Hallo Jakob,
ich werde einmal versuchen als relativ "erfahrener Controller" und Mitdreißiger auf Deine Fragen zu antworten.
Zunächst möchte ich Dir zum abgeschlossenen Studium als WIng gratulieren, kein einfacher Studiengang. Ich kann Dir versichern, dass Wirtschaftsingenieure sehr gut im Controlling aufgehoben sind. Ich selbst habe eine technische Vorbildung (FABI Technik) und ein wirtschaftswissenschaftliches Studium an einer FH absolviert. Wenn ich die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte, hätte ich mich für das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens direkt nach dem Abi entschieden, aber das ist ein anderes Thema.
Dass Wirtschaftsingenieure im CO prinzipiell gut aufgehoben sind, kann vielerlei Gründe haben, z.B.:
- heutzutage notwendige technische Kenntnisse in Informatik, Programmierung, Datenbanken, Statistik
- tiefgreifendere, analytische, mathematische Fertigkeiten und Kenntnisse
- Grundlegendes Wissen in Maschinenbau, Elektrotechnik etc. die typischerweise einem "reinen" BWL'er fehlen
- Controlling ist eine typische interdisziplinäre Funktion in Unternehmen, wenn auch oft mit Finance/Accounting-Schwerpunkt wofür es eine relativ breite Ausbildung erfordert
- Technische Kenntnisse helfen ungemein in Themenkomplexen wie Produktkostencontrolling, Kalkulation, Investitionsrechnung, Cost-Engineering, Design-to-Cost, F&E-Controlling u.v.m. (habe bereits im Cost-Engineering in der Automobilzulieferindustrie gearbeitet und da hat mir technisches Know-How in Fertigungstechnik, Mechanik, Werkstofftechnik usw. einen enormen Wissensvorsprung vor Kollegen:innen mit rein wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund gegeben)
Was das Controlling-spezifische Wissen betrifft, so kann ich Dich beruhigen: Versuche Dir die grundlegenden Kenntnisse in Jahresabschluss/Bilanzierung, Kostenrechnung, Strategischem Management und Finanzbuchhaltung nach HGB bzw. IFRS-Rechnungslegung anzueignen - wirtklich tiefgreifende Kenntnisse sind mMn nicht immer notwendig, insofern teile ich die Meinung von JonRos - das Allerwichtigste ist ein natürlicher Wissensdurst, den man mitbringen sollte;
Versuche Dich selbstständig in die Themenbereiche einzuarbeiten, versorge Dich mit der notwendigen Literatur wie Horváth, Männel, Weber, Hoberg, Reichmann und Co. Ein MBA bzw. M.A. ist IMHO nicht notwendig. Aber ein controllingspezifischer MS Excel Kurs auf fortgeschrittener/Experten-Stufe, z.B. bei Dr. Endriss ist sehr hilfreich. Vieles lernst Du tatsächlich im "Daily Business", im besten Fall von erfahrenen Controllern, die den Job schon seit vielen Jahren machen. Hier kannst Du mit frischem Wissen punkten und entsprechend unterstützen. (spreche aus eigener Erfahrung) Desweiteren ist die Sozialkompetenz ein wichtiger Faktor, da Du mit den unterschiedlichsten Menschentypen "klar" kommen musst.
@JonRos: Mich würde interessieren, welchen MBA in Controlling Du berufsbegleitend absolvierst, da ich derzeit auch darüber nachdenke den MBA in Controlling an einer staatlichen Uni dranzuhängen.
Zum Thema "Fachkräftemangel" und der hohen Aktivität von Headhuntern via XING, LinkedIn usw.: Viele KMU haben wahrgenommonerweise den Fehler gemacht, sich nicht zeitnah mit dem Thema der Nachbesetzung von adäquatem Nachwuchs im Controlling zu beschäftigen und sind offenen Auges in die Problematik fehlender Nachwuchskräfte als CO-Leiter, CFO o.ä. gelaufen; eine weitere Problematik ergibt sich insofern als das WiWi's gerne den Bereich Marketing oder Personal/HR als Schwerpunktfach wählen und damit ggf. insgesamt Controlling-Fachkräfte fehlen; durch eine zunehmende Konzentration ergibt sich weiterhin in vielen KMU's die Erkenntnis der Notwendigkeit eines eigenen Controllings usw.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar Anhaltspunkte geben.
Beste Grüße
Controller1185