Unter dem Begriff "Financial Modelling" versteht man das integrierte (Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten)
Modellieren von betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen in Tabellenkalkulationsprogrammen (z.B. Microsoft
Excel). Das Financial Modelling wird überwiegend bei der Erstellung von integrierten
Unternehmensplanungen verwendet (zukunftsorientiert), um ein
transparentes Bild eines Unternehmens zu erhalten. Eine integrierte Unternehmensplanung besteht aus einer
Gewinn- und Verlustrechnung,
Bilanz und
Kapitalflussrechnung. Für alle drei
Instrumente sind Interdependenzen zu beachten.
Die Erstellung von
integrierten Unternehmensplanungen ist für viele Unternehmen von elementarer Bedeutung. Gerade bei Finanzierungsfragen erwarten
Fremdkapitalgeber von den Unternehmen eine fachlich einwandfreie sowie transparente Darstellung der zukünftig erwarteten Ertrags-, Vermögens- sowie
Liquiditätssituation. Ein Fremdkapitalgeber vergibt nur dann ein
Darlehen, wenn er überzeugt ist, dass das Unternehmen in Zukunft seinen Kapitaldienst (Zins und Tilgung) leisten kann.
In der Praxis kommen Financial Models zudem im
Budgetierungsprozess sowie beim
Cash Management (Disposition der kurz- bzw. mittelfristig zur Verfügung stehenden liquiden Mittel) zum Einsatz. Neben den Anwendungsmöglichkeiten bei Finanzierungsfragen gibt es für Financial Models noch weitere Verwendungsmöglichkeiten.
Bei allgemeinen
betriebswirtschaftlichen Fragestellungen können Financial Models wichtige Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung liefern. Mit einem Modell lässt sich beispielsweise analysieren, wie viel Rohertrag notwendig ist, um bei gegebener Kostenstruktur (variable sowie fixe Kosten) ein ausgeglichenes Jahresergebnis zu erzielen (
Break Even Analyse).
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Daneben können verschiedene
strategische Handlungsoptionen miteinander verglichen werden (z.B.
Eigenproduktion oder
Fremdvergabe der Produktion). Schließlich kommen Financial Models noch bei diversen finanzwirtschaftlichen Spezialgebieten zum Einsatz. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Investmentbanken errechnen beispielsweise mit Hilfe von Financial Models Unternehmenswerte. Zusätzlich werden Kapitalisierungsmaßnahmen, wie z.B. Debt to Equity Swaps oder Kapitalerhöhungen, anhand von Financial Models simuliert und analysiert.
Ein Modell ist eine Abbildung bzw. ein vereinfachendes, idealisierendes Objekt. Financial Models arbeiten mit
vereinfachenden und
idealisierten Annahmen der Realität, um ein Unternehmen bzw. Projekt quantifiziert abzubilden. Ein gutes Financial Model sollte so detailliert wie nötig und so einfach wie möglich sein.
Die
Hauptbestandteile eines Financial Models sind die Gewinn- und Verlustrechnung, die Bilanz sowie die Kapitalflussrechnung. Abhängig von der Unternehmensstruktur muss für jede Tochter- oder Schwestergesellschaft eine gesonderte Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz sowie Kapitalflussrechnung erstellt werden. Bestehen untereinander beispielsweise
Leistungsbeziehungen (z.B. interne Warenlieferungen oder interne Verbindlichkeiten), muss zusätzlich noch eine Konsolidierung der einzelnen Gesellschaften erstellt werden.
Da Financial Models sehr komplex werden können, müssen der
Datenfluss und der Aufbau im Modell wohl überlegt
geplant werden. Der Datenfluss sollte im gesamten Modell einheitlich sein. Zahlenreihen sollten beispielsweise stets von links nach rechts fließen (Vergangenheit,
Ist, Plan) oder Summen von oben nach unten. Des Weiteren erhöht ein strukturierter Aufbau nachhaltig die Übersichtlichkeit des Financial Models und reduziert die Fehleranfälligkeit.
Ein Modell sollte in sich geschlossen sein.
Dies bedeutet, dass alle für das Modell notwendigen Informationen im Modell bzw. in einer Datei abgespeichert werden.
Verlinkungen zu anderen Dateien sind nach Möglichkeit zu
vermeiden.
Generell kann der Aufbau eines Modells in
vier Teile gegliedert werden.
- Im ersten Teil werden alle notwendigen Rohdaten (Input) in Tabellenblättern abgelegt (z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen).
- Anschließend folgen die Tabellenblätter mit den notwendigen Berechnungen (z.B. Preis-Mengen-Gerüst).
- Der dritte Teil eines Financial Models stellt die Ergebnisse des Modells dar (z.B. die resultierende Kapitalflussrechnung).
- Abschließend werden die Ergebnisse dann noch zusammengefasst (z.B. Erstellen von Grafiken).
Die
Vorteile des Financial Modelling sind enorm. Der wichtigste Vorteil ist der
Erkenntnisgewinn für die Entscheidungsfindung der strategischen Unternehmensausrichtung. Auch wenn ein Modell auf Annahmen basiert und mit Vereinfachungen arbeitet, können frühzeitig Entwicklungen/Trends (z.B. Auswirkung einer Lohnerhöhung) transparent gemacht und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. In einem Modell können verschiedene Szenarien erstellt und untersucht werden. Dadurch kann sich ein Unternehmen schneller auf eine verändernde Situation einstellen und das eigene Ertrags- bzw. Liquiditätsrisiko sinkt.
Ein weiterer Vorteil des Financial Modelling stellt die
Flexibilität dar. Geübte Financial Modeller können in wenigen Stunden umfangreiche Änderungen an einem Modell vornehmen. Ändern sich kurzfristig die Prämissen einer Unternehmensplanung oder die Eingabedaten, kann das Financial Model zeitnahe aktualisiert werden. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die
Wirtschaftlichkeit des Financial Modellings. Tabellenkalkulationsprogramme sind auf den meisten Computern standardmäßig installiert und daher sind keine Investitionen notwendig. Zusätzlich lassen sich Financial Modelling Kenntnisse schnell erlernen, da keine Programmierungskenntnisse erforderlich sind.
Fazit
Mit Hilfe einer integrierten Unternehmensplanung in Form eines Financial Models lässt sich die
zukünftig erwartete Ertrags-, Vermögens- sowie Liquiditätssituation eines Unternehmens abbilden. Ein Financial Model sollte so
detailliert wie nötig und nicht so einfach wie möglich aufgebaut sein. Obwohl beim Financial Modelling mit Annahmen und Vereinfachungen gerechnet wird, bietet es einem Unternehmen diverse Vorteile. Hervorzuheben ist der Erkenntnisgewinn für die strategische Entscheidungsfindungen sowie die Flexibilität eines Financial Models.
Der Autor:
Sebastian Schaubeck arbeitet als freiberuflicher Financial Modelling Trainer. Zuvor war er bei PricewaterhouseCoopers in Frankfurt im Bereich Advisory (Business Recovery Services) beschäftigt. In seiner Zeit bei PwC verantwortete er Financial Models bis zu € 750m. Die meisten Kunden der Financial Modelling School stammen aus der Industrie, städtischen Unternehmen und Unternehmensberatungen.
Download des vollständigen Beitrages:
Financial Modelling
letzte Änderung S.S.
am 22.08.2022
Autor:
Sebastian Schaubeck
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