1. Problem
Controller haben nicht selten das Problem, dass sie
Wirtschaftlichkeitsrechnungen von Dritten beurteilen sollen. So versuchen z. B. Verkäufer, über
Total Cost of Ownership (TCO) Kalkulationen nachzuweisen, dass ihr teures Produkt doch das beste ist. Ähnlich sieht es z. B. bei Fahrzeugen aus, wenn ein hoher Restwert den sehr hohen Kaufpreis rechtfertigen soll. Der erfahrene Controller weiß, dass solche Berechnungen fast immer
Fehler aufweisen, wobei diese noch nicht einmal absichtlich begangen sein müssen. Er braucht somit ein geschultes Auge, um schnell falsche Annahmen und Kalkulationen zu entlarven.
In diesem Beitrag geht es um "beliebte" Fehler in der
Amortisationsrechnung, welche leider immer noch im großen Umfang eingesetzt wird. Die Amortisationsrechnung findet man auch unter dem Namen
Return of Investment (RoI) oder zeitlicher
Break Even. Die Methode wird kurz dargestellt und bewertet. Danach werden dann Fehler vorgestellt, wie sie in der Praxis aufgetaucht sind. Die Erfahrung zeigt, dass diese Fehler nicht immer ins Auge springen, so dass der Controller mit viel Erfahrung an den richtigen Punkten bohren muss, um Probleme zu entdecken. Ansonsten drohen
Fehlentscheidungen, die für das Unternehmen teuer werden können.
2. Fehler in der statischen Amortisationsrechnung
In der statischen Variante der
Investitionsrechnung wird der Zeitraum gesucht, nach dem die
Anfangsinvestition durch die nachfolgenden Überschüsse wieder zurückgeflossen ist. Statisch bedeutet, dass der Zeitwert des Geldes nicht berücksichtigt wurde, also ohne Zinsen gerechnet wurde. Die
Kapitalkosten nicht einfließen zu lassen, ist ein schwerer Fehler, weil die Anfangsinvestition ja irgendwie finanziert werden muss. Dies führt zu Kreditzinsen und entgangener
Eigenkapitalverzinsung. Im einfachsten Fall lautet die Formel für die Amortisationsdauer AD:
AD = A0 / ü in Perioden (meist Jahre)
|
A0 Anschaffungsauszahlung in t=0, gemessen in €0
|
ü Durchschnittlicher Überschuss pro Periode, in €/a
|
Wenn die Anfangsinvestition 1.000 T€
0 zum Startzeitpunkt t=0 beträgt, dann dauert es bei
jährlich Überschüssen von 400 T€ / a genau 1000 / 400 = 2,5 Jahre, bis die 1.000 T€
0 wieder im Unternehmen angekommen sind. Das Konzept ist somit extrem einfach, so dass eigentlich keine Fehler vorkommen sollten. Das folgende in der Praxis angetroffene fehlerhafte Beispiel zeigt jedoch das Gegenteil:
Anfangsinvestition
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1000 €0
|
Laufzeit maximal
-> Kalkulatorische Abschreibung
|
8 a
125 €/a
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Einzahlungen
Auszahlungen
* Rohstoffe
* Personal
* Energie
* Kalkulatorische Abschreibungen
* Kalkulatorische Zinsen
* Frachtkosten
* Sonstiges
Summe Auszahlungen
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1000 €/a
300 €/a
180 €/a
50 €/a
125 €/a
0 €/a
30 €/a
50 €/a
735 €/a
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Überschuss
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165 €/a
|
Statische Amortisation
|
3,77 a
|
Abb. 1: Beispiel für fehlerhafte Anwendung der Amortisationsmethode
Nach den Daten in Abb. 3 würde sich eine Amortisation nach 3,77 Jahren ergeben. Wenn dann die
kritische Amortisationsdauer 3 Jahre beträgt, wie das bei vielen Unternehmen der Fall ist, dann würde die
Handlungsmöglichkeit abgelehnt. Eine so kurze
Sollamortisationszeit wird häufig gewählt, um die Fehler in der Methode auszugleichen.
Der erfahrene Controller wird den Fehler in der obigen Kalkulation schnell finden. Ziel der Amortisationsrechnung besteht darin, die
Anfangsauszahlung zu amortisieren. Wenn dann wie im Beispiel noch eine kalkulatorische Abschreibung verrechnet wird, ist der Wertverzehr mehrfach erfasst. Zur Beseitigung des Fehlers muss die kalkulatorische Abschreibung auf 0 gesetzt werden. Der Überschuss steigt dann um die 125 €/a auf 390 €/a, wodurch die Amortisationsdauer auf unter 3 Jahre fällt (exakt: 2,56 Jahre), so dass die Handlungsmöglichkeit nach den Maßstäben der statischen Amortisationsrechnung dann doch vorteilhaft wäre.
Die Amortisationsrechnung in der einfachsten Form setzt voraus, dass die Überschüsse in jeder Periode gleich sind. In der statischen Variante ohne Zinsen wird dann ein einfacher
Mittelwert gebildet. Da keine Zinsen berücksichtigt werden wird die statische Lösung dadurch nicht noch falscher.
Letzte Änderung W.V.R am 13.04.2023
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg
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