Wie hoch in einem Geschäftsjahr die Gewinne – manchmal auch die Verluste – waren, wird mit der
Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als Bestandteil des externen Rechnungswesens ermittelt. Viele Unternehmen sind zur Aufstellung der GuV verpflichtet, wobei manche Firmen mehr, andere weniger Wahlmöglichkeiten bei der Ausgestaltung haben. In jedem Fall gibt es bei der Erstellung und Buchung einiges zu beachten.
Zusammenhang von GuV und Bilanz
Nach § 242 Abs. 3 HGB (Handelsgesetzbuch) bilden die
GuV und die
Bilanz den Jahresabschluss. Dabei geht die GuV letztlich in die Bilanz ein. Denn die GuV-Konten sind Unterkonten des Eigenkapitalkontos in der Bilanz: Bei einem Gewinn steigt das Eigenkapital, bei einem Verlust verringert es sich.
Die Bilanz bietet einen
Überblick über die Vermögens- und Kapitalverhältnisse eines Unternehmens zum Bilanzstichtag, eine eher statische Angelegenheit. Die Dynamik eines Geschäftsjahres mit Einnahmen und Ausgaben spiegelt sich in der GuV wider, denn in ihr werden die
Erfolgskonten (Aufwands- und Ertragskonten) abgeschlossen. Die übrige Bilanz speist sich den Bestandskonten des Unternehmens. Während die Beträge der
Bestandskonten ins nächste Geschäftsjahr übernommen werden, beginnen die
Erfolgskonten in jedem Geschäftsjahr bei null – die Umsätze müssen in jedem Jahr neu erwirtschaftet werden. Das GuV-Konto als Unterkonto des Eigenkapitalkontos verbindet also die beiden Kontenkreise der doppelten Buchführung, die Bestandskonten und die Erfolgskonten, miteinander.
Die GuV und die Bilanz bieten einen guten Überblick über den Zustand des Unternehmens, weshalb nicht wenige Unternehmen sie monatlich erstellen, obwohl sie gesetzlich nur zur Erstellung für den Abschluss des Geschäftsjahres verpflichtet sind.
Gesetzliche Grundlagen
Die gesetzlichen Grundlagen der GuV sind im
Handelsgesetzbuch zu finden, wobei sich
§§ 275 bis 277 HGB explizit mit der GuV befassen (dazu mehr im nächsten Abschnitt). Wichtig sind aber auch andere Vorgaben, z. B. das Verrechnungsverbot nach § 246 HGB. In dessen Absatz 2 heißt es in Satz 1 im Hinblick auf den
Jahresabschluss: „Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden“. Der Grund dafür ist, dass die GuV wie auch die Bilanz Auskunft über die tatsächlichen Verhältnisse in einem Unternehmen geben sollen; ohne
Verrechnungsverbot könnten problematische Entwicklungen in der Gesamtbilanz versteckt werden.
Ebenfalls wichtig ist die
Bilanzkontinuität: Bei Wahlrechten in der Bewertung und der Ansetzung einzelner Posten müssen die Methoden beibehalten werden, um eine Vergleichbarkeit des Jahresabschlusses mit dem Abschluss des Vorjahres zu gewährleisten (Bewertung: § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB; Ansatz: § 246 Abs. 3 Satz 1 HGB). Wenn beispielsweise die Vorräte im Vorjahr nach der First-in-first-out-Methode bewertet wurden, dann ist diese Methode für den aktuellen Abschluss beizubehalten. Gleiches gilt z. B. für Aktivierungswahlrechte für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände (Ansatzmethode).
Bedeutsam ist auch
§ 241a HGB: Er befreit Einzelkaufleute mit Umsatzerlösen von maximal 800.000 € oder einen Gewinn von maximal 80.000 € von der
Pflicht zur Buchführung und damit auch von der Pflicht, einen Jahresabschluss mit GuV und Bilanz zu erstellen.
Vorschriften und Wahlmöglichkeiten
Gesamtkostenverfahren vs. Umsatzkostenverfahren
Bei der Gliederung der GuV sind zwei Verfahren aufgeführt: das
Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs. 2 HGB) und das
Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3 HGB). Traditionell wird in Deutschland das Gesamtkostenverfahren (GKV) angewendet, das die Kosten hauptsächlich in Materialaufwand, Personalaufwand und Abschreibungen gliedert.
