1. Problem
Der gute
Controller konzentriert sich nicht nur auf finanzielle Größen wie
Deckungsbeiträge,
Ebits und
Cashflows, sondern versucht, auch
vorlagerte Größen zu erfassen und positiv zu beeinflussen. Denn letztere werden nach einiger Zeit auch die finanziellen Ergebnisse mitbestimmen.
So ist hohe
Kundenzufriedenheit häufig die Basis für
wirtschaftlichen Erfolg, weil zufriedene Kunden dem Unternehmen erhalten bleiben und meistens auch mehr kaufen. Damit die Unternehmen erkennen können, ob sie auf dem richtigen Weg zum zufriedenen Kunden sind, sollte die Kundenzufriedenheit sorgfältig und regelmäßig gemessen werden. Denn viele Unternehmen glauben nur, dass sie den Kunden ein überzeugendes Angebot machen, während die Realität wesentlich trauriger aussieht. Die Beratungsfirma Bain hat in einer Studie herausgefunden, dass die Unternehmen zu 80 % von hoher Zufriedenheit ausgehen, während die Kunden das nur in 8 % der Fälle bestätigen (vgl. Schwager/Meyer).
Zur
Messung der Zufriedenheit gibt es einige Vorschläge. F. Reichheld hat den
Net Promoter Score (NPS) entwickelt (vgl. z. B. Reichheld 2011). Mit dem NPS soll ein schnelles und leicht verständliches Maß für die Zufriedenheit von Kunden angeboten werden. Der NPS kann als wichtige Metrik im
Kunden-Erfahrungs-Modell (CEM) gelten. Diese Kennzahl wird in sehr vielen Branchen eingesetzt, wobei naturgemäß die
Business to Consumer (B2C) Märkte im Vordergrund stehen.
Das besondere Kennzeichen des
NPS liegt darin, dass kein Durchschnitt und kein Streuungsmaß ermittelt wird, sondern dass eine
Differenz von Anteilen gebildet wird (Anteil sehr guter Antworten abzüglich der schlechten). Dabei erfolgt die Analyse nicht für alle Merkmalsausprägungen, sondern nur für die Differenz zwischen Promotoren (sehr gute Noten) und Detraktoren (schlechte Noten) des betreffenden Unternehmens.
Die große Einfachheit hat jedoch viele Unternehmen dazu verführt, diese Kennzahl als
zentrale Zielgröße für alle Maßnahmen zur Erhöhung der
Kundenzufriedenheit zu verwenden. Dies kann zu
Fehlschlüssen in der Analyse führen und damit auch zu falschen Maßnahmen.
2. Berechnungsweise
Im ersten Schritt wird auf einer Skala von 0 bis 10 für alle Probanden gefragt, welcher Skalenwert (Score) den gemachten Erfahrungen am besten entspricht. Es geht insb. um die Frage, wie wahrscheinlich die Weiterempfehlung an Freunde und Verwandte ist. Dabei steht 10 für die bestmögliche Note (höchste Wahrscheinlichkeit) und 0 für die schlechteste (geringste Wahrscheinlichkeit).
Die Frage, ob dieses eine geeignete Skala darstellt (z. B. Reliabilitätsprobleme), wird hier nicht diskutiert. Auch das Probleme des
Skalenniveaus (dürfen Anteile überhaupt addiert werden?) bleibt außen vor.
Die Auswertung zur Berechnung des NPS geschieht wie folgt:
- Die beiden besten Ergebnisse (Top 2 Boxes, also Note 9 und 10) werden mit ihren Anteilen gemessen und ohne Gewichtung addiert.
- Die laut NPS mittleren Noten (7 und 8) werden als indifferente Äußerungen interpretiert und nicht ausgewertet. Ohne Begründung werden diese Befragten als passiv eingestuft, weswegen sie nicht weiter zählen. Das ist zu überprüfen.
- Als negativ werden die Noten von 0 bis 6 gewertet. Auch ihre Anteile werden ohne Gewichtung summiert.
- Im letzten Schritt wird vom Anteil der Top 2 Noten der Anteil der 6 schlechten Noten abgezogen. Mit 100 multipliziert ergibt sich daraus eine dimensionslose Zahl zwischen -100 und +100. Als gutes Ergebnis gilt häufig ein Wert von über 40.
Die folgenden Beispiele möge die Vorgehensweise verdeutlichen:
Zeile
|
Score
|
Fall 1
|
Fall 2
|
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
|
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
|
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
0,0 %
0,0 %
0,0 %
10,0 %
10,0 %
10,0 %
50,0 %
|
5,0 %
5,0 %
5,0 %
5,0 %
10,0 %
0,0 %
0,0 %
10,0 %
10,0 %
10,0 %
40,0 %
|
12
13
|
Anteil 9+10
Anteil 0-6
|
60,0 %
20,0 %
|
50,0 %
30,0 %
|
14
|
NPS
|
40,0
|
20,0
|
Abb. 1: Beispiele für die Berechnung des Net Promoter Score (NPS)
Zur Einordnung der NPS-Werte sei erwähnt, dass Apple in 2018 einen Wert von 63 hatte, nachdem es 2016 schon mal bei 72 gewesen war (vgl. Apple/blog).
Im Fall 1 der Abb. 1 wird ein Beispiel für einen eher guten NPS berechnet. Die summierten Anteile der sehr guten Noten (Scores) von 9 und 10 (Zeilen 10 und 11) betragen 60 % (Zeile 12). Für die schlechteren Noten 0-6 (Zeilen 1-7) ergibt sich eine Summe von 20 % (Zeile 13). Die Differenz von 40 % oder dezimal 0,4 wird noch mit 100 multipliziert, so dass man einen
Net Promoter Score von 40,0 erhält.
Der Fall 2 ist etwas schlechter. Der Score von 10 hat 10 Prozentpunkte verloren, die in Fall 2 beim Score 4 auftauchen. Damit fällt der NPS auf 20, was ein eher schlechter Wert ist.
Die Kalkulation ist somit tatsächlich leicht durchzuführen. Die Einfachheit wird aber mit einer Reihe von Problemen erkauft, von denen einige zu
falschen Entscheidungen führen können.
Letzte Änderung W.V.R am 12.04.2023
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg