Am 14. November 2016 konnte der erstaunte Controller lesen, warum die Piloten der Lufthansa unter Führung der Spartengewerkschaft "Vereinigung Cockpit" (VC) ein kurz vorher unterbreitetes Gehaltsangebot der Lufthansa abgelehnt haben.
Der Pressemitteilung von VC ist zu entnehmen, dass die Lufthansa die letzten 5 Jahre 5 Milliarden Euro Gewinn gemacht hätte und jetzt kein Geld für eine faire Entlohnung der circa 5000 Piloten (von 10.000) ausgeben wolle. Betroffen sind die privilegierten Piloten insbesondere von
Lufthansa und Germanwings, während andere Piloten der Gruppe deutlich niedriger entlohnt werden.
Gefordert wurden 18 Prozent, um den Lohnerhöhungsstopp (nicht Lohnstopp wie man manchmal lesen kann) der letzten 5 Jahre auszugleichen. Das Argument hört sich auf den ersten Blick schlüssig an. Allerdings stimmt es nicht mit den Tatsachen überein. Dies ist besonders bitter, weil das Lufthansa Controlling die betriebswirtschaftlich richtigen Gewinngrößen ausweist, dies aber der VC wohl nicht vermitteln konnte. Oder die VC wollte es nicht verstehen…
In jedem Fall sollten die Grundlagen neutral aufbereitet sein, so dass jeder Gutwillige sich seine Meinung bilden kann.
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1. Übliche Gewinngrößen
Es gibt eine große Anzahl von Gewinngrößen. Zunächst ist zu unterscheiden, ob die Gewinne sich auf das
interne oder das externe Rechnungswesen stützen. Da für den Außenstehenden nur die publizierten Daten des externen Rechnungswesens zur Verfügung stehen, soll von diesen ausgegangen werden. Die Lufthansa berichtet besonders das
EBIT (Earnings before interest and taxes) und den Jahresüberschuss (EAT = Earnings after taxes). Auf weitere vorgelagerte Gewinngrößen wie Ebitda, Ebita, Bruttoergebnis usw. wird hier nicht weiter eingegangen. Auch das EBT (Earnings before taxes) ist in diesem Zusammenhang nicht so wichtig. Gemäß den jeweiligen Geschäftsberichten der Lufthansa haben sich in den letzten 5 Jahren die folgenden Daten ergeben:
Abb. 1: Ebit und Eat der LH-Gruppe in den Jahren 2011 bis 2015
Man sieht, dass nur die Summe der Ebits in etwa 5 Milliarden Euro über die letzten 5 Jahre ausmacht. Aber diese Größe enthält weder die Abzüge für Fremdkapitalzinsen noch die für Ertragssteuern. Dies ist erst für das Eat der Fall, das zeigt, welcher Betrag für die Eigenkapitalgeber zur Verfügung steht. Er kann ausgeschüttet oder thesauriert werden.
Es sei angemerkt, dass VC das schwache Eat des Jahres 2011 durch eine Prognose des Jahres 2016 ausgetauscht hat. Damit würden laut VC die Konzernergebnisse (Eat) 5 Milliarden Euro erreichen. Aber auch mit dieser Interpretation der letzten 5 Jahres sind die Eigenkapitalkosten noch nicht berücksichtigt, zumal im Ebit und Eat die hohen Belastungen durch die Erhöhung der Rückstellungen für die Pensionsverpflichtungen aufgrund der Senkung des Abzinsungsfaktors nicht abgebildet sind.
Wichtig ist nun die Frage, ob die
Eigenkapitalgeber eine akzeptable Verzinsung für das zur Verfügung gestellte Aktienkapital erhalten haben. Denn die Lufthansa steht auch auf der Finanzierungsseite im Wettbewerb und muss die Eigenkapitalgeber immer wieder überzeugen, ihr das Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Diese Eigenkapitalkosten müssen berücksichtigt werden.
2. Betriebswirtschaftlich korrekte Gewinngrößen
Um die kompletten Kapitalkosten sachgerecht abbilden zu können, hat die Lufthansa die Größe Eacc (Earnings after cost of capital) etabliert. Sie ist nach Ertragssteuern definiert. Und die Definition des "capital" umfasst nicht nur das Fremdkapital (wie das Eat), sondern auch das Eigenkapital, was ebenfalls angemessen verzinst werden muss. Diese Verzinsung wird über das CAPM (Capital Asset Pricing Modell) abgeleitet, welches das höhere Risiko für das Eigenkapital berücksichtigt und für den Eigenkapitalgeber eine Risikoprämie vorsieht (vgl. hierzu das Standardwerk Brealey/Myers/Allen, S. 183 ff.).
Wenn das Eacc positiv ist, sind alle Stakeholder bedient worden und die Lufthansa hat Wert geschaffen. Erst ein positives Eacc könnte verteilt werden, obwohl es ja eigentlich den Eigenkapitalgebern zusteht.
Die folgende Eacc-Werte lassen sich der Roadshow 2015 (S. 45) der Lufthansa entnehmen (Zinssatz (wacc): 5,9%):
Abb. 2: Earnings after cost of capital (Eacc) der LH-Gruppe in den Jahren 2011 bis 2015
Die Zahlen zeigen deutlich, dass es der Lufthansa in den letzten Jahren nicht gelungen ist, Werte zu schaffen. Gegenüber dem normalen Anspruch haben die Aktionäre in Summe 748 Millionen Euro verloren. Die stark schwankenden Werte unterstreichen die Einschätzung, dass die Aktionäre eine Risikoprämie erhalten müssen.
Auch wenn der Vergleichszeitraum wieder ein Jahr nach hinten (also auf 2012 bis 2016) geschoben wird, entsteht keine hohe Summe, selbst bei der Annahme, dass das Eacc des Jahres 2015 wieder erreicht wird. Für die Argumentation in der Gehaltsfindung ist die Schlussfolgerung einfach: Die angeblich zur Verfügung stehenden hohen Gewinne sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht vorhanden.
3. Schlussfolgerung
Die methodisch korrekte Ermittlung von Gewinnen muss die Entlohnung aller Stakeholder beinhalten. Während dies für Personal, Lieferanten, Kreditgebern usw. immer durchgeführt wird, werden die Eigenkapitalkosten häufig nicht berücksichtigt. Aber erst wenn die
Eigenkapitalgeber eine faire Entlohnung erhalten haben (was auch eine Risikoprämie umfassen muss), hat ein Unternehmen erfolgreich gearbeitet.
Bei der Lufthansa hat in den letzten Jahren im Durchschnitt keine Wertschaffung stattgefunden (so dass die Aktionäre nicht viel Spaß hatten). Insofern stehen auf dieser Seite keine Beträge zur Verfügung, um Gehaltserhöhungen ohne Probleme durchführen zu können. Es wäre zu wünschen, dass die VC dieses als falsch entlarvte Argument nicht mehr anführt.
letzte Änderung W.V.R.
am 30.08.2024
Autor:
Dr. Peter Hoberg
Bild:
Ingrid Friedl / Lufthansa
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03.12.2016 14:32:10 - Winnie
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