Die Vielfalt heutiger
Softwarelösungen für die
Planung macht es Unternehmen nicht leicht, ihre Anforderungen mit den Angeboten abzugleichen. Hilfreich ist es daher, den
Markt zunächst einmal anhand verschiedener
Kriterien vorzusortieren, bevor es in die Funktionsanalyse geht. Dazu bieten sich die Aspekte Internationalität, Planungsstrategie, Modellausrichtung,
ERP-Anbindung und Anzahl der Planer an.
Planung ist nicht gleich Planung. Wer als Anbieter in lokalen Märkten
Erfolg haben will, muss seine
Planungssoftware an die rechtlichen Vorgaben, regionale Eigenheiten und Landessprache optimal anpassen und benötigt kompetente regionale Vertriebs- und Implementierungspartner. Letztere sind von entscheidender Bedeutung, da sie es oft sind, die mit den jeweiligen
Planungswerkzeugen regionalspezifische Bedürfnisse der Kunden umsetzen, indem sie entsprechende Planungsmodelle liefern und adaptieren.
Unternehmen sollten daher bei der
Produktauswahl genau hinschauen, wie gut der Anbieter vor Ort aufgestellt ist. So finden sich im deutschen
Markt mehrheitlich lokale Anbieter, die zusammen rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes mit Planungswerkzeugen in Deutschland erwirtschaften. Zum anderen agieren die global aufgestellten Hersteller IBM, Infor, Oracle,
SAP und
SAS in diesem Marktsegment und verkaufen ihre
Planungslösungen über den Vertrieb ihrer übrigen BI-Anwendungen. Sie verbuchen für sich zusammen unter 20 Prozent des Gesamtumsatzes mit Planungswerkzeugen in Deutschland. Umgekehrt haben mittlerweile auch die lokalen Software-Anbieter internationale Projekterfahrung und sind daher für Kunden mit entsprechenden Anforderungen in der Planung durchaus eine Option.
Überblick des
Lösungsangebots für Planung in der DACH-Region
Planungsprozesse und Zielgruppe
Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal ergibt sich aus den mit der Planungssoftware unterstützten Planungsprozessen. Typischerweise erfolgt die Planung im
Top-Down- oder Bottom-Up-Verfahren. Während Ersteres die
Vorgabe von Plandaten durch eine übergeordnete Instanz im Unternehmen bezeichnet, steht bei einer Bottom-Up-Planung die
Erarbeitung von Plandaten durch untergeordnete Stellen im Vordergrund. Zudem findet sich mit dem Gegenstromverfahren eine Mischform, bei der sowohl Bottom-Up als auch Top-Down Werte geplant werden, um diese dann auf jeder Einzelposition abzugleichen und zu
entscheiden, welcher Wert übernommen wird. Dies stellt besondere technische Anforderungen, da im Datenmodell auf jeder Ebene zwei unterschiedliche Werte pro Element anfallen können.
Der Markt für Planungswerkzeuge zeigt diesbezüglich bei der Produktentwicklung bislang eine Unterteilung in Angebote für eine
Top-Down- beziehungsweise
Bottom-Up-Planung. Allerdings streben die Hersteller insgesamt eine breitere Unterstützung beider Planungsstrategien in einem Werkzeug an und machen es bereits heute angesichts immer weiterer Funktionen schwer, sie klar einem Segment zuzuordnen. Dennoch bleiben bislang die unterschiedlichen Entwicklungsschwerpunkte sichtbar.
So stehen bei der Top-Down-Planung Features und Techniken im Vordergrund, die eine
strategische Unternehmensplanung mit Hilfe von Analysen und Simulationen ermöglichen. Ferner sind so genannte
Struktursimulationen möglich, mit denen sich die Auswirkungen von Änderungen in der Organisationsstruktur simulieren lassen, und es existieren ausgeprägte Funktionen der Datenverteilung und zur
Szenariobildung.
