Steuerung der Nachhaltigkeit in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
"Wie Menschen denken und leben, so bauen und wohnen sie." Bereits vor über 200 Jahren erkannte Johann Gottfried von Herder diese Wahrheit, und wir pflichten ihm heute mehr denn je bei. In Zeiten kontinuierlichen Wandels entsteht die Herausforderung für jedes Wohnungsunternehmen, die Bestände und Strukturen des Unternehmens im Hinblick auf nachhaltigen Erfolg zu gestalten. Die Wohnungsverwaltung entwickelt sich zur Gestaltung marktkonformer Wohnungsbestände. Vieles wird richtig gemacht, vieles kann besser gemacht werden.
Was ist Nachhaltigkeit?
Der Begriff
Nachhaltigkeit meint meist dauerhafte Entwicklungen, die die knappen Ressourcen schonen. Ursprünglich stammt er aus der Ökologie, genauer aus der Forstwirtschaft, wo es schon im 18. Jahrhundert hieß: "Schlage nur so viel Holz, wie nachwachsen kann!" Seit dem Brundtland-Bericht [1] aus dem Jahr 1987 wird Nachhaltigkeit als "Entwicklung, die die Bedürfnisse heutiger Generationen befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können" verstanden. Nachhaltigkeit ist also als
Leitbild für eine gerechte gesellschaftliche Entwicklung zu sehen. Dies betrifft den verantwortlichen
Umgang mit Rohstoffen und die
Erhaltung von Ressourcen durch Rückführung und Wiederverwertung. Nachhaltigkeit sollte aber nicht isoliert ökologisch betrachtet werden, sondern ist immer
im Kontext mit sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen und Fragestellungen zu sehen. Dieser umfassende Begriff von Nachhaltigkeit wurde erstmals 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung dargestellt.
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Nachhaltigkeit aus systemischer Sicht
Ausgangsbasis der systemorientierten Betriebswirtschaftslehre (H. Ulrich) ist die Vorstellung, dass Unternehmen Systeme darstellen, die sich durch folgende spezifische Merkmale näher beschreiben und konkretisieren lassen. Die Unternehmung strebt:
- ökonomisch nach einer optimalen Rentabilität zum Zwecke der Einkommenserzielung der Gesellschafter,
- technisch nach optimaler Funktionalität zum Zwecke der Erzeugung von Leistungen, die zur Befriedigung von Kundenwünschen führen,
- sozial nach optimaler Zufriedenheit der Mieter und Mitarbeiter durch Schaffung von entsprechenden Arbeitsbedingungen.
- Sie ist ein ökologisches System und strebt nach optimaler Umweltverträglichkeit, um zur nachhaltigen Lebensfähigkeit der Gesellschaft beizutragen.
Unternehmen kommen als solche in der Natur nicht vor. Wie alle vom Menschen geschaffenen Systeme dienen sie der Befriedigung von Bedürfnissen, die von natürlichen Systemen nicht oder nur unzureichend geleistet werden können. Als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen natürlichen und künstlich geschaffenen Systemen ist die jeweilige Art der Steuerung zu erkennen. Von der
Natur geschaffene ökologische Systeme steuern sich selbsttätig, sie funktionieren ohne menschliches Zutun. Greift der Mensch dennoch ein, so kommt es häufig zu Störungen im Sinne der Umweltproblematik: Die Natur braucht den Menschen nicht. Im Gegensatz dazu erreichen künstlich geschaffene Systeme ihre Zielbeziehungsweise Zwecksetzung nur durch entsprechende Mitwirkung des Menschen. Es bedarf des aktiven Eingreifens im Sinne von bedienen, steuern, lenken beziehungsweise führen.
Nachhaltiger Erfolg kann also nur unter Berücksichtigung der ökonomischen, technischen, sozialen und ökologischen Merkmale durch die Unternehmensführung erreicht werden.
Nachhaltigkeit aus wohnungswirtschaftlicher Sicht
In Anlehnung an diese Erkenntnisse ergibt sich für die Wohnungswirtschaft ein Vier-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit:
- Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet, die vorhandenen Potenziale bestmöglich zu nutzen und die wirtschaftlichen Folgen von Strategien abschätzen und steuern zu können.
- Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet, die Umweltwirkungen der Wohnungsbestände zu minimieren und an den energetischen Herausforderungen der Zukunft zu orientieren.
- Soziale Nachhaltigkeit bedeutet, Ihren Mietern bedarfsorientierten Wohnraum zur Verfügung zu stellen sowie die Mitarbeiter im Hinblick auf ein dauerhaft erfolgreiches Unternehmen auszurichten und zu qualifizieren.
- Technische Nachhaltigkeit bedeutet, die Wohnungsbestände dauerhaft an neue technische Standards anzupassen, um durch Gestaltung eines permanenten Optimierungsprozesses die Funktionalität und Attraktivität zu erhalten und zu entwickeln.
Die
Wahrscheinlichkeit des nachhaltigen Erfolgs eines Wohnungsunternehmens ist umso größer, je besser die Integration der ökonomischen, technischen, sozialen und ökologischen Merkmale unter Berücksichtigung der Bedarfe und Anforderungen des Umfelds (Mieter, Käufer, etc.) und der internen Ressourcen (MitarbeiterInnen, Bestände etc.) gelingt. Nachhaltigkeitssteuerung eines Wohnungsunternehmens bedeutet also, die vorhandenen Potenziale zu erhalten, zu pflegen und zu nutzen sowie neue Potenziale rechtzeitig zu erkennen und aufzubauen. Dazu sind entsprechende Systeme und Instrumente des
strategischen und operativen Managements zu realisieren sowie das Personal und die Organisation wettbewerbskonform zu entwickeln.
