|
318 €
|
90.948 €
|
286
|
296
|
7,12 %
|
10
|
321 €
|
88.275 €
|
275
|
276
|
6,85 %
|
Summe
|
|
724.744 €
|
2.739
|
|
68,22 %
|
Die Nettopreise sind marktorientiert gestaltet. Die angebotene Produktionskapazität des Unternehmens beträgt im Jahr 4015 Produkte. Der Gesamtrevenue beträgt 724.744 Euro. 2.739 Aufträge wurden im europäischen Markt getätigt. Der Auftragsdichte beträgt 68,22 %. Diese
Kennzahl gibt an, wie hoch das relative
Verhältnis ist zwischen der tatsächlichen Auslastung der Produktionskapazität und der maximalen Produktionskapazität. Des Weiteren wird der Zeitraum angezeigt, wie lang es gedauert hat, bis alle Aufträge von Kundenseite getätigt worden sind.
Die
Auftragsdichte des ersten Produktes beträgt 8,52%. Die erste Spalte der Tabelle zeigt die unterschiedlichen Nettopreise jedes einzelnen Produktes. Beim ersten Produkt wurden 70.110 Euro Netto-Revenue (Auftragszahl*Preis) erzielt.
Die Frage eines jedes strategischen denkenden
Market-Revenue Managers ist nun, welches Produkt im
Produktportfolio den höchsten Ertrag im Zeitraum einer niedrigsten Auftragsdichte wiedergibt.
Die Lösung wird anhand einer einfachen Formel errechnet:
FHCC= FH-Capacity Cluster Verfahren
Ni= Zeitraum
KGNI= Höchster erfasster Zeitpunkt
Ln=Natürlicher Logarithmus
Die Lösungschritte R1 und R2 sind extra unterteilt, damit die Übersichtlichkeit nicht verloren geht.
A= Summe der Produkte
B= Auftragsstand pro Produkt
C= Höchster Auftragsstand der Gesamtkapazität
D= Höchster erzielter Nettorevenue
Für die erste Kategorie wird das erste Beispiel vorgerechnet.
Abb. 10
Abb. 11
Abb. 12
FHCC = 2,117
Berechnet man für jedes einzelne Produkt den FHCC Wert, ergibt sich folgende Tabelle.
R1
|
FH Capacitiy
Optimisation
|
Rang
|
0,988
|
2,117
|
4
|
1,000
|
2,837
|
8
|
0,991
|
2,889
|
10
|
0,910
|
2,853
|
9
|
0,877
|
1,889
|
2
|
0,984
|
2,614
|
7
|
0,948
|
1,879
|
1
|
0,969
|
1,938
|
3
|
0,970
|
2,369
|
6
|
0,966
|
2,273
|
5
|
Danach muss ein aufsteigender Rank vorgenommen werden, um die Produkte miteinander vergleichen zu können. Die FHCC kann diese verschiedenen Parameter
Revenue, Zeitraum, und Auftragslage vereinheitlichen und wertmäßig optimieren. Die Ergebnisse werden in folgende Aufstellungen dargestellt.
Rang
|
Netto Revenue
|
Zeitraum
|
Auftragsanzahl
|
Auftragsdichte
|
1
|
74.456 €
|
232
|
227
|
5,65 %
|
2
|
21.736 €
|
224
|
104
|
2,59 %
|
3
|
32.994 €
|
242
|
282
|
7,02 %
|
|
129.186 €
|
|
|
15,27 %
|
Der Zeitraum ist aufsteigend berechnet. Die Interpretation des Ergebnisses wird im Folgenden erklärt. Die ersten drei ertragsreichen Produkte sind 7, 5 und 8. Das siebte Produkt erwirtschaftet 74.456 Euro in 232 Tagen mit bis zu 227 Produkten. Die Auftragsdichte beträgt 5,65 %. Zusammengefasst erzielen die drei Stärksten insgesamt 129.186 €. Die Produkte 7, 5 und 8 erwirtschaften somit 15,37% des Gesamtumsatzes. Im Vergleich zu dem ersten Produkt erwirtschaftet das zweite Produkt genau 21.736 Euro in 224 Tagen.
Teilkapazität
|
Rang
|
Auftragsdichte
|
1
|
4
|
8,52 %
|
2
|
8
|
9,64 %
|
3
|
10
|
8,84 %
|
4
|
9
|
3,76 %
|
5
|
2
|
2,59 %
|
6
|
7
|
8,22 %
|
7
|
1
|
5,65 %
|
8
|
3
|
7,02 %
|
9
|
6
|
7,12 %
|
10
|
5
|
6,85 %
|
Je niedriger die Auftragsdichte bei den Ergebnissen des FH-Capacity Cluster Verfahren ausfällt, desto mehr Umsatz macht ein einzelnes Produkt im Unternehmen bzw. je mehr Umsatz ein Produkt macht, desto mehr ist dies ein positiver Betrag hin zum Endziel des Gewinnmaximums. Die Geschwindigkeit bis der Revenue eintrifft, ist somit schneller, d.h. die Kundenpräferenz ist für das Produkt ermittelt. Dies ist aber nicht immer der Fall, wie das Beispiel gezeigt hat, denn wenn der Revenue niedrig ist und eine niedrige Auftragsdichte hat, kann es vorkommen, dass ein Produkt mit einem höheren Revenue, aber zeitgleich höherer Auftragsdichte, bevorzugt wird.
Somit ist dieses Verfahren ein
dynamischer und spezifischer Optimierungsprozess. Der Revenue Manager muss sein Augenmerk auf diese oben gezeigten drei Produkte in der marktorientierten Strategie richten, um einen positiven Geschäftsbeitrag erwirtschaften zu können. Des Weiteren können somit weitere Maßnahmen im Produktmanagement vorgenommen werden. Vertrieb und Sales können gestärkt werden, weil sich durch dieses Clusterverfahren die Stärken herauskristallisieren lassen.
Umsatzverdrängung kann besser vorgebeugt werden, da dieses analytische Verfahren einen strategischen
Ansatz zur Optimierung der Fencingregeln und Vorgaben bringen. Der Revenue Manager kennt die Produktpräferenzen der Kunden.
Dieses Verfahren hilft somit die Produktionskapazität optimal zu planen. Die
Vertriebsmitarbeiter wissen automatisch, welche Produkte bevorzugt verkauft werden sollen. Das Risiko eines Umsatzverlustes wird minimiert. Oftmals ist es so, dass durch ein Unterlassen der Datensammlung ein plötzlicher unkontrollierter Kostenanstieg eintreffen kann. Das Unternehmen muss Kosteneinsparungsmaßnahmen einleiten. Das Risiko besteht hiermit, dass die Qualität, die das Produkt ausmacht, vernachlässigt wird.
Zum Abschluss ein altes lateinisches Sprichwort:
„Analysis, radix ad meditandum confirmandumque consilio negotium successu.”
Analyse, Planung und Strategie sind die Wurzel des unternehmerischen Erfolges.
Der Autor:
Felix Huebner, Master of Science im Bereich Finance und Investment an der ADG Business School. Berufliche Spezialisierung liegen in den Bereichen digitalisiertes Controlling, Kosten/Leistungsrechnung und Unternehmensbewertung. Sein Motto: "Rational, ökonomisch, innovativ, dynamisch, realistisch und gerade denken." Hübner ist Autor zweier Fachbücher beim Ibidem-Verlag in Stuttgart.
letzte Änderung W.V.R.
am 29.10.2024
Autor:
Felix Huebner
Bild:
panthermedia.net / violetkaipa
|