Da üblicherweise nur wenige Mitarbeiter im Unternehmen in der
strategischen Planung arbeiten, ist die Architektur der Top-Down-Planungslösungen einfacher strukturiert als in der Bottom-up-Planung. So sind die Berechtigungskonzepte meist einfach gehalten, wodurch der Administrationsaufwand sinkt, und der Web-Zugriff auf die Planungsanwendung spielt eine untergeordnete Rolle. Werkzeuge für die Top-Down-Planung werden bspw. von
Cubeware, IBM Cognos (IBM Cognos TM1), Infor, Jedox oder Prevero (Professional Planner) angeboten. Der am häufigsten abgedeckte Planungsbereich bei der Top-Down-Planung ist die
Finanzplanung.
Im Gegensatz dazu richten sich
Tools für die Bottom-Up-Planung an große Anwendergruppen und bieten diesen eine möglichst komfortable, häufig über Web-Clients erfolgende
manuelle Erfassung von Plandaten. Andererseits hat der Planer aber nur wenige Möglichkeiten, Daten automatisiert zu verteilen und erfasste Daten auszuwerten. Teilweise stehen "Undo"- und Logging-Funktionen zur Verfügung, um auf dem Server Änderungen rückgängig zu machen.
Ferner finden sich in den entsprechenden Planungswerkzeugen
vordefinierte oder
selbst definierbare Workflow zur Unterstützung der Plandatenerfassung, die üblicherweise für 40 und mehr Nutzer ausgelegt sind. Die Tools sollten aufgrund dieser großen Anwendergruppen entsprechende Berechtigungskonzepte bzw. Rollenkonzepte aufweisen, mit denen sich Zugriffe, Sichten und Funktionen organisieren lassen. Werden in einer Rolle Einstellungen geändert, vererben sich diese Änderungen an alle Mitglieder der jeweiligen Nutzerrolle. Werkzeuge für die Bottom-Up-Planung bieten beispielsweise die Hersteller Board, Evidanza, Oracle, Prevero (Enterprise P7) und Thinking Networks.
Modellausrichtung und Standardisierung
Ein anderes, für eine erste Sortierung des Marktes hilfreiches Kriterium sind in den Tools bereits
hinterlegte Planungsmodelle. So können heutige Werkzeuge auf Anwendungen wie die integrierte Finanz-,
Investitions-,
Personal- oder
Vertriebsplanung spezialisiert sein. Typisch für den deutschsprachigen Raum ist das große Angebot an
integrierten Finanzplanungswerkzeugen, die Erfolgs-, Finanz- und Bilanzplanung in einem vordefinierten, integrierten Modell umsetzen. Typische Vertreter sind IDL, LucaNet, Prevero (Professional Planner) oder Tagetik.
Hinzu kommen zahlreiche Anbieter, die gleichfalls für die Finanzplanung fertige Modelle ausliefern, ansonsten aber einen
offeneren Ansatz bei der
Modellbildung verfolgen (Zum Beispiel CoPlanner, Corporate Planning, Oracle). Weitere, häufiger anzutreffende, vordefinierte Anwendungen dienen der Investitions- und Kreditplanung (beispielsweise Denzhorn, LucaNet, Cubus), der Personalplanung (z. B. Software4You) oder der Vertriebsplanung. Alternativ können Planungsprodukte in ihren Modellen auch auf bestimmte Branchen wie Energieversorgung, Logistik oder Handel ausgerichtet sein.
Für eine echte
Spezialisierung im Markt reichen aber vordefinierte Modelle allein nicht aus, sondern es sollten sich im Tool auch
anwendungsspezifische Funktionen für die Planung, Analyse und das Berichtswesen finden. Dies können beispielsweise Dialoge sein, welche die Eingabe von Investitionsplänen oder Krediten unterstützen (zum Beispiel Denzhorn). Doch bleibt dies die Ausnahme. Die meisten Anbieter können keine echte Spezialisierung vorweisen, sondern bieten wie im Fall der Finanzplanung häufig nur ein standardisiertes Modell, aber keine spezifischen Funktionen an.
