[Stand: 2012] Bis zur
Einführung des BilMoG konnten Handels- und Steuerbilanz zwar übereinstimmen, mussten jedoch nicht. Für Zwecke der Veröffentlichung, Bankenpräsentation sowie der Steuerfestsetzung war es möglich, identische Bilanzen zu erstellen. Aufgrund der speziell steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften, die einige
Abweichungen von der Handelsbilanz erzwangen, war es jedoch erforderlich, entweder neben der Handelsbilanz eine gesonderte Steuerbilanz aufzustellen oder unmittelbar die steuerliche Bemessungsgrundlage mittels Überleitungsrechnung aus der Handelsbilanz zu entwickeln. Durch Inkrafttreten des BilMoG ist es kaum noch möglich eine Einheitsbilanz aufzustellen.
Denn durch die Einschränkung des
Maßgeblichkeitsgrundsatzes und durch den Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit, dürfen steuerrechtliche Sonderregelungen nicht mehr in die Handelsbilanz übernommen werden. Es ist nun sehr wichtig, eine umfassende steuerliche Buchführung zu erstellen.
Nachfolgend werden wesentliche Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz nach BilMoG in einer Übersicht dargestellt.
Die Angleichungen der Handelsbilanz an die Steuerbilanz
Handelsrechtliche Aktivierungspflicht für entgeltlich erworbenen Geschäftswert
Der
Geschäfts- oder Firmenwert ist nach neuer Rechtslage ein Vermögensgegenstand, der in der
Steuerbilanz aktiviert werden muss (kein Wahlrecht mehr) und über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 HGB, § 7 EStG) ist. Handelsrechtlich ist der Firmenwert grundsätzlich über 5 Jahre abzuschreiben, steuerrechtlich dagegen über 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG). Wenn entgeltlich erworbener Firmenwert handelsrechtlich über mehr als fünf Jahre abgeschrieben werden soll, muss dies im Anhang begründet werden.
Abschaffung der bisherigen handelsrechtlichen Rückstellungswahlrechte
Das in der Handelsbilanz bisher vorhandene
Passivierungswahlrecht für
Instandhaltungsrückstellungen, die im folgenden Wirtschaftsjahr innerhalb des zweiten bis vierten Quartals nachgeholt werden müssten, fällt weg - es dürfen keine
Rückstellungen mehr gebildet werden. Werden die unterlassenen Instandhaltungen innerhalb von drei Monaten des Folgejahres nachgeholt, müssen Rückstellungen weiterhin
handels- und steuerrechtlich passiviert werden (249 Abs. 1 S. 3 HGB).
Einschränkung außerplanmäßiger Abschreibungen in der Handelsbilanz
Das handelsrechtliche Abschreibungswahlrecht bei vorübergehender Wertminderung von Vermögensgegenständen des
Anlagevermögens entfällt. Für diese Bilanzposten besteht ein
Abschreibungsverbot. In der
Handelsbilanz sind außerplanmäßige Abschreibungen bei Gegenständen des Anlagevermögens nur noch bei dauerhafter Wertminderung möglich (§ 253 Abs. 3 HGB), was zu einer Angleichung an die Steuerbilanz führt.
Neuregelung zu den Herstellungskosten
Der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff wurde in § 255 Abs. 2 HGB neu geregelt. In der
Handelsbilanz sind für die Ermittlung der
Herstellungskosten auch die Materialgemeinkosten, die Fertigungsgemeinkosten und der Werteverzehr des
Anlagevermögens (= Abschreibungen), soweit diese Kosten durch die Fertigung veranlasst sind, einzubeziehen. Der steuerliche Herstellungskostenbegriff sah bereits vor BilMoG diesen Ansatz bei der Ermittlung vor.
Fremdwährungsumrechnung
Die Umrechnung von Forderungen und Schulden in fremder Währung mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr ohne Begrenzung auf die Anschaffungskostenobergrenze erfolgt handelsrechtlich mit dem aktuellen
Devisenkassamittelkurs (§ 256a HGB).