International ist hingegen überwiegend das Umsatzkostenverfahren (UKV) in Gebrauch, nach dem Rechnungslegungsstandard
US-GAAP (United States Generally Accepted Accounting Principles) ist es sogar vorgeschrieben. Hierbei sind die Kosten hauptsächlich nach Funktionsbereichen, wie Herstellung, Vertrieb und allgemeine Verwaltung, untergliedert. Für das UKV ist eine Kosten-Leistungs-Rechnung erforderlich, um den Funktionsbereichen die Kosten zuordnen zu können.
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Während beim UKV nur die Kosten berücksichtigt werden, die den verkauften Produkten oder den erbrachten Dienstleistungen zugeordnet werden können, werden beim GKV sämtliche Kosten in einem Geschäftsjahr betrachtet. Dafür müssen beim GKV sehr genau die halbfertigen und die nicht verkauften Produkte verzeichnet werden.
Mehr zum Gesamtkostenverfahren bzw. Umsatzkostenverfahren in diesem Beitrag >>
Nach dem HGB sind beide Verfahren gleichwertig. Wenn sie korrekt angewendet werden, führen sie auch zum selben Ergebnis. Die folgende Tabelle führt in gekürzter Form die Gliederung für das GKV und das UKV gemäß § 275 Abs. 2 und 3 HGB auf.
Kontenform vs. Staffelform
Grundsätzlich gibt es auch eine Wahl bei der optischen Darstellung der GuV: die Kontenform und die Staffelform. Für Kapitalgesellschaften ist allerdings die Staffelform vorgeschrieben (§ 275 Abs. 1 Satz 1 HGB). Bei der Staffelform werden alle Posten in einer großen Liste untereinandergeschrieben und das Gesamtergebnis ergibt sich aus mehreren Zwischenschritten. Die Kontenform sieht aus wie ein typisches T-Konto aus der Buchhaltung, mit „Soll“ auf der linken und „Haben“ auf der rechten Seite. Aus der Kontenform lässt sich schneller ablesen, ob sich beim Betriebsergebnis ein Gewinn oder ein Verlust ergibt und wie hoch dieser ausfällt.
Bruttoprinzip vs. Nettoprinzip
Nur kleine und mittelgroße Unternehmen haben eine Wahlmöglichkeit zwischen der Anwendung des Brutto- und des Nettoprinzips bei der GuV-Erstellung. Denn große Unternehmen und Konzerne müssen das Bruttoprinzip anwenden, das im Wesentlichen dem
Verrechnungsverbot (s. o.) entspricht: Gleichartige Kosten und Erlöse dürfen nicht miteinander verrechnet werden. Für kleine und mittelgroße Unternehmen macht § 276 HGB eine Ausnahme: Sie dürfen beim Gesamtkostenverfahren die Posten Nr. 1 bis 5 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“ zusammenfassen. Gleiches gilt für die Posten Nr. 1 bis 3 und 6 beim Umsatzkostenverfahren.
Der Hintergrund dafür ist, dass kleine und mittelgroße Unternehmen davor geschützt werden sollen, dass Konkurrenten ein zu tiefer Einblick in die geschäftlichen Belange gewährt wird. Denn wegen der
Publizitätspflicht müssen viele Unternehmen ihre Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger veröffentlichen. Dies trifft auf alle Kapitalgesellschaften zu (§ 325 HGB), auf Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter, z. B. GmbH & Co. KG (§ 264a HGB) und auf alle Unternehmen ab einer bestimmten Größe. Dies sind nach § 1 Abs. 1 PublG (Publizitätsgesetz) alle Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mehr als 65 Millionen Euro, Umsatzerlösen von mehr als 130 Millionen Euro und/oder mehr als 5000 Beschäftigten.
Ausgenommen von der Regelung in § 276 HGB sind Kleinstkapitalgesellschaften, die eine andere Erleichterung in Anspruch nehmen: Sie können nach § 275 Abs. 5 HGB eine vereinfachte GuV mit nur acht Posten erstellen. Kleinstkapitalgesellschaften sind nach § 267a Abs. 1 HGB Kapitalgesellschaften mit einer Bilanzsumme von maximal 450.000 €, Umsatzerlösen von maximal 900.000 € und höchstens zehn Beschäftigten.
Beim Erstellen der GuV zu beachten
Wie bereits erwähnt, werden die Erfolgskonten über das GuV-Konto abgeschlossen. Als Unterkonto des Eigenkapitalkontos steht das GuV-Konto auf der Passivseite (rechts) der Bilanz, die die
Kapitalherkunft aufzeigt. Die Aktivseite (links) verzeichnet die
Kapitalverwendung. Bei einem Passivkonto stehen die Erträge im Haben (rechts) und die Aufwendungen im Soll (links).
Für die Erstellung der GuV-Rechnung sind die Saldobeträge der einzelnen Aufwandskonten auf die Sollseite des GuV-Kontos zu übertragen. Der allgemeine Buchungssatz (Soll an Haben) lautet:
GuV an Aufwandskonto
Ebenso müssen die Saldobeträge der einzelnen Ertragskonten auf der Habenseite des GuV-Kontos verzeichnet werden. Hier ist der allgemeine Buchungssatz:
Ertragskonto an GuV
Man sagt auch, dass die Konten auf dem GuV-Konto abgeschlossen werden, natürlich zum Bilanzstichtag.
Beim Abschließen des GuV-Kontos auf dem
Eigenkapitalkonto der Bilanz hängt der Buchungssatz davon ab, ob ein Gewinn oder ein Verlust erzielt wurde. Denn ein Gewinn erscheint immer als Saldo auf der Sollseite des GuV-Kontos und ein Verlust als Saldo auf der Habenseite. Für den Gewinn lautet demnach der allgemeine Buchungssatz:
GuV-Konto an Eigenkapital
Ein Verlust muss so auf das Eigenkapitalkonto gebucht werden:
Eigenkapital an GuV-Konto
In der GuV ist – wie in der Bilanz – zu jedem Posten der entsprechende Betrag des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben (§ 265 Abs. 2 HGB). Wenn die Beträge nicht vergleichbar sind, ist dies im Anhang anzugeben und zu erläutern. Allgemein gilt: Wenn in Ausnahmefällen wegen besonderer Umstände Abweichungen von der Gliederung erforderlich sind, hat man diese
im Anhang zu erläutern (§ 265 Abs. 1 HGB). Weitere Angaben, die im Anhang gemacht werden müssen, sind in §§ 284, 285 HGB aufgeführt. Dazu gehört bei der Anwendung des Umsatzkostenverfahrens auch die Angabe des Materialaufwands und des Personalaufwands, untergliedert wie in den Vorgaben zur Gliederung des Gesamtkostenverfahrens (§ 285 Nr. 8 HGB).
Beispiele
Anschaulicher wird das Ganze mit konkreten Beispielen. Die Spielkind GmbH produziert Geräte für Spielplätze. Die folgende Übersicht stellt die Aufwendungen und Erträge in einem Geschäftsjahr dar, orientiert an der Gliederung der GuV nach dem Umsatzkostenverfahren. Aus Gründen der Übersicht sind Gliederungspunkte ohne Summe weggelassen worden.
Auf der Habenseite ergibt sich eine Summe von 2.563.500 €. Um auf der Sollseite auch auf diese Summe zu kommen, muss ein Saldo von 236.600 € eingetragen werden. Dieser Saldo ist nichts anderes als der Gewinn der Spielkind GmbH in diesem Geschäftsjahr. Die Buchung auf das Eigenkapitalkonto der Bilanz lautet also:
GuV-Konto 236.000 an Eigenkapital 236.000
Das Geschäftsjahr könnte für die Firma aber auch ungünstiger gelaufen sein. Dann sähe die Übersicht beispielweise wie folgt aus.
Zu erkennen ist, dass sich die Kosten, also die Sollseite, nicht verändert haben. Allerdings gibt es weniger Erträge auf der Habenseite und ihre Summe fällt unter die Summe der Aufwendungen (2.326.900 €). Um auf dieselbe Summe zu kommen, muss auf der Habenseite ein Saldo von 12.300 € eingefügt werden. Dies ist dann der Verlust im abgelaufenen Geschäftsjahr und ist von der Spielkind GmbH folgendermaßen auf das Eigenkapitalkonto der Bilanz zu buchen:
Eigenkapital 12.300 an GuV-Konto 12.300
letzte Änderung S.P.
am 17.06.2024
Autor(en):
Stefan Parsch
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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