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Risikovorsorge für Geschäftspartner in der Unternehmensplanung

Eine Lösungsidee

Dr. Andreas Jung
Im Rahmen der eingeläuteten Zinswende ist ein Anstieg notleidender Kredite bei Banken zu beobachten. Vor diesem Hintergrund kann es wichtig werden, sich für einen möglichen Ausfall von Geschäftspartnern vorzubereiten. In diesem Artikel wird eine Lösungsidee skizziert, wie die Risikovorsorge (d. h. die Bildung von Rückstellungen, um Ausfälle zu überbrücken) für Geschäftspartner in Abhängigkeit einer Zinskurve berechnet werden kann.

Als Zinskurve betrachten wir eine Zeitreihe eines risikolosen Zinses, beispielsweise die Verzinsung von Staatsanleihen mit bestem Rating, etwa deutsche Bundesanleihen. Von diesem Zinssatz benötigen wir einerseits historische Werte, andererseits aber auch Prognosen der zukünftigen Entwicklung. Für die Prognosen können etwa die aktuellen Zinssätze von Bundesanleihen mit mehrjähriger Restlaufzeit verwendet werden.

Da die Risikovorsorge in unserem Modell basierend auf der Bonität der Geschäftspartner modelliert werden soll, benötigen wir nun ebenfalls eine Zeitreihe historischer Risikoaufschläge des Geschäftspartners, für den die Risikovorsorge berechnet werden soll. Diese Aufschläge können als Differenz der Rendite einer Unternehmensanleihe des Geschäftspartners – oder eines ähnlichen mit derselben Bonität – und der Rendite einer risikolosen Staatsanleihe mit gleicher Währung und Laufzeit berechnet werden.


Stehen nun die Werte des risikolosen Zinses (Historie und Prognose) sowie die historischen Risikoaufschläge des Geschäftspartners zur Verfügung, so können beispielsweise mittels einer linearen Regression mit den Werten des risikolosen Zinses als unabhängiger Variable und den Risikoaufschlägen des Geschäftspartners als abhängiger Variable zukünftige Risikoaufschläge in Abhängigkeit des risikolosen Zinses berechnet werden.

Unabhängig von dieser Berechnung wird für den Geschäftspartner auf Basis seiner Unternehmensdaten (wie etwa der GuV, der Eigenkapitalquote, etc.) eine Risikoeinstufung vorgenommen. Diese Einschätzung steht für größere Unternehmen in der Regel in Form von Ratings der etablierten Rating-Agenturen (etwa Moody’s, S&P oder Fitch) zur Verfügung. Im Falle kleinerer Geschäftspartner können entsprechende Einschätzungen mittels Bonitätsscores, welche beispielsweise auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens oder der aktuellen Marktsituation basieren, selbst erstellt werden.

Schließlich wird gemäß der Risikoeinstufung des Geschäftspartners jedem Risikoaufschlag eine entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit zugewiesen (derartige Beziehungs-Tabellen sind meist auf dem Markt verfügbar, siehe etwa [1]). Damit ist dann ein Zusammenhang zwischen der Ausfallwahrscheinlichkeit eines Geschäftspartners und der Entwicklung des risikolosen Zinses vorhanden, welcher typischerweise wie folgt aussieht: Wenn die Zinsen steigen bzw. fallen, steigen bzw. fallen auch die Risikoaufschläge des Geschäftspartners, sodass sich die zugehörige Ausfallwahrscheinlichkeit vergrößert bzw. verringert.

Um die Risikovorsorge in unserem Modell zu berechnen, muss die so ermittelte Ausfallwahrscheinlichkeit schließlich noch mit dem geplanten Umsatz des Geschäftspartners multipliziert werden. Alternativ könnten Geschäftspartner ab dem Erreichen eines gewissen Risikoaufschlags (obere Grenze) einer Intensivbeobachtung zugeordnet werden, um dem finalen Ausfall durch das frühzeitige Ergreifen geeigneter Maßnahmen vorzubeugen.