Bilanzierungsverbot für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen
Aufwendungen, die mit dem Aufbau der wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens bei seiner Gründung oder Erweiterung entstanden, sind handelsrechtlich aufwandswirksam in der
Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Steuerrechtlich handelt es sich dabei auch um Aufwand.
Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz
In folgende Tabelle sind die wesentlichen Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz dargelegt.
|
Handelsbilanz
|
Steuerbilanz
|
umgekehrte Maßgeblichkeit
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abgeschafft
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Wahlrechte können nun ohne Rücksicht auf das Handelsrecht ausgeübt werden
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selbst erstellte immaterielle
Vermögensgegenstände
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Aktivierungswahlrecht, ausgenommen selbstgeschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle WG des AV
§ 248 Abs. 2 HGB
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weiterhin Aktivierungsverbot
§ 5 Abs. 2 EStG
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Disagio (RAP)
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Aktivierungswahlrecht
§ 250 Abs. 3 HGB
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Aktivierungspflicht
§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG
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Steuerfreie Rücklagen
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Passivierungsverbot
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Passivierungswahlrecht
§ 6b EStG, R 6.6 EStR
Dokumentationspflicht
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Drohverlustrückstellung
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Passivierungsgebot
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
|
Passivierungsverbot
§ 5 Abs. 4a EStG
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Rückstellung wegen Verletzung fremder Patente
|
Auflösung bei Wegfall des Grundes
§ 249 Abs. 2 Satz 2 HGB
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Auflösung innerhalb von drei Jahren, wenn keine Geltendmachung
§ 5 Abs. 3 Satz 2 EStG
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Rückstellung für künftige aktivierungspflichtige Aufwendungen
|
Passivierungspflicht, soweit künftige AK/HK eines Vermögensgegenstands höher sind als der Zeitwert
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
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Passivierungsverbot
§ 5 Abs. 4b EStG
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Rückstellung für latente Steuern ggf. saldiert mit aktiven latenten Steuern (gilt nur für nur KapG und gleichgestellte PersG)
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Passivierungspflicht
§ 274 Abs. 1 HGB
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Passivierungsverbot
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Pensionsrückstellungen
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Rückstellungen sind mit einem von der deutschen Bundesbank ermittelten durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Jahre oder alternativ mit einer pauschalen Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz bei angenommener Laufzeit von 15 Jahren abzuzinsen § 253 Abs. 2 HGB)
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mit 5,5,% (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).
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Rechnungsabgrenzungsposten für als Aufwand berücksichtigte Zölle, Verbrauchssteuern und Umsatzsteuer
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Aktivierungsverbot
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Aktivierungspflicht
§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG
§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG
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Abschreibung bei Finanzanlagen auch bei vorübergehender Wertminderung
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Wahlrecht
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Verbot
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Aktive latente Steuern unter Berücksichtigung aktiver latenter Steuern auf Verlustvorträge ggf. saldiert mit passiven latenten Steuern
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Aktivierungswahlrecht
§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB
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Aktivierungsverbot
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Langfristige unverzinsliche Verbindlichkeiten
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mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 HGB), d.h. in der Regel erfolgt keine Abzinsung, auch nicht bei unverzinslichen Verbindlichkeiten.
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mit einer Laufzeit größer als einem Jahr abzuzinsen, siehe § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
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GWG < 150,00 €
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Aktivierungsmöglichkeit, aus Vereinfachung, aber auch sofortiger Aufwand
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Aktivierungsverbot
§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG
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150,00 € <GWG <1.000,00 €
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Aktivierung als Sammelposten möglich, sofern von untergeordneter Bedeutung
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Einstellung in Sammelposten und je 20% gewinnmindernde Auflösung, § 6 Abs. 2a S. 5 EStG
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letzte Änderung A.W.
am 29.07.2024
Autor(en):
Anna Werner
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