Zudem finden sich Markt
Entwicklungswerkzeuge, die Anwendern eine große Flexibilität beim Aufbau
individueller Planungslösungen bieten, beziehungsweise Business-Intelligence-Tools, die eigentlich für das Berichtswesen und Analyse gedacht sind, sich aber auch für die Eingabe von Planzahlen verwenden lassen. Beide Kategorien liefern üblicherweise keine vordefinierten Modelle oder nur Modelle, die lediglich als Grundgerüst für den Aufbau individueller Planungs-Applikationen dienen. BI-Werkzeuge mit zusätzlichen Möglichkeiten zur Erfassung von Planzahlen bieten zum Beispiel die Hersteller arcplan, Bissantz, Board und Cubeware.
ERP-Anbindung
Aufgrund der großen Verbreitung von
ERP-Systemen und ihrer Dominanz der
operativen Prozesse bieten diese sich als wichtige Datenquelle und Basis für die Planung an. Die Qualität der ERP-Unterstützung kann daher ein weiteres
Segmentierungsmerkmal für die Tool-Auswahl sein. So bieten heute Anbieter von ERP-Software oft eigene Planungsfunktionen an oder integrieren Planungswerkzeuge über Partnerschaften mit BI-Anbietern. Hauptvorteil einer Integration oder direkten Anbindung von Planungswerkzeugen ist, dass die komplexen betriebswirtschaftlichen Inhalte der ERP-Produkte optimal abgebildet werden, da ein tiefes Verständnis für die inhaltliche Interpretation und Ablagestruktur der Daten im jeweiligen ERP-System vorhanden ist. Umgekehrt kann die Anpassung bidirektionaler Schnittstellen häufig erhebliche Probleme machen, wenn der gewählte Planungsanbieter über kein Know-how mit dem entsprechenden ERP-Anbieter verfügt.
Allerdings haben Planungslösungen, die direkt von ERP-Anbietern kommen, selten die Flexibilität und Funktionalität der unabhängigen Planungsspezialisten und sind deswegen nicht automatisch vorzuziehen. Zudem verfügen
Planungsspezialisten häufig über vordefinierte, teilweise zertifizierte Schnittstellen zu ERP-Systemen, was den Implementierungsaufwand in diesem Bereich gering hält. Ein gutes Verständnis für die Ablagestruktur im ERP-System wird so mit einer großen Flexibilität und Funktionalität in der Planung kombiniert.
Planungsspezialisten, die sich produktseitig stark an einem ERP anbinden haben zudem den Vorteil, dass sie von der Vertriebsstruktur des ERP-Anbieters profitieren. So hat die SAP ihre eigenen Planungslösungen stets über ihr ERP-Vertriebsnetz verkauft, und Microsoft verfolgt eine ähnliche Strategie mit seinen Partnern. Als junger, aber bereits gut etablierter Planungsanbieter auf Microsoft-Basis ist zum Beispiel Evidanza zu nennen, der Hersteller Kern bietet seine Planungslösung integriert in SAP ERP an.
Anzahl der Planer
Zuletzt sei noch die
Zielgruppe als Sortierkriterium bei der Suche nach der passenden Planungslösung genannt. So wenden sich einige Anbieter im Markt explizit an kleine Unternehmen und Startups, in denen eine sehr geringe Zahl an Anwendern häufig mit eingeschränkten Vorkenntnissen plant. Bestandteile solche Werkzeuge sind oft vordefinierte, betriebswirtschaftliche Inhalten bis hin zu einer integrierten Anleitung zur Planung. Andere Anbieter sind häufiger in einem Konzernumfeld anzutreffen, in dem es unter anderem darum geht, eine größere Anzahl an Planern zu unterstützen und zu koordinieren. Beispiele sind hier Oracle, SAP BW Integrated Planning oder Thinking Networks. übrigen Anbieter im Markt positionieren sich meist dazwischen, häufig mit einem typischen Anwendungsbereich von drei bis zehn Planern, die koordiniert zusammenarbeiten können.
letzte Änderung S.A.
am 25.08.2024
Autor:
Christian Fuchs, Sascha Alexander
Bild:
Christian Fuchs, Senior Analyst bei BARC
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Autor:in
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Herr Sascha Alexander
Sascha Alexander ist Director Communication beim Marktforschungs- und Beratungsinstitut Business Application Research Center (BARC) in Würzburg sowie dem Analystenhaus Pierre Audoin Consultants (PAC) in München.
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