Beispiel

Als risikolosen Zins betrachten wir für das Jahr 2024 die folgenden historischen Schätzwerte börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von einem Jahr (vgl. [2]):

01/24 02/24 03/24 04/24 05/24 06/24 07/24 08/24 09/24 10/24 11/24 12/24
3,12% 3,40% 3,29% 3,34% 3,36% 3,12% 2,95% 2,71% 2,44% 2,46% 2,23% 2,18%

Für den Geschäftspartner ABC wurden die folgenden historischen Risikoaufschläge als Differenz der Rendite einer Unternehmensanleihe mit einjähriger Restlaufzeit und den obigen Schätzwerten börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von einem Jahr berechnet:

01/24 02/24 03/24 04/24 05/24 06/24 07/24 08/24 09/24 10/24 11/24 12/24
1,25 % 1,42 % 1,33 % 1,34 % 1,36 % 1,22 % 1,17 % 1,09 % 0,95 % 0,97 % 0,92 % 0,85 %

Eine lineare Regression mit den Schätzwerten der Bundeswertpapiere als unabhängiger Variable und den Risikoaufschlägen des Geschäftspartners ABC als abhängiger Variable ergibt:
  • Schnittpunkt: -0.000635012 
  • Koeffizient der unabhängigen Variablen: 0.422890593

Verwendet man die folgenden aktuellen Zinssätze von Bundesanleihen mit zwei- bis achtjähriger Restlaufzeit zur Prognose (vgl. [2]),

2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre 6 Jahre 7 Jahre 8 Jahre
1,97 % 1,93 % 1,95 % 1,99 % 2,05 % 2,11 % 2,16 %

so erhält man durch Anwendung der Ergebnisse der linearen Regression (Schnittpunkt + Koeffizient der unabhängigen Variablen × Zinssatz der Bundesanleihe mit entsprechender Laufzeit) folgende zukünftige Werte der Risikoaufschläge des Geschäftspartners ABC:

12/25 12/26 12/27 12/28 12/29 12/30 12/31
0,77 % 0,75 % 0,76 % 0,78 % 0,80 % 0,83 % 0,85 %

Unabhängig von dieser Berechnung wurde Geschäftspartner ABC gemäß seines Bonitätsscores in die Risikoklasse "geringes Risiko" eingestuft. Für diese Risikoklasse gelten die folgenden marktüblichen Beziehungen zwischen Risikoaufschlag und Ausfallwahrscheinlichkeit:

Risikoeinstufung Risikoaufschlag (in Basispunkten) Ausfallwahrscheinlichkeit
geringes Risiko 71-75 0,2 %
76-80 1,5 %
81-100 3,4 %
101-250 5,8 %
251-500 9,6 %
501-800 16,4 %
> 800 75,5 %

Damit ergeben sich folgende zukünftige Ausfallwahrscheinlichkeiten des Geschäftspartners ABC:

12/25 12/26 12/27 12/28 12/29 12/30 12/31
1,5 % 0,2 % 1,5 % 1,5 % 1,5 % 3,4 % 3,4 %

Betrachtet man nun die folgenden geplanten Umsätze des Geschäftspartners ABC,

12/25 12/26 12/27 12/28 12/29 12/30 12/31
100.000 € 140.000 € 120.000 € 130.000 € 125.000 € 90.000 € 100.000 €

so erhält man durch Multiplikation mit der entsprechenden Ausfallwahrscheinlichkeit schlussendlich folgende Werte der Risikovorsorge:

12/25 12/26 12/27 12/28 12/29 12/30 12/31
1.500 € 280 € 1.800 € 1.950 € 1.875 € 3.060 € 3.400 €


Quellen
[1] Jeffery D. Amato & Eli M. Remolona, Das Rätsel der Bonitätsaufschläge, BIZ-Quartalsbericht, Dezember 2003
[2]  https://www.bundesbank.de/de/statistiken/geld-und-kapitalmaerkte/zinssaetze-und-rendite



letzte Änderung M.R. am 17.01.2025
Autor:  Dr. Andreas Jung

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