Gesteuerte Nachhaltigkeit in Wohnungsunternehmen
Die generelle Aufgabenstellung eines
ganzheitlichen Managementansatzes mit dem Fokus Nachhaltigkeitssteuerung liegt im rechtzeitigen Erkennen aller Chancen und Gefahren, die einen Einfluss auf die Erreichung der operativen und strategischen Ziele der Wohnungsunternehmen und deren Stakeholdern haben.
Strategisches Management
Wohnungsunternehmen sind zunehmend gefordert, sich im Wettbewerb zu positionieren. Hierbei kommt der Gestaltung der Strategie eine besondere Bedeutung zu. Die vorhandenen Potenziale des Wohnungsbestandes, des Personals und der Mieter sind orientiert an den zukünftigen Marktbedingungen zu entwickeln. Dazu ist eine Strategie zu entwickeln, die zum einen Orientierung für die Mitarbeiter bietet und zum anderen Effektivitätssteigerung ermöglicht. Im Rahmen des strategischen Managements sind für Wohnungsunternehmen insbesondere folgende Instrumente relevant:
- Potenzialanalyse
- Leitbild
- Portfoliomanagement
Operatives Management
Operative Steuerung eines Wohnungsunternehmens heißt, die vorhandenen Potenziale zum Zwecke der Förderung der Wirtschaftlichkeit und Erzielung einer optimalen (sozialen) Rendite effizient zu nutzen. Sie dient der Sicherung der aktuellen Existenz und Erfüllung des Gesellschafterauftrags. Die Gestaltung der Wirtschaftlichkeit gewinnt für Wohnungsunternehmen in Zeiten knapper werdender Mittel eine besondere Bedeutung. Die vorhandenen Ressourcen für Modernisierung, Instandhaltung, Bauträgergeschäft und Dienstleistungen sind so einzusetzen, dass die Handlungsspielräume optimal genutzt und auf Dauer erweitert werden. Dazu sind Instrumente zu etablieren, die
Transparenz schaffen und
Effizienzsteigerung ermöglichen:
- Planungssystem
- Kontrollsystem
- Informationssystem
Personal- und Organisationsentwicklung
Die
Personal- und Organisationsentwicklung eines Wohnungsunternehmens gewinnt aufgrund eines zum Teil rasanten Wandels an Bedeutung – strategische und operative Optimierung werden nur dann erreicht, wenn die Unternehmen Ihre Mitarbeiter mitnehmen. Sie beruht auf neuen inhaltlichen Ausrichtungen der Führungshandlungen qualifizieren, organisieren und kommunizieren sowie auf deren integrativer Verknüpfung zur Gestaltung permanenter Entwicklungsprozesse. Eine veränderte Einstellung bezüglich des
Umgangs mit Wandlungsprozessen, also eine neue
Veränderungskultur, ist erforderlich.
Controllingsystem
Aus den genannten Anforderungen an die
Steuerung der Nachhaltigkeit von Wohnungsunternehmen kann folgender Aufbau eines Steuerungssystems abgeleitet werden:
- Analyse der externen und internen Potenziale
- Formulierung der generellen Unternehmensstrategie
- Entwicklung eines Leitbilds
- Ableitung spezifischer Strategien für die Potenziale Geschäftsfelder, Personal und Organisation
- Konkretisierung der Strategien in Ziele und Maßnahmen
- Entwicklung der operativen Planung (Aktivitäten, Investitionen und Wirtschaftsplan)
- Aufbau eines operativen Kontrollsystems
- Erstellung eines empfängerorientierten Berichtswesens mit steuerungsrelevanten Informationen
- Ableitung des Risikomanagementsystems
Fazit
Der dargestellte Ansatz zur Steuerung der Nachhaltigkeit weist folgende Besonderheiten auf:
- ganzheitlicher, integrierter Ansatz,
- stärkere Betonung der potenzialorientierten (strategischen) Steuerung,
- systematische Darstellung der externen und internen Potenziale,
- optimierte Steuerungsmöglichkeit operativer und strategischer Chancen und Risiken.
Fußnote
[1] Brundtland-Bericht wird der 1987 veröffentlichte Zukunftsbericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED: World Commission on Environment and Development) genannt. In diesem Bericht wurde erstmals das Leitbild einer „Nachhaltigen Entwicklung“ definiert. Der Zukunftsbericht mit dem Titel „Unsere gemeinsame Zukunft“ beeinflusste die weltweite Diskussion über „Nachhaltige Entwicklung“. Es wurde ein Konzept präsentiert, das eine integrative globale Politikstrategie forderte und insbesondere bisher meist getrennt analysierte Fragestellungen (zum Beispiel Umweltverschmutzung, Finanzkrisen oder Bevölkerungsentwicklung in der Dritten Welt) in Beziehung zueinander setzte.
Autor: Frank Monien, Dipl.-Betriebsw. (FH), Partner der IFC EBERT GmbH Institut für Controlling
Quelle:
IFC EBERT GmbH
letzte Änderung Frank Monien
am 18.11.